Zurzeit sitzt Steve Bannon noch für ein paar Tage im Knast. Bevor er seine Strafe antrat, interviewte er jedoch für seinen Podcast "War Room" Kash Patel. "Kash, ich weiß, dass du wahrscheinlich der Chef der CIA wirst", sagte er seinem Gegenüber. "Aber bist du auch überzeugt, dass du innerhalb der ersten Monate auch liefern wirst, sodass wir mit den Strafverfolgungen beginnen können?"
Bannon dachte dabei selbstredend an angebliche Beweise, um politische Gegner:innen vor den Kadi zerren zu können. Patel zögerte keinen Moment mit der Antwort, die klarer nicht hätte ausfallen können: "Wir werden ausströmen und die Verschwörer finden, nicht nur in der Regierung, sondern auch in den Medien. Ja, wir werden die Typen in den Medien verfolgen, welche die Amerikaner angelogen und Biden geholfen haben, die Wahlen zu manipulieren – wir werden ihnen nachspüren."
Inzwischen brauchen wir kein Blatt mehr vor den Mund zu nehmen: Donald Trump ist ein Faschist, "und zwar mit Haut und Haaren", wie kein Geringerer als Mark Milley, sein ehemaliger Generalstabschef, erklärt. Die letzten Zweifel beseitigt der Ex-Präsident mit eindeutigen Äußerungen in den vergangenen Tagen.
Er behauptet nun, Zuwanderer:innen würden nicht nur das Blut der Amerikaner:innen vergiften, sondern auch verdorbene Gene ins Land schleppen. Und er macht klar, dass der eigentliche Feind der USA weder Russland noch China sei, sondern die politischen Gegner:innen im eigenen Land, Personen wie Nancy Pelosi oder Adam Schiff. All dies könnte direkt aus "Mein Kampf" stammen.
Totalitäre Herrscher brauchen loyale Untertanen, die ohne Widerrede und ohne mit der Wimper zu zucken, ihre Befehle ausführen, und seien diese noch so gesetzeswidrig. Hitler hatte daher seinen Martin Bormann, Stalin seinen Lawrenti Beria. Mit Kash Patel scheint Trump seinen Mann fürs Dreckige ebenfalls gefunden zu haben. Wir sollten ihn kennen und fürchten lernen. Immerhin haben ihm sowohl die "New York Times" als auch "The Atlantic" kürzlich längere Porträts gewidmet.
Patel ist der Sohn indischer Einwanderer. Sein Vater war Buchhalter eines in der Flugbranche tätigen Unternehmens, die Familie wohlhabend. Wie Trump will Patel in Queens aufgewachsen sein, einem nicht so vornehmen Teil von New York. Wie Trump schummelt er. Sein Elternhaus stand in Garden City auf Long Island, einem Quartier des gehobenen Mittelstandes.
Der heute 44-Jährige studierte zunächst an der University of Richmond und machte seinen Abschluss an der juristischen Fakultät der Pace University. Danach wollte er vor allem eines: viel Geld verdienen. Daraus wurde nichts. "Meine Träume von einem riesigen Salär in einer renommierten Anwaltspraxis wurden nie wahr", schreibt Patel in seiner Autobiografie. "Niemand wollte mich anstellen."
Stattdessen landete er im Justizdepartement, wo er die Aufgabe hatte, Terrorist:innen zu verfolgen. Was Patel zunächst als "Traumjob" bezeichnete, wurde bald zu einem Albtraum für ihn. 2016 sollte er in Miami die Anklage gegen einen palästinensischen Flüchtling vertreten, der beschuldigt wurde, Hilfsleistungen für den IS erbracht zu haben.
Patel flog direkt aus seinem Urlaub zum Prozess und hatte keine für einen Anwalt üblichen Kleider dabei. Deshalb erschien er in kurzen Hosen und Sandalen vor der Richterin – und wurde daher auch gehörig zusammengefaltet. "Wenn Sie ein Anwalt sein wollen, dann ziehen Sie sich wie ein Anwalt an", wurde ihm beschieden.
Patel war tief beleidigt und wähnte sich von seinen Chefs im Justizdepartement verraten. Er verließ seinen Traumjob hasserfüllt und trat in die Dienste von Devin Nunes, republikanischer Abgeordneter aus Kalifornien. Dieser wurde nach dem Wahlsieg von Trump zum Vorsitzenden des Intelligence Committees und war damit eine zentrale Figur in der Russland-Affäre. Heute ist Nunes CEO von Truth Social, der sozialen Plattform von Trump.
Als persönlicher Berater von Nunes blühte Patel auf. Er konnte seine Revanche-Gefühle gegen das Justizdepartment voll ausleben, interviewte Christopher Steele, den Verfasser des legendären "Pee-Dossiers", und wurde auch zum informellen Informanten für Fake News, die Fox News verbreitete.
Als Nunes nach der Niederlage Trumps sein Abgeordneten-Mandat niederlegte, war Patel kurzfristig arbeitslos. Doch Trump hatte seine Arbeit mit Wohlgefallen verfolgt und wollte ihm kurzzeitig einen Regierungsjob vermitteln. Die wenigen "Erwachsenen" im Weißen Haus waren entsetzt. "Er wollte Kash zu einer Art politischen Henker machen, um all diejenigen im Weißen Haus auszurotten und zu feuern, die er im Verdacht hatte, nicht genügend loyal zu sein", erklärt Charles Kupperman, der damals stellvertretender nationaler Sicherheitsberater war.
Zunächst scheiterte Trump nicht nur am Widerstand von Kupperman, sondern auch von Mark Milley, Justizminister Bill Barr und der damaligen CIA-Chefin Gina Haspel. "Wir wollten ihn nicht anstellen", erklärt Kupperman. "Er verfügt zwar über den nötigen Intellekt, aber man kann ihm nicht vertrauen. Er behandelt seine Untergebenen schlecht und verfolgt seine eigenen Ziele."
Angesichts dieses Widerstands machte Trump einen Rückzug, nur um Patel kurz darauf im Verteidigungsministerium zu installieren. Dort wurde er für ein paar Wochen Direktor für Terrorismus-Abwehr. Selbstredend hatte er in der Biden-Regierung keinen Platz mehr.
Mittlerweile ist Patel wieder ganz nahe bei Trump. An dessen Rally in der kalifornischen Wüste bei Coachella durfte er als Vorgruppe auftreten. Trump weiß, was er an dem Mann hat: jemanden, der seine vagen Andeutungen nicht nur richtig interpretiert, sondern auch ausführt. Auch für Patel geht die Rechnung auf: Er kann beides befriedigen, seinen Hass auf die Regierung und seine Geldgier.