Wer auf mehr Distanz Chinas zu Russland gehofft hatte, wurde enttäuscht: Von Montag bis Mittwoch war Staatschef Xi Jinping bei Wladimir Putin in Moskau zu Gast – und zeigte sich zum Abschluss des Staatsbesuches fest an dessen Seite.
"Mein lieber Freund", nannte Xi den russischen Präsidenten, gegen den ein Haftbefehl vorliegt. Der Internationale Strafgerichtshof wirft Putin Kriegsverbrechen in der Ukraine vor – doch das stört Xi offenbar nicht.
In dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gibt China Putin Rückendeckung. Russland wird in China nie als Aggressor hingestellt. Im Februar hatte Peking ein Positionspapier zum Ukraine-Krieg vorgelegt, das die Achtung der Souveränität, das Ende einer "Mentalität des Kalten Krieges", eine Waffenruhe und die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen fordert.
Es hatte international enttäuscht – auch weil es nicht einmal den Rückzug russischer Truppen aus besetzten Gebieten in der Ukraine vorsah. Bei dem festlichen Staatsakt im Kreml bekräftigten Putin und Xi ihre strategische Partnerschaft mit neuen Abkommen.
Unterzeichnet worden seien zwei Abkommen über die Partnerschaft und über die strategische Zusammenarbeit der Nachbarn bis 2030, sagt Putin bei einem gemeinsamen Auftritt. Xi lobt die "konstruktiven Gespräche" mit Putin und spricht von einem Ausbau des Handels und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Russland.
Putin und Xi demonstrieren Geschlossenheit, die wohl vor allem bei der Ukraine auf Unmut stößt – aber auch bei ihren Verbündeten. Zuletzt warnten die USA davor, China könnte im Ukraine-Krieg womöglich Waffen an Russland liefern. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnt China vor Waffenlieferungen an Russland.
Ein solcher Schritt würde bedeuten, einen illegalen Krieg zu unterstützen und diesen zu verlängern, sagt der Norweger in Brüssel. Man habe bislang keine Beweise dafür gesehen, dass China Russland Waffen liefere, es gebe aber Hinweise darauf, dass Russland Waffen angefragt habe und Peking einen solchen Schritt in Erwägung ziehe.
Lange hielt sich China im Hintergrund, wenn es um den Krieg in der Ukraine ging. Es sei ein europäischer Krieg, um den sich Europa kümmern solle, erklärte China-Experte Temur Umarov in einem früheren Gespräch mit watson. China hat offensichtlich den Kurs gewechselt. Das zeigen auch die Abschiedsworte von Xi an seinen "lieben Freund" Putin.
"Im Moment gibt es Veränderungen, wie wir sie seit 100 Jahren nicht mehr gesehen haben", sagt der Übersetzer von Xi zu Putin. Die Staatsmänner verabschieden sich nach dem dreitägigen Besuch. "Und wir sind es, die diese Veränderungen gemeinsam vorantreiben", sagt der Dolmetscher Richtung Putin, der lächelnd mit dem chinesischen Staatschef Hände schüttelt.
"Bitte passen Sie auf sich auf, mein lieber Freund", sagt Xi, bevor er zu seinem Auto geht. "Gute Reise", antwortet Putin, begleitet Xi bis zu seinem Wagen und winkt ihm zum Abschied zu. Ein Auftritt, der wohl die Geschlossenheit der beiden nochmals gekonnt für die Kameras in Szene setzen sollte. Mit Wirkung: Der Dialog sorgt für reichlich Diskussion in den sozialen Medien. Hat Putin China nun vollends auf seiner Seite?
China gibt vor, bei den Friedensverhandlungen auf Diplomatie zu setzen – doch ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat es bis heute nicht gegeben.
Chinas Außenminister Qin Gang betont, sein Land habe in der Ukraine-Frage stets eine objektive Haltung eingenommen und die internationale Gemeinschaft aufgefordert, Bedingungen für Friedensgespräche zu schaffen. Doch der russische Präsidentenberater Juri Uschakow gehe nicht davon aus, dass Xi in nächster Zukunft mit Selenskyj telefonieren werde. Zuvor hatte es entsprechende Medienberichte über ein Videotelefonat zwischen Xi und Selenskyj gegeben.
(mit Material der dpa)