Politik
International

Massenproteste in Frankreich eskalieren – darum sind die Franzosen wütend auf Macron

November 17, 2018 - Nantes, France - Thousands of citizens of Loire-Atlantique in Nantes, France, on 17 November 2018 answered the call of the yellow vests launched on the networks to protest against  ...
Bei landesweiten Protesten in Frankreich ist eine Person ums Leben gekommen, viele wurden verletzt.Bild: imago
International

Massenproteste in Frankreich eskalieren – darum sind die Franzosen wütend auf Macron

17.11.2018, 19:12
Mehr «Politik»

Bei Protesten gegen hohe Spritpreise in Frankreich ist eine Frau ums Leben gekommen. Nach Angaben von Innenminister Christophe Castaner überfuhr eine Autofahrerin die Frau am Samstag an einer Straßenblockade im Departement Savoie im Osten des Landes. Landesweit wurden bis zum frühen Abend 106 Menschen verletzt, fünf von ihnen schwer. Es gab 52 Festnahmen, 38 Verdächtige befanden sich in Polizeigewahrsam. Insgesamt gab es rund 2000 Protestaktionen mit rund 244.000 Teilnehmern.

Die Autofahrerin in Pont-de-Beauvoisin wollte Castaner zufolge ihre Tochter zum Arzt bringen und geriet in Panik, als die Demonstranten der Protestbewegung "Gelbe Warnwesten" begannen, auf ihr Auto einzuschlagen. Sie habe Gas gegeben und die 63-jährige Frau überfahren. Die Autofahrerin erlitt einen Schock und wurde in Gewahrsam genommen. Castaner betonte das Recht auf Demonstrationsfreiheit, forderte von den Demonstranten aber ein Mindestmaß an Organisation, um "solche Dramen zu vermeiden".

Die Protestbewegung unter dem Schlagwort "Gelbe Warnwesten" (gilets jaunes) richtet sich gegen das Vorhaben der Regierung, die Steuern für Autofahrer im kommenden Jahr weiter zu erhöhen. Geplant ist unter anderem eine Anhebung der Abgaben auf Diesel und Benzin. Ein Liter Superbenzin kostet derzeit in Frankreich rund zwei Euro. Die Proteste dagegen hatten sich vor allem über die sozialen Netzwerke organisiert.

Bei den Protesten gab es mehrere Zwischenfälle.

Laut Castaner ereignete sich im elsässischen Sélestat nahe der Grenze zu Deutschland ein Unfall "mit schweren Folgen". Das Opfer sei aber nicht ums Leben gekommen. In Grasse in Südfrankreich versuchte nach Angaben der örtlichen Präfektur ein Autofahrer eine Straßensperre zu durchbrechen und fuhr dabei einen Polizisten an. Der Beamte erlitt leichte Verletzungen, der Fahrer wurde festgenommen.

November 17, 2018 - Nantes, France - Thousands of citizens of Loire-Atlantique in Nantes, France, on 17 November 2018 answered the call of the yellow vests launched on the networks to protest against  ...
Bild: imago

In Passy im Departement Haute-Savoie ging die Polizei mit Tränengas gegen Blockierer vor. In Capendu im südlichen Departement Aude fuhr ein wütender Autofahrer eine Demonstrantin an. Die Frau sei leicht verletzt worden, hieß es. Größere Straßenblockaden gab es in der Hafenstadt Caen in der Normandie, in Béziers sowie in Perpignan und Toulouse im Süden des Landes.

In Hendaye an der Grenze zu Spanien hielten etwa 150 "Gelbe Warnwesten" Schilder mit Aufschriften wie "Willkommen im Steuerland" oder "Stopp der Rentensicherheit" in die Höhe. Auf beiden Seiten des Grenzübergangs bildeten sich lange Schlangen von Autos und Lastwagen. Einige aufgebrachte Fahrer betätigten ausgiebig ihre Hupen.

