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Ukraine-Krieg: Kenianer kämpft für Russland, er wollte nur Urlaub machen

Der Kenianer Evans erhebt schwere Vorwürfe gegen Russland.
Der Kenianer Evans erhebt schwere Vorwürfe gegen Russland.Youtube / 57. Separate motorisierte Infanteriebrigade
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Ukraine-Krieg: Kenianer berichtet von Zwangsrekrutierung durch russische Armee

Ein Kenianer hat eigentlich nur Urlaub in Russland machen wollen, am Ende landete er im Krieg. Jetzt erzählt er seine Geschichte.
19.09.2025, 21:3519.09.2025, 21:35

Seit Beginn der Invasion in der Ukraine wirbt Russland auch Soldaten aus dem Ausland an, oft unter falschen Versprechen. Neben Rekrutierungen in Gefängnissen und ärmeren Regionen im postsowjetischen Raum sollen auch Menschen aus afrikanischen Staaten oder Asien in den Krieg geschickt werden. Mal lockt Moskau mit Geld, mal mit Aufenthaltsgenehmigungen. Mehrfach berichteten ukrainische Medien von Männern, die sich durch Täuschung oder Zwang plötzlich in russischer Uniform wiederfanden.

Nun berichtet ein Mann aus Kenia, dass er in die russische Armee gezwungen worden sei – obwohl er nach eigenen Angaben lediglich als Tourist in St. Petersburg unterwegs war. Ukrainische Truppen nahmen ihn jetzt in der Region Charkiw gefangen.

Urlaub in Russland: Kenianer traf auf "Sportagenten"

In einem Video der ukrainischen Armee – konkret der 57. motorisierten Infanteriebrigade – erzählt der Kenianer unter Tränen seine Geschichte. Wie der "Kyiv Independent" berichtet, erklärt der Mann, er habe nie zuvor Militärdienst geleistet. Stattdessen sei er durch eine Verkettung von Ereignissen plötzlich an der Front gelandet. Unfreiwillig, wie er behauptet.

Der Gefangene nennt sich Evans und beschreibt laut "Le Parisien", wie er einem vermeintlichen "Sportberater" vertraute. Dieser habe ihm versprochen, seinen Aufenthalt in Russland zu verlängern und ihm einen Job zu vermitteln. "Er fragte mich, ob ich bleiben wolle, und ich sagte ja. Er meinte, er könne mir helfen und hätte Arbeit für mich", erklärt Evans.

Kurz darauf unterschrieb er ein Dokument, in dem der Inhalt lediglich in russischer Sprache stand. "Nachdem ich unterschrieben hatte, nahm er meinen Pass und mein Telefon. Er sagte, er würde sie mir zurückgeben. Danach kamen andere Leute, die sagten, ich solle ins Auto steigen."

Aus der Traum: Kenianer plötzlich für Russland im Ukraine-Krieg

Wenig später stand Evans demnach in einem russischen Militärlager. Dort sei ihm klar geworden, dass er einen Vertrag für die Armee unterzeichnet hatte. Ein Rückzieher war nicht möglich. "Sie sagten mir, entweder ich kämpfe für sie, oder ich werde getötet", schildert der Kenianer weiter.

Die Ausbildung sei minimal gewesen: "Eine Woche, in der ich lernte, ein Sturmgewehr zu benutzen." Dann sei er in ein Kampfgebiet gebracht worden. "Sie haben mich in den Wald geworfen, und dort bin ich geflohen. Ich zog ihre ganze Militärausrüstung aus und rannte weg." Zwei Tage sei er umhergeirrt, bevor er sich mit erhobenen Händen ukrainischen Soldaten näherte. "Ich suchte nach ukrainischen Soldaten, die bereit wären, mir das Leben zu retten."

Nach Evans’ Angaben bestanden die meisten Kämpfer seiner Einheit aus Russen, es seien aber auch Belarussen und Tadschiken dabei gewesen.

Er ist nicht der erste Afrikaner, der auf diese Weise in den Krieg geraten sein soll. Medienberichte aus den vergangenen Monaten dokumentieren ähnliche Fälle: Kämpfer aus Togo, dem Senegal oder Sierra Leone sollen ebenfalls in russische Einheiten gelangt sein. Teils durch Täuschung, teils durch das Versprechen hoher Gehälter.

Ukraine-Krieg: "Anhaltender Luftterror" durch Russland

Parallel dazu spitzt sich die Lage an der Front weiter zu. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe Russland allein im September bereits mehr als 3500 Drohnen und knapp 190 Raketen auf die Ukraine abgefeuert, viele davon auf zivile Infrastruktur und Wohngebiete. Selenskyj sprach von "anhaltendem Luftterror".

Auch die Nachbarstaaten geraten stärker unter Druck: In Polen wurden zuletzt mehrfach russische Drohnen im eigenen Luftraum entdeckt. Daraufhin startete die Nato die Operation "Eastern Sentry", um die östliche Flanke des Bündnisses abzusichern.

Gleichzeitig versucht die Ukraine, ihre eigene Waffenproduktion hochzufahren und Teile der Industrie in Partnerländer auszulagern. So will sie weniger abhängig von westlichen Lieferungen und weniger verwundbar für russische Angriffe zu sein

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