Kamala Harris und Donald Trump befinden sich mitten im Wahlkampf und die US-Präsidentschaft.Bild: AP
International
10.09.2024, 11:1810.09.2024, 11:21
Seit dem Rückzug des US-Präsidenten Joe Biden aus seiner Kandidatur sind im Rennen um die Präsidentschaft alle Karten wieder offen. Kamala Harris und Donald Trump befinden sich mitten im Wahlkampf und sprechen dabei ganz unterschiedliche Wählergruppen an. Aber ein Ziel eint sie: Sie wollen noch Unentschlossene von sich überzeugen.
Aktuell fiebern die USA auf das bevorstehende TV-Duell zwischen Trump und Harris am Dienstag hin. Doch wer von den beiden hat das größere "akustische Charisma" und damit bessere Karten, dabei zu überzeugen?
Im Podcast "Stimmt! Die Sprechviertelstunde" beleuchten die Medientrainerin Katrin Prüfig und der Phonetiker Oliver Niebuhr die Stimmprofile der beiden Politiker:innen – und gehen der Frage nach, wie deren Sprechweise das Wählerverhalten beeinflussen könnte.
Kamala Harris hat ein gutes "akustisches Charisma"
Die Kandidatin der Demokraten, Kamala Harris, kann demnach vor allem mit ihrer Stimmvariabilität punkten – insbesondere in Interviewsituationen. Oliver Niebuhr hebt im Podcast hervor, dass sie im Gespräch eine tiefe, resonante Stimme nutzt, die eine starke Basis biete: "Das klingt sehr gut", lobt er.
Die tiefe Stimmlage von durchschnittlich 173 Hertz in Interviews verleihe ihr eine ruhige und dennoch charismatische Präsenz. Ihr Charisma-Score von 76,2 – das liegt deutlich über dem Durchschnitt – zeige, dass sie im Vergleich zu anderen Politikerinnen akustisch stark auftritt.
Kamala Harris kann akustisch stark auftreten. Bild: AP / Brynn Anderson
Laut Niebuhr hat Harris auf der großen Bühne allerdings mit stimmlichen Herausforderungen zu kämpfen. Ihre Stimmlage steigt auf 273 Hertz, was laut Prüfig gelegentlich zu einem "zeitweise schrillen" Klang führe. Dies könne auf mangelnde Kieferbewegung zurückzuführen sein, die sie zwinge, "unten stimmlich zu arbeiten und zu pressen". Prüfig merkt zudem an: "Ich mag es sehr, wie sie strukturiert und pausiert."
Harris‘ klare Strukturierung und kurze Sätze ermöglichen es den Expert:innen zufolge, ihrer Rede leicht zu folgen – ein Vorteil, der ihr in Debatten zugutekommen könnte. Doch sie müsse aufpassen, dass ihre Stimme im Laufe des anstrengenden Wahlkampfes nicht zu überbeansprucht werde.
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Donald Trump hat eine junge Stimme
Ihr Kontrahent, der ehemalige US-Präsident Donald Trump, hat der Einschätzung der Expert:innen zufolge nach wie vor eine kraftvolle Stimme. Und diese klingt trotz seines Alters von 78 Jahren deutlich jünger. "Das könnten gut und gerne zehn Jahre weniger sein", bemerkt Niebuhr.
Trump bringt einen soliden Tonhöhenumfang von 40 Hertz mit – ein respektabler Wert, der für sein Alter durchaus beachtlich sei. Doch was ihm an Stimmdynamik nicht fehlt, wird durch seine häufig undeutliche Artikulation gemindert.
Donald Trump neigt zu "Selbstgesprächen", klingt aber deutlich jünger als er ist.Bild: AP / Alex Brandon
Katrin Prüfig beschreibt Trumps Sprechweise etwa als "verschlissen" und vergleicht Teile seiner Rede mit einem "Selbstgespräch". Dies zeigt sich offenbar besonders in Interviewsituationen. Ein weiteres Merkmal seiner Rhetorik ist die einfache Sprache mit vielen Wiederholungen. Dies mache seine Aussagen leicht einprägsam, jedoch fehle es an intellektuellem Anspruch. Trump erzielte im Charisma-Score einen Wert von 69,4 – dieser liegt also knapp unter dem von Harris.
USA: Running Mates von Harris und Trump analysiert
Auch die Running Mates von Harris und Trump, Tim Walz und J.D. Vance, wurden unter die Lupe genommen. Während Vance akustisch "eine gewisse verhaltene Wut" ausstrahle, klinge Walz emotionaler und positiver. Niebuhr betont, dass ihm jedoch etwas Lautstärke fehle, um das volle Potenzial auszuschöpfen.
Die beiden Vizekandidaten treffen Anfang Oktober aufeinander, was auch aus akustischer Sicht spannend werden dürfte. "Walz hat Freude an der Bühne", sagt Prüfig. Sowohl er als auch Trumps Vize Vance könnten ihre Stimmcharakteristiken noch weiter schärfen, um im Wahlkampf mehr Wirkung zu erzielen.
Bei TV-Duell hat Harris einen Vorteil
Während Trump auf der großen Bühne von seiner kraftvollen Stimme profitiert, könnte Harris durch ihre Variabilität und Strukturierung in einer Interviewsituation wie dem TV-Duell punkten. "Auf der großen Bühne müsste Trump mehr Aufwand betreiben, um nicht in Selbstgespräche zu verfallen", erklärt Niebuhr.
Harris hingegen müsse darauf achten, nicht zu schrill zu wirken und ihren klaren, strukturierten Stil beizubehalten. Beide Kandidat:innen haben also ihre Stärken, aber auch Punkte, an denen sie noch arbeiten könnten, um das "akustische Charisma" in vollem Umfang auszuspielen.
Klar ist: Das TV-Duell zwischen Harris und Trump verspricht somit nicht nur inhaltlich, sondern auch akustisch eine interessante Auseinandersetzung zu werden. Wie sich die akustische Performance der beiden auf das Wählerverhalten auswirkt, bleibt abzuwarten. Doch wie Niebuhr abschließend bemerkt, gibt es Studien, die nahelegen, dass akustische Charisma-Faktoren den Ausgang von TV-Duellen beeinflussen können.
Die Bilder des Attentats auf Donald Trump gingen um die Welt. Der Schütze verfehlte den US-Präsidentschaftskandidaten bei der Wahlkampfveranstaltung in der Kleinstadt Butler in Pennsylvania nur knapp. Während Trump mit einem verletzten Ohr davon kam, wurde der Schütze vom Sicherheitsdienst Secret Service getötet. Doch es gab noch ein weiteres Opfer an jenem 13. Juli 2024: den Feuerwehrmann und Familienvater Corey Comperatore.