In Paris marschierten mehrere Dutzend Demonstranten mit gelben Westen über den Prachtboulevard Champs Élysées und riefen "Macron - démission!" (Macron - Rücktritt). Mehrfach überquerten sie die Champs Élysées in Anspielung auf einen Ausspruch Macrons, der einem Arbeitslosen gesagt hatte, es genüge, die Straße zu überqueren, um Arbeit zu finden.

November 17, 2018 - Nantes, France - Thousands of citizens of Loire-Atlantique in Nantes, France, on 17 November 2018 answered the call of the yellow vests launched on the networks to protest against  ...
imago

Darum sind die Franzosen wütend: 

1. Die Spritpreise: 

Seit Jahresbeginn sind die Steuern für Diesel-Kraftstoff nach früheren Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP bereits um 7,6 Cent pro Liter gestiegen, für Benzin um 3,9 Cent. Eine weitere Anhebung ist für 2019 geplant.

Ein Liter Super kostete laut der Tageszeitung "Libération" im November in Frankreich durchschnittlich 1,53 Euro - 27 Cent mehr als noch vor acht Jahren. Der Preis für Diesel stieg im selben Zeitraum um 44 Cent auf durchschnittlich 1,51 Euro.

2. Das Tempolimit: 

Für viele Beobachter sind die geplanten Steuererhöhungen jedoch nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Schon im Sommer gab es Proteste gegen ein neu eingeführtes Tempolimit auf Landstraßen: Statt 90 Kilometer pro Stunde sind seitdem auf Landstraßen nur noch 80 erlaubt. Vor allem in den ländlichen Regionen ist der Unmut groß. 

3. Macron, der Präsident der Reichen 

Doch die Wut geht über Verkehrsthemen hinaus. Oft ist die Forderung nach einem höheren Mindestlohn zu hören. Politiker dagegen sollten weniger verdienen. Nicht wenige "Gilets Jaunes" attackieren auch den Mitte-Präsidenten Macron persönlich, dessen Politik sie als Politik für die Reichen wahrnehmen. Auf Fernsehbildern sind Schilder zu sehen mit dem Konterfei Macrons und dem Schriftzug: "Hau ab!".

Frankreich, Landesweite Proteste gegen steigende Steuern auf Benzin und Diesel Gilets jaunes manifestants a Nice NEWS : Gilets Jaunes - Nice - 17/11/2018 NorbertScanella/Panoramic PUBLICATIONxNOTxINxF ...
Bild: imago

Macron hatte im Vorfeld in einem TV-Interview versichert, dass er den Ärger der "Gilet Jaunes" wahrnehme und verstehen wolle. Er warnte aber auch vor widersprüchlichen Forderungen nach mehr öffentlichen Jobs einerseits und weniger Steuern andererseits.

(hd/tl/dpa/afp)

Augenblicke – Bilder aus aller Welt

1 / 82
Augenblicke – Bilder aus aller Welt
Lady Gaga hat in New York City für ihre Rolle im Kinofilm "A Star Is Born" vom National Board of Review (NBR) die Auszeichnung "Beste Hauptdarstellerin" erhalten. Sie trug ein mit 23.000 Kristallen verziertes schwarzes Abendkleid von Ralph Lauren. Das NBR ist eine New Yorker Organisation von Filmemachern und Filmwissenschaftlern, die jährlich wichtige Filmpreise vergeben. ... Mehr lesen
quelle: imago stock&people / john palmer
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Das könnte dich auch interessieren:

Rebellen in Syrien übernehmen Kontrolle über Damaskus – Assad flieht

Die Rebellen in Syrien haben eigenen Angaben zufolge die Kontrolle über die Hauptstadt Damaskus übernommen und damit das Ende der mehr als zwei Jahrzehnte andauernden Herrschaft von Machthaber Baschar al-Assad eingeläutet. Assad verließ die Hauptstadt am frühen Morgen mit unbekanntem Ziel, wie die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf syrische Offiziere in Damaskus erfuhr. Das russische Außenministerium gab an, Assad habe das Land verlassen. Angaben zu seinem Aufenthaltsort machte Moskau allerdings nicht.

Zur Story