Trump steht wegen mehrerer Anklagen vor Gericht – er ist damit der erste Ex-US-Präsident, der sich verantworten muss.Bild: AP / Bryan Woolston
International
Es ist so weit: Der 4. April 2023 markiert einen historischen Tag in der US-Geschichte. Mit Donald Trump muss sich zum ersten Mal ein ehemaliger Präsident der Vereinigten Staaten in einem Strafverfahren verantworten. Was zum Prozessauftakt wichtig ist, hat watson für dich zusammengefasst.
Worum geht es in der Anklage?
Zur Anklageverlesung in Manhattan muss Trump persönlich erscheinen. Rund 30 Anklagepunkte sollen gegen ihn vorgebracht werden – keiner ist bisher offiziell bekannt.
Kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten 2016 ließ Trump Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zahlen. Sie hatte behauptet, sie habe Sex mit ihm gehabt. Trump bestreitet eine Affäre, nicht aber, dass Geld geflossen ist. Die Zahlung an sich ist nicht illegal.
Stormy Daniels ist die Frau, über die Trump letztlich gestolpert ist.Bild: Invision/AP / Charles Sykes
Trump wird Medien zufolge wohl vorgeworfen, diese falsch abgerechnet und Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben. Damit könnte er gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen haben. Laut US-Medien werden Trump 34 Straftaten zur Last gelegt, jede davon wäre mit einer Gefängnisstrafe zu ahnden.
Ist die Anklage historisch?
Das historische Moment dieser Anklage entsteht durch die bisherige Einzigartigkeit. Noch nie musste sich ein ehemaliger US-Präsident als Angeklagter in einem Strafprozess verantworten.
International allerdings ist Trump mit diesem Schicksal in bester Gesellschaft: Gerade erst wurde gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof erlassen. Der israelische Staatschef Benjamin Netanjahu muss sich wegen Korruption verantworten und der frühere italienische Präsident Silvio Berlusconi wurde gleich wegen mehreren Delikten angeklagt – unter anderem auch wegen Sex-Partys.
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Aber zurück zum US-amerikanischen Einzelfall, der kein Einzelfall ist. Denn auch für manchen Vorgänger wurde es bereits eng. Richard Nixon hatte zum Beispiel eine Anklage wegen der Watergate-Affäre – unter anderem ein Einbruch beim politischen Gegner, um kompromittierendes Material zu finden – durch seinen Rücktritt und eine anschließende Begnadigung abgewendet.
Der Demokrat Bill Clinton wiederum ging einen Deal mit einem Sonderermittler ein. Clinton gab unter Eid zu, eine Falschaussage gemacht zu haben und wurde im Gegenzug nicht angeklagt. Auch bei Clinton ging es um Sex – mit seiner damaligen Praktikantin.
Welche weiteren Verfahren könnten folgen?
Trump hat noch etliche andere juristische Baustellen. Dazu zählen etwa die Untersuchungen eines Sonderermittlers zu seinem Umgang mit geheimen Regierungsunterlagen. Laut US-Medien sollen Ermittler neue Beweise wie Notizen und Fotos gesammelt haben. Fachleute gehen davon aus, dass sich die Untersuchungen im Endstadium befinden – und damit womöglich eine weitere Anklage gegen Trump bevorsteht.
Außerdem soll der Ex-Präsident bei der Wahl 2020 versucht haben, den Wahlausgang zu manipulieren. Konkret geht es um ein Telefonat, bei dem Trump gefordert haben soll, 11.780 Stimmen in Georgia "zu finden".
Beim Sturm aufs Kapitol wurden viele Menschen verletzt, fünf Menschen starben.Bild: dpa / Essdras M. Suarez
Im Zusammenhang mit dem Sturm aufs Kapitol wird Trump außerdem der Tatbestand der Verschwörung vorgeworfen. Sollte es auch hier zu einem Verfahren kommen, hätte auch das eine große Strahlkraft und viel politisches Gewicht.
Wird Trump in Handschellen vorgeführt?
Medien zufolge traf sich Trump am Montagabend (Ortszeit) mit seinem Anwaltsteam im Trump-Tower. "Er ist in guter Stimmung", sagte eine seiner Juristinnen im US-Fernsehen. Trump sei bereit dazu, im Gericht zu erscheinen.
Für diesen Termin dürfte der Ex-Präsident kurzzeitig in Gewahrsam genommen werden, damit Fingerabdrücke und Polizeifotos von ihm gemacht werden können. Ob diese Fotos aber wirklich gemacht werden, ist offen.
Normalsterbliche werden bei diesen Terminen in Handschellen vorgeführt. Expert:innen gehen allerdings davon aus, dass hier bei Trump eine Ausnahme gemacht werden wird – letztendlich werden aber der Secret Service, Staatsanwält:innen und das Gericht final darüber entscheiden.
Viele Bürger:innen fordern: Sperrt ihn ein.Bild: FR171667 AP / Corey Sipkin
Das alles wird hinter verschlossenen Türen passieren. Bei der Anklageverlesung dürfte Trump aller Voraussicht nach auf "nicht schuldig" plädieren. Eine Videoübertragung aus dem Gericht lehnte der zuständige Richter ab.
Trump weist alle Vorwürfe als politisch motivierte "Hexenjagd" zurück, mit der sein Sieg bei der Präsidentenwahl 2024 verhindert werden solle. Nach der Anklageverlesung wird er erst das Gericht und dann wohl auch New York wieder verlassen.
Kann Trump trotzdem nochmal Präsident werden?
Prinzipiell ist das möglich. Denn Artikel 2 der amerikanischen Verfassung stellt klar: Auch eine verurteilte Person darf in den USA für die Präsidentschaft kandidieren und das Präsidentenamt ausüben. 1920 gab es sogar schon einmal einen Kandidaten, der den Wahlkampf aus dem Gefängnis führte: Eugene Debs. Gewonnen hat der Sozialist allerdings nicht.
Theoretisch wäre es laut US-Recht sogar möglich, aus dem Gefängnis aus das Amt des Präsidenten zu erfüllen. Das heißt: Trump könnte sogar antreten und gewählt werden, wenn er verurteilt würde – und eine Haftstrafe absetzen muss. Dass er wieder ins Weiße Haus einziehen will, hat der Ex-Präsident bereits deutlich gemacht.
In parteiinternen Umfragen liegt er auch tatsächlich vorn. Neben der rechten Wortführerin Greene versammelten sