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Russland rekrutiert gezielt HIV-Kranke für Ukraine-Krieg

HANDOUT - 24.05.2025, Russland, Moskau: Dieses vom Pressedienst des russischen Verteidigungsministeriums zur Verfügung gestellten Foto zeigt russische Soldaten nach ihrer Rückkehr aus der Gefangenscha ...
Russland füllt seine Truppen mit allen Mitteln auf.Bild: Rusian Defense Ministry Press Se / Uncredited
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Ukraine-Krieg: Russland greift sich HIV-Kranke, um Truppen aufzufüllen

Verzweiflung an der Front: Weil Moskau immer mehr Soldaten verliert, greift Russland zu brutalen Mitteln – und rekrutiert gezielt Menschen mit HIV und anderen Infektionen. Mit Versprechen von Geld und Freiheit werden sie an die Front geschickt – oft ohne Chance auf Rückkehr. Ein Bericht zeigt das ganze Ausmaß der menschenverachtenden Strategie.
27.08.2025, 18:0527.08.2025, 18:05

Russland rekrutiert offenbar gezielt Menschen mit schweren Erkrankungen für den Krieg gegen die Ukraine. Laut einem Bericht des "Kyiv Independent" nimmt die Zahl der HIV- und Hepatitis-Fälle in der russischen Armee drastisch zu – seit Kriegsbeginn haben sie sich mehr als verzwanzigfacht.

Expert:innen sprechen von einer Strategie, um die hohen Verluste auszugleichen. Der Krieg in der Ukraine ist zu einem Abnutzungskrieg geworden. Russland erzielt nur geringe Geländegewinne, wird gleichzeitig aber immer wieder zurückgedrängt. Keine Seite kann die militärische Oberhand gewinnen, beide verzeichnen enorme Verluste an Material und Menschenleben.

Um die Fronten zu halten, müssen Moskau und Kiew regelmäßig frische Soldaten mobilisieren – durch Einberufungsbescheide, Propaganda oder den Abbau rechtlicher Hürden.

Russlands morbide Mobiliserungsstrategien

Besonders drastisch geht Russland dabei vor: Laut Olga Romanowa, einer im Exil lebenden Journalistin und Gründerin der NGO Russia Behind Bars, rekrutiert Moskau sogar Gefangene mit ansteckenden Krankheiten. "Im Grunde nehmen sie wahllos jeden auf", sagt Romanowa zu "Kyiv Independent". Einen geordneten Mobilisierungsprozess gebe es nicht, "jeder wird rekrutiert".

Den Betroffenen wird für den Dienst eine Prämie von 200.000 Rubel sowie Straffreiheit versprochen. In der Realität, so Romanowa, erhalten sie das Geld oft nicht. Zudem müssen sie rote und weiße Armbänder tragen – ein Zeichen für HIV oder Hepatitis.

Für viele Soldaten sind diese Markierungen weniger eine Diagnose als eine Todesmarke: Die Männer werden an vorderster Front als Sturmtruppen eingesetzt, mit minimalen Überlebenschancen. "Es ist für Moskau einfacher, wenn sie dort getötet werden – niemand wird den Unterschied bemerken", sagt Romanowa.

Neben gezielten Rekrutierungen begünstigen auch die miserablen medizinischen Bedingungen im Feldlazarett die Ausbreitung von Krankheiten. Bluttransfusionen und die Wiederverwendung von Spritzen verschärfen das Problem zusätzlich.

Auch in der Ukraine ein Problem

Bei einer Überprüfung kriegsbefürwortender Gruppen im russischen sozialen Netzwerk VK stellte "Kyiv Independent" fest, dass mehrere Posts Menschen mit HIV, Hepatitis und Syphilis zum Armeebeitritt ermutigen. Interessant dabei ist, dass diese laut russischem Recht vom Kriegsdienst befreit seien. Doch der gezielte Aufruf lässt zumindest auf eine Grauzone schließen.

In der Ukraine gibt es noch klarere Regelungen hinsichtlich HIV. Allerdings wird hier oft keine Diagnose gestellt, wodurch Menschen mit einer Infektion dennoch in Bataillonen landen können. Kritisch wird es hier genauso in Russland, weil die Betroffenen häufig nicht eine nötige gesundheitliche Behandlung erhalten.

IISS-Experte: Russland geht immer größere Risiken ein – "Zeit spielt nicht mehr für Putin"
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