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Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah ist tot: Die wichtigsten Fragen und Antworten

ARCHIV - 06.12.2011, Libanon, Beirut: Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah spricht bei einem seltenen öffentlichen Auftritt während einer Kundgebung zum muslimischen Feiertag Ashoura in den südlichen Vor ...
Nasrallah hielt sich jahrelang versteckt, öffentliche Auftritte waren selten. Bild: AP / Bilal Hussein
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Hassan Nasrallah getötet: Was sein Tod für die Hisbollah bedeutet

28.09.2024, 15:50
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Er galt als mächtigster Mann des Libanon und Herr über Krieg und Frieden: Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah, dessen Tod die pro-iranische Miliz am Samstag bestätigt hat, führte die Organisation rund drei Jahrzehnte lang an.

Nasrallahs Aufenthaltsort war seit Jahren ein Mysterium. Seit dem Krieg zwischen der Hisbollah und Israel 2006 zeigte er sich nur höchst selten in der Öffentlichkeit. Journalisten, die ihn trafen, berichteten, sie seien dazu in abgedunkelten Wagen an unidentifizierbare Orte gebracht worden. Nasrallahs Reden wurden aufgezeichnet und von einem unbekannten, anonymisierten Ort aus gesendet.

Einige sahen Hassan Nasrallah als Nummer Zwei hinter Irans oberstem Führer. Die Folgen seiner Tötung im Konflikt mit Israel sind völlig offen. Im Libanon entsteht ein ebenso gefährliches Machtvakuum.

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Was wird jetzt aus der Hisbollah?

Die schiitische Organisation ist durch den Tod ihres charismatischen Anführers gewissermaßen kopflos. Ohne Chef und nach Tötung fast der gesamten oberen Führungsebene ist unklar, wer innerhalb der Hisbollah nun die Kommandos geben könnte, auch bei weiteren Angriffen auf Israel. Vermutlich wird sie Anweisungen des Irans abwarten. Der ist die eigentliche Schutzmacht und wichtigster Unterstützer der Hisbollah. Wie der Iran reagiert, wird sich erst noch zeigen. Fest steht hingegen, die Hisbollah ist nach massiven Angriffswellen Israels so geschwächt und gedemütigt wie seit Jahren nicht.

ARCHIV - 13.11.2013, Libanon, Beirut: Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah spricht bei einem seltenen öffentlichen Auftritt während des Aschura-Gottesdienstes, der den Tod des schiitischen Imams Hussein  ...
Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah spricht bei einem seltenen öffentlichen Auftritt 2013.Bild: AP / Bilal Hussein

Wie bedeutend ist der Tod Nasrallahs?

Nasrallah war eine der wichtigsten Figuren in der sogenannten "Achse des Widerstands", in der der Iran mit verbündeten Milizen in der Region gegen den erklärten Erzfeind Israel kämpft. Der Chefredakteur der libanesischen Zeitung "L'Orient Le Jour", Anthony Samrani, schrieb, die Tötung sei noch bedeutender als die von Top-General Soleimani 2020 und die von Osama bin Laden, Anführer des Terrornetzwerkes Al-Kaida und Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 in den USA.

"Er war unser Bin Laden mal 10. Mehr als 30 Jahre lang tötete er unsere Zivilisten, während er anderen Terrororganisationen zugleich half, besser darin zu werden, uns zu töten", schrieb Nadav Pollak, Dozent an der israelischen Reichman-Universität. Für seine Unterstützer hatte Nasrallah fast Gott-ähnlichen Status.

Welche Folgen hat sein Tod für den Konflikt mit Israel?

Das wird sich erst zeigen, es gibt unterschiedliche Szenarien. Die nun vorerst kopflose Organisation könnte beispielsweise trotz aller Rückschläge versuchen, besonders gewaltsam auf diesen Angriff zu antworten, auch um zu zeigen, dass sie überhaupt noch zu Attacken fähig ist. Das könnte etwa passieren in Form eines koordinierten Angriffs der Milizen im Irak und im Jemen oder erneut aus dem Iran selbst.

Sollte die Hisbollah sich nicht wie gefordert von der südlichen Grenze mit Israel zurückziehen, wäre auch eine begrenzte Bodenoffensive der israelischen Armee nicht ausgeschlossen, um den Druck auf die Miliz hochzuhalten. Solche Kämpfe könnten allerdings vorteilhaft für die Hisbollah verlaufen, die im Süden schon zuvor eine Art Guerilla-Krieg gegen Israel führte. Weil die Hisbollah und die Hamas im Gaza-Krieg deutlich geschwächt sind, könnte vor allem die Huthi-Miliz im Jemen an Bedeutung gewinnen als Teherans Verbündeter.

Was bedeutet der Tod für den Libanon?

In dem kleinen Land am Mittelmeer, das seit zwei Jahren ohne Präsident und faktisch ohne Regierung ist, entsteht durch Nasrallahs Tod ein Machtvakuum. Es gibt vorerst keine Anzeichen aus dem Iran, dass dieser als wichtigster Unterstützer der Hisbollah die Lücke schließen will. Möglich scheint deshalb auch ein neuer Machtkampf anderer Gruppierungen in dem konfessionell stark gespaltenen Land.

Gegner der Hisbollah dürften jetzt eine einmalige Chance sehen, die Strukturen der Hisbollah innerhalb des Staats dauerhaft zu zerlegen und eine stärkere Kontrolle der Regierung wiederherzustellen. Es könnte aber auch zu einem größeren Zusammenbruch der Sicherheit im Land kommen, zu neuen konfessionellen Konflikten und insgesamt chaotischen Zuständen. Das Land erlebte von 1975 bis 1990 bereits einen blutigen Bürgerkrieg.

(mit Material von afp und dpa)

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