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Israel: Hoffnung auf Kriegsende in Nahost nach Tod von Hamas-Chef Sinwar

FILE - Yahya Sinwar, Palestinian leader of Hamas in the Gaza Strip, places his hand over his heart on stage after greeting supporters at a rally on May 24, 2021, in Gaza City, the Gaza Strip. (AP Phot ...
Jihia Sinwar gilt als Drahtzieher des Massakers an Israel vom 7. Oktober 2023.Bild: AP / John Minchillo
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Tod von Hamas-Führer Sinwar weckt Friedenshoffnung im Nahen Osten

18.10.2024, 10:27
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Der Tod von Hamas-Führer Jihia al-Sinwar weckt Hoffnungen auf ein Ende des Nahostkriegs. Israels Ministerpräsident Benjamin Natanjahu nannte die Tötung des meistgesuchten islamistischen Terroristen der Region einen "Meilenstein".

Ob sich die Hoffnungen auf eine schnelle Deeskalation in dem Krieg, der seit einem Jahr zwischen Israel, der Hamas im Gazastreifen und der libanesischen Hisbollah tobt, erfüllen, ist aber vollkommen ungewiss.

"Dies ist der Beginn des Tags nach Hamas", erklärte Netanjahu an die Palästinenser:innen im Gazastreifen gerichtet per Videobotschaft. Er appellierte an die Bevölkerung in dem isolierten, kriegsgebeutelten Küstenstreifen, sich von der "Unterdrückungsherrschaft" der Hamas zu befreien.

Auch US-Präsident Joe Biden sagte, nun könne die Chance auf einen "Tag danach" im Gazastreifen ohne die Islamisten an der Macht ergriffen werden. Sinwar sei ein Hindernis auf dem Weg zu einer politischen Lösung und eine bessere Zukunft für Palästina und Israel gewesen.

Sinwar gilt als Planer des Massakers vom 7. Oktober 2023

Sinwar galt als Strippenzieher des blutigen Überfalls auf Israel vom 7. Oktober 2023, bei dem islamistische Terroristen mehr als 1.200 Menschen töteten und weitere 250 in den Gazastreifen verschleppten. Seit dem blutigen Massaker waren Israels Armee und die Geheimdienste auf der Jagd nach ihm.

HANDOUT - 18.10.2023, Israel, Tel Aviv: Joe Biden (l), Präsident der USA, legt Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel, bei ihrem Treffen die Hand auf die Schulter. Foto: Avi Ohayon/GPO/dpa - ...
Biden und Netanjahu sind keine Freunde – aber Verbündete.Bild: GPO / Avi Ohayon

Es wird vermutet, dass Sinwar lange Zeit in dem weit verzweigten, unterirdischen Tunnelsystem Schutz gefunden hatte, angeblich – so behauptet es die IDF – stets mit Geiseln als menschlichem Schutzschild umgeben.

Nach Angaben der israelischen Armee wurde Sinwar am Mittwoch in Rafah im südlichen Gazastreifen getötet. Nachdem er und zwei weitere Bewaffnete eher zufällig entdeckt worden sein sollen, habe sich Sinwar in einem Haus versteckt. Ein israelischer Panzer habe eine Granate in das Gebäude gefeuert, berichtete die Zeitung "The Times of Israel".

Video soll Hamas-Chef kurz vor seinem Tod zeigen

Das Militär veröffentliche Aufnahmen einer Drohne, die einen vermummten und von Staub bedeckten Mann – angeblich Sinwar – zeigen, der noch lebend in einem ausgebombten Gebäude auf einem Sessel sitzt.

Als sich die Drohne nähert, wirft er mit einem Stock nach dem Fluggerät. An dieser Stelle bricht das Video ab.

Israelische Medien veröffentlichten Fotos von der zwischen Trümmern liegenden mutmaßlichen Leiche Sinwars mit schwersten Kopfverletzungen.

Sinwars Identität konnte Medienberichten zufolge nach der Bergung anhand seiner Zahnstellung und von Fingerabdrücken festgestellt werden, außerdem wurde ein DNA-Test vorgenommen. Israel verfügt über die biometrischen Daten des Hamas-Chefs, weil er früher mehr als 20 Jahre in israelischen Gefängnissen gesessen hatte.

Der wegen seiner Brutalität im Umgang mit politischen Gegnern als "Schlächter von Chan Junis" bekannte Islamist war einst wegen Mordes an vier mutmaßlichen Kollaborateuren und zwei israelischen Soldaten zu einer langen Haftstrafe verurteilt worden.

FILE - Palestinians are storming trucks loaded with humanitarian aid brought in through a new U.S.-built pier, in the central Gaza Strip, May 18, 2024. (AP Photo/Abdel Kareem Hana, File)
Menschen im Gazastreifen sind auf Hilfslieferungen angewiesen.Bild: AP / Abdel Kareem Hana

Vorzeitig entlassen wurde er aus der Haft, als er 2011 als einer von mehr als 1.000 palästinensischen Häftlingen im Austausch für den in Gaza festgehaltenen israelischen Soldaten Gilad Schalit frei kam.

Bruder Mohammed überlebte drei Anschläge – neuer Anführer?

Sinwars jüngerer Bruder Mohammed könnte ihm nun an die Spitze der Terrororganisation folgen. Er war einer seiner engsten Vertrauten und ebenfalls an der Planung des Oktober-Massakers beteiligt.

Außerdem organisierte er auch die Entführung des Soldaten Schalit, mit dem er seinen Bruder schließlich aus der israelischen Haft erpresste. Laut einem Bericht des israelischen Nachrichtenportals "Ynet" hat Mohammed al-Sinwar bereits drei israelische Mordanschläge überlebt.

13.10.2024, Libanon, Nabatija: Ein Hisbollah-Rettungshelfer (l) und ein Mitarbeiter des libanesischen Zivilschutzes stehen auf den Trümmern zerstörter Gebäude in einer Geschäftsstraße, die am Samstaga ...
Israel verübt Luftschläge gegen den Libanon.Bild: AP / Mohammad Zaatari

Nach dem Tod des Top-Terroristen wächst die Hoffnung, die veränderte Gemengelage für eine Entschärfung des überaus komplizierten Konflikts in Nahost nutzen zu können. US-Präsident Biden sagte, er habe nun mehr Hoffnung als zuvor, "aber es liegt noch viel Arbeit vor uns".

Druck auf Israel: Geiselbefreiung und Waffenruhe gefordert

US-Sicherheitsberater Jake Sullivan sagte, Sinwars Tötung biete die Gelegenheit, die Rückkehr der Geiseln und ein Ende des Krieges zu erreichen. Der britische Premierminister Keir Starmer sagte, die Freilassung aller Geiseln, eine sofortige Waffenruhe und eine Erhöhung der humanitären Hilfe seien überfällig und notwendig. So könnten Schritte in Richtung eines langfristigen, nachhaltigen Friedens im Nahen Osten gemacht werden.

17.10.2024, Israel, Tel Aviv: Die Familien der von der Hamas entführten israelischen Geiseln und ihre Unterstützer nehmen an einem Protest teil, in dem die Freilassung der Geiseln aus der Hamas-Gefang ...
Angehörige der Entführten drängen auf einen Geiseldeal.Bild: dpa / Ilia Yefimovich

Die mit der Hamas verbündete Hisbollah-Miliz im Libanon, die sich ebenfalls kriegerische Auseinandersetzungen mit Israel liefert und das Nachbarland seit Monaten mit Raketen beschießt, entschärfte ihre Rhetorik jedoch nicht – im Gegenteil.

Nach der Kunde von Sinwars Tod kündigte sie "eine neue Phase der Eskalation" an, die in den nächsten Tagen erkennbar werden würde. Israels Militär wiederum hat bislang keine Bereitschaft erkennen lassen, seine schweren Angriffe auf Ziele im Libanon zurückzufahren.

Angehörige der Geiseln forderten, die Gunst der Stunde zu nutzen und sich deutlich stärker um die Freilassung der Verschleppten zu bemühen. "Wir haben die Rechnung mit dem Massenmörder Sinwar beglichen, aber es wird keinen totalen Sieg geben, wenn wir ihre Leben nicht retten und sie nicht nach Hause holen", zitierte die Zeitung "Jerusalem Post" eine Sprecherin der Angehörigen.

Netanjahu sagte in seiner Botschaft an die Geiselnehmer in Gaza: "Wer seine Waffen niederlegt und die Geiseln zurückgibt – dem werden wir es ermöglichen, herauszukommen und zu überleben." Gleichzeitig drohte er, man werde mit jedem, der den Geiseln Schaden zufüge, "die Rechnung begleichen".

(dpa/sek)

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