
Proteste gegen Russlands Einmarsch gibt es in der Ukraine immer wieder.Bild: IMAGO images/Jochen Eckel
International
Beim Treffen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin in Alaska fehlt eine entscheidende Stimme: die der Ukraine selbst. Die Ukrainer:innen blicken mit entsprechender Empörung auf das Gespräch. Sie fragen sich, wie über ihr Land entschieden werden kann, ohne dass sie am Tisch sitzen.
12.08.2025, 14:0412.08.2025, 14:04
In Alaska stehen in dieser Woche neue Verhandlungen zum Krieg in der Ukraine an. US-Präsident Donald Trump trifft sich mit seinem russischen Pendant Wladimir Putin. Ein Vertreter der Ukraine, etwa Staatsoberhaupt Wolodymyr Selenskyj, fehlt.
Insofern ist wohl nicht viel von dem Treffen zu erwarten. Wenngleich Trump sagte, es könne bei den Gesprächen auch um einen gewissen Austausch von Gebieten gehen. Gemeint dürften hiermit die von Russland annektierten Gebiete sein. "Kyiv Indepent" berichtete zudem, dass von Putin der Vorschlag kam, russische Truppen aus Gebieten in den Oblasten Charkiw und Sumy abzuziehen – wenn Kiew seine Truppe aus Donezk und Luhansk abziehen. Selenskyj wiederum wies das zurück: Territoriale Zugeständnisse seien unmöglich.
Ohne die Ukraine am Verhandlungstisch wird also erstmal nichts passieren. Eine Wirkung hat der Alaska-Gipfel dennoch. Und die löst bei Ukrainer:innen unterschiedliche Gefühle aus.
Ukrainerin vor Alaska-Gipfel: "Nur eine Farce"
"Ich denke, das ist alles Unsinn. Wie können sie unser Schicksal ohne uns lösen?", fragt zum Beispiel die Ehefrau eines gefallenen Soldaten im "Kyiv Independet". "Wozu gab es so viele Tote? Ich habe meinen Mann verloren und ich möchte nicht, dass es (so) endet."
In ihren Aussagen schwingt eine gewisse Art von Fassungslosigkeit mit: "Ich weiß, dass (Putin) mehr will, er wird nicht aufhören. All diese Verhandlungen sind nur eine Farce, es geht nur um Geld."
In Bezug auf den Vorschlag zur Gebietsaufgabe sagt ein weiterer Ukrainer zu "Kyiv Independent": "Ich bin nicht damit einverstanden, unser Territorium aufzugeben. Ich kämpfe seit dreieinhalb Jahren – und das nicht dafür, dass das passiert." Mit der Entscheidung, über die Zukunft der Ukraine ohne die Ukraine zu diskutieren, ist er ebenfalls nicht einverstanden.
Ähnlich sieht es ein weiterer Ukrainer. Seiner Meinung nach ist das Treffen seltsam. Wenngleich er aber auch Positives in dem Territorialvorschlag sieht: "Im Allgemeinen stehe ich einer Einigung positiv gegenüber, da ich ohnehin keine Aussicht darauf sehe, dass die Ukraine die Gebiete Donezk und Luhansk mit militärischen Mitteln zurückerhält."
Viele Ukrainer:innen sind kriegsmüde, wie auch Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko kürzlich erklärte. Nach mehr als drei Jahren Angriffskrieg, dem Überfall durch russische Truppen, dem Notstand, den Bombardements, dem Verlust des Hab und Guts und vieler geliebter Menschen, wirkt das wenig verwunderlich.
Insofern nehmen manche Ukrainer:innen die Gebietsaufgabe in Kauf. "Mir scheint, dass dies ein notwendiger Schritt ist, da bereits viele Menschen gestorben sind", sagt eine weitere Person gegenüber "Kyiv Independent". "Und wenn es nur diese beiden Gebiete sind, dann unterstütze ich eine solche Entscheidung grundsätzlich."
Ukraine: Gebietsabtretungen an Russland nur mit Sicherheitsgarantien
Sie denkt aber auch, dass Russland womöglich weitere Pläne hinsichtlich Gebietseroberungen haben könnte, etwa in Saporischschja. "Das ist sehr beängstigend. Deshalb möchte ich, dass dieser Krieg so schnell wie möglich endet."
Denn selbst wenn die Ukraine auf Gebiete verzichtet, gibt es keine Sicherheitsgarantien. "Nur echte Sicherheitsgarantien für die Ukraine durch Nato-Staaten, inklusive der USA, könnten ein Kriegsende ermöglichen", sagte kürzlich der Politologe Stefan Meister zu watson. Ob die USA hier verlässlich sind, muss sich dann aber erst noch zeigen.
Um Russlands Angriffskrieg standzuhalten, braucht die Ukraine mehr denn je Menschen an der Front. Allein um die Frontlinie zu halten, sind etwa eine halbe Million Soldat:innen benötigt. Doch in der Bevölkerung wächst die Angst vor dem Einberufungsbefehl. Daher streifen Teams durch das Land, auf der Suche nach kriegsfähigem Personal.
Der 29-jährige Artem müsste eigentlich nicht an die Front – er ist der alleinige Betreuer seiner 66-jährigen, pflegebedürftigen Mutter. In seiner Heimat, der westukrainischen Region Transkarpatien, ist der Krieg zwar bislang weit weg. Doch die Sorge, trotzdem eingezogen zu werden, wuchs mit jedem Monat.