Der 24. Juni 2022 war ein entscheidender Tag für die Entwicklung von Schwangerschaftsabbrüchen in den USA. An diesem Tag haben die mehrheitlich konservativen Richter:innen des Obersten Gerichtshofs das bekannte "Roe v. Wade"-Urteil, das das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche einräumte, gekippt.
Seitdem obliegt es den einzelnen Bundesstaaten, die Zulässigkeit zu regeln. In vielen Staaten, darunter etwa Texas, Kentucky, Wisconsin oder Alabama, sind Schwangerschaftsabbrüche nahezu vollständig verboten.
Diese Verbote haben jedoch nicht dazu geführt, dass weniger Menschen eine Schwangerschaft abbrechen. Eine Erkenntnis, die nicht überraschend ist: In einer Langzeitstudie konnten britische Forschende feststellen, dass Verbote Schwangerschaftsabbrüche nicht verhindern. Die Zahlen sind in den USA 2024 sogar gestiegen.
Laut einer Untersuchung des Guttmacher Institus, das sich für die Förderung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit einsetzt, gab es im vergangenen Jahr in den US-Bundesstaaten, die keine weitestgehenden Verbote erlassen haben, einen Anstieg bei den Abbrüchen.
Insgesamt sind das 1.038.090 von Ärzt:innen durchgeführte Abbrüche: Das sind 0,4 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr, berichtet das Institut. Die Zahl ist also gegenüber 2023 relativ stabil geblieben.
Allerdings stellten die Forscher:innen noch etwas anderes fest: Die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesstaaten sind erheblich, berichten sie. In einigen Staaten konnten sie einen deutlichen Rückgang an Abbrüchen feststellen – in anderen wiederum eine deutliche Zunahme.
Ein Beispiel: In Florida gab es 2024 rund 12.400 weniger Abbrüche als im Vorjahr. Die Forscher:innen vom Institut bringen das mit der Einführung des Verbots ab der sechsten Schwangerschaftswoche in Verbindung. In Virginia wiederum, wo Abbrüche bis zur 26. Woche erlaubt sind, gab es einen deutlichen Anstieg.
"Was in einem Staat passiert, hat Auswirkungen auf andere Staaten", erklärt Isaac Maddow-Zimet laut "Time". Er ist Datenwissenschaftler am Institut und Projektleiter der Monthly Abortion Provision Study. Teilweise würden Menschen aus Florida "nach Virginia reisen, um sich dort behandeln zu lassen", weiß der Experte.
Insgesamt waren es im vergangenen Jahr 155.100 Menschen, die für den Abbruch in einen anderen Bundesstaat gereist sind. Das sind laut den vom Institut veröffentlichten Daten 15 Prozent aller in den Staaten ohne nahezu vollständiges Verbot vorgenommenen Abbrüche. Das ist ein leichter Rückgang zu 2023, wo 169.700 Menschen dafür eine Reise auf sich genommen haben.
Die Forscher:innen vermuten, dass in den Bundesstaaten, in denen Schwangerschaftsabbrüche nahezu vollständig verboten sind, mehr Menschen Medikamente für den Abbruch per Post über Telemedizin bekommen könnten. Auch die schwindenden Ressourcen bei der Unterstützung von Reisen könnten aber dazu beitragen.