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Ukraine-Krieg: Schwuler Soldat erzählt von Diskriminierung

HANDOUT - 29.11.2024, Ukraine, Donezk: Auf diesem vom Pressedienst der 24. Mechanisierten Brigade der Ukraine zur Verfügung gestellten Foto verbessert ein Soldat der 24. Mechanisierten Brigade seine t ...
In der ukrainischen Armee ist der Alltag oft herausfordernd, nicht nur wegen des Kriegs. Bild: Ukrainian 24 Mechanised brigade / Oleg Petrasiuk
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"Ständig beweisen": Ukrainischer Soldat erzählt vom Queer-Sein an der Front

07.03.2025, 13:5907.03.2025, 14:00
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Seit mehr als drei Jahren verteidigt sich die Ukraine im russischen Angriffskrieg. Im Dezember sprach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von mindestens 43.000 getöteten Soldat:innen seit Kriegsbeginn, Beobachtende gehen von noch höheren Zahlen aus.

Mittlerweile klagt das Land über einen Mangel an Soldat:innen für die Front, versucht über verschiedene Wege neue Leute zu mobilisieren. Im Zuge der Einberufung über die sogenannten Territorialen Zentren für Rekrutierung und soziale Unterstützung sind laut "zdf heute" viele gewaltvolle Erfahrungen bekannt.

Queerer Ukraine-Soldat berichtet vom Alltag an der Front

Doch auch an der Front ist das Leben denkbar unangenehm. Für Minderheiten nicht nur in Anbetracht des Krieges: Oleksandr Zhuhan kämpft seit drei Jahren für die Ukraine an der Front. Irgendwann möchte er ein Zentrum für Kriegsveteranen eröffnen. Ein baldiges Kriegsende hält er allerdings für unwahrscheinlich. Zhuhan ist queer und gehört zu den wenigen offen schwulen Männern in der Armee.

"Auf einhundert offen schwule Männer in der Armee kommen Tausende, vielleicht Zehntausende, die sich nicht outen", erklärt er im Gespräch mit dem "Tagesspiegel". Viele Kameraden würden Gerüchte verbreiten und den Kontakt zu Personen wie Zhuhan meiden.

"Einige unserer Mitkämpfer schütteln uns nicht die Hand – so, als hätten sie Angst, sich durch den Kontakt mit Homosexualität anzustecken. Einige weigern sich sogar, mit uns auf Einsätze zu gehen", berichtet der Mörserschütze. Er selbst fühlt sich dabei oft ohnmächtig, die Vorurteile gegen queere Menschen hielten sich in der ukrainischen Armee seit Langem.

Homosexualität und Queer-Sein in der Ukraine: geduldet, aber diskriminiert

Zhuhan erzählt im "Tagesspiegel"-Interview, dass er schon als Kind viele Diskriminierungserfahrungen machen musste. Einem Bericht von "Amnesty International" zufolge lehnten noch 2016 etwa 60 Prozent der Ukrainer:innen LGBTQIA+-Personen ab. Homosexualität steht hier zwar nicht unter Strafe, hat aber in der Öffentlichkeit noch immer keinen guten Ruf.

"Die Armee ist ein Spiegel unserer Gesellschaft", sagt Oleksandr Zhuhan. An der Front wäre zwar vorrangig die individuelle Leistung im Kampf entscheidend und könnte ihm zufolge auch Ansehen bescheren. Die Vorurteile gegen Homosexualität bestünden aber trotzdem weiter.

Der ukrainische Soldat erzählt, dass sich vor allem in der Armee viele Mitglieder einer nationalistischen Organisation fänden. In ihrem Manifest wird schwulen Personen sowie anderen Ethnien ihre Daseinsberechtigung in der Ukraine abgesprochen. Zhuhan selbst verteidigt hingegen den Nationalismus, der sich für eine ukrainische Identität und Kultur für alle im Land starkmacht.

Im Alltag muss er für seine Identität ebenfalls immerzu einstehen. "Ich muss ständig beweisen, dass ich ein geeigneter Soldat bin, dass ich niemandem an den Arsch oder den Schwanz fasse", erklärt er.

Ukraine-Krieg: Neue Waffe erreicht Ziele in extremer Entfernung
Russland feuert so viele Drohnen wie nie zuvor auf die Ukraine. Gleichzeitig präsentiert Kiew eine neue Waffe mit Hyperschalltempo und extremer Reichweite. Der FP-9 soll Ziele bis zu 855 Kilometer entfernt treffen können, also fast so weit wie die Strecke von Berlin nach Paris.
Die Angriffe Russlands auf die Ukraine erreichen derzeit eine Intensität, wie es sie seit Beginn des Krieges nicht gab. Allein in einer Nacht hat Moskau über 810 Drohnen sowie 13 Marschflugkörper auf ukrainische Gebiete abgefeuert. Das ist laut der ukrainischen Luftwaffe die höchste Zahl an Drohnen, die Russland seit Beginn der Invasion im Februar 2022 eingesetzt hat.
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