Junge Männer in Uniform posieren vor brennenden Häusern oder ausgebrannten Panzern der Russen. Sie lächeln dabei, zeigen sich locker und furchtlos vor der russischen Armee. Nach dem Motto: Wir lassen uns nicht unterkriegen.
Am Boden liegende Soldaten, aus deren Armen oder Beinen das Blut fließt, halten zitternd Zeige- und Mittelfinger zu einem "V" ausgestreckt in die Kamera – die Handgeste für Sieg. In den sozialen Medien präsentieren sich ukrainische Soldaten als mutig und heroisch – wie etwa Schenja Gromadski und Roman Trokhymets.
Gemeinsam erreichen die beiden Soldaten über 86.000 Follower auf Instagram mit ihren Posts aus dem Kriegsgebiet. Aber auch das Verteidigungsministerium der Ukraine prägt das Bild der tapferen ukrainischen Kämpfer etwa durch die Inhalte auf ihren sozialen Kanälen.
Dabei bleibt eine Tatsache oft unausgesprochen: Es gibt auch Männer in der Ukraine, die nicht in den Krieg ziehen wollen. Laut BBC hat die Ukraine Mühe, ihren Bedarf an Soldaten zu decken.
Laut des Berichts gibt es nicht genug Freiwillige. Dabei seien die Verluste hoch, das Land müsse ständig Zehntausende von Gefallenen und Verletzten ersetzen. Dazu kommt die zunehmende Erschöpfung unter den Kämpfern, die seit etwa 18 Monaten den russischen Angriffskrieg abwehren.
Und einige Männer wollen einfach nicht kämpfen.
Tausende Männer haben das Land verlassen, laut BBC auch durch Bestechung von Beamten. Viele versuchen sich den Rekrutierungsbeamten zu entziehen – darunter auch Yehor.
Im Gespräch mit BBC erklärt der Ukrainer, dass er nicht in den Krieg ziehen will. Um seine Identität zu schützen, nutzt BBC nicht seinen richtigen Namen. Er habe miterlebt, was der Krieg mit der Psyche eines Menschen anrichte. Sein Vater kämpfte mit der Sowjetarmee in Afghanistan.
"Die Tatsache, dass in der Verfassung steht, dass alle männlichen Bürger kämpfen müssen, entspricht meiner Meinung nach nicht den heutigen Werten", sagt er. Das System sei veraltet.
Mit dem Beginn des Kriegsrechts im vergangenen Jahr können Männer in der Ukraine jederzeit zum Militär eingezogen werden. Genau das wäre Yehor beinahe in Kiew passiert.
Die Polizei habe ihn angehalten und ihn beschuldigt, sich dem Wehrdienst zu entziehen. Darauf schickten sie ihn in ein Rekrutierungszentrum. Allerdings durfte er wieder nach Hause gehen, nachdem er sich auf seine Rückenprobleme berufen hatte. Aber ob er beim nächsten Mal so viel Glück hat? Wohl kaum, meint er.
Von der Wehrpflicht ausgenommen sind etwa Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder alleinerziehende Väter, heißt es im BBC-Bericht. Doch wer sich der Wehrdienstverweigerung schuldig macht, müsse mit Geldstrafen oder sogar mit bis zu drei Jahren Gefängnis rechnen.
Yehor sagt dazu:
Vor dem Einmarsch der Russen wurde Männern, die keinen Militärdienst leisten wollten, in der Regel eine Alternative angeboten, etwa eine Tätigkeit in der Landwirtschaft oder im sozialen Bereich. Diese Optionen sind nun weggefallen.
Darüber hinaus gerät die ukrainische Regierung zunehmend in die Kritik für ihre Art und Weise, wie sie Männer einberuft.
Erst kürzlich entließ Präsident Wolodymyr Selenskyj alle regionalen Rekrutierungschefs in der Ukraine aufgrund von Korruptionsvorwürfen.
Wegen der Mobilisierung können die meisten Männer unter 60 Jahren die Ukraine nicht verlassen – so auch Yehor. Laut BBC versuchen dennoch tausende Ukrainer, sich aus dem Land zu schleichen, mehrheitlich über die Karpaten nach Rumänien. Nicht jeder Ukrainer will offenbar mit einer Waffe in der Hand an die Front.
Auch bleibe oft nur wenig Zeit für die Ausbildung, wie eine ukrainische Quelle watson berichtet, die aus Schutz anonym bleiben will. Der Redaktion liegt der Name der Person vor. "Ich hatte ein katastrophal kurzes Training", heißt es. Laut BBC gibt es Berichte über Wehrpflichtige, die sich nach nur einem Monat Ausbildung an der Front wiederfinden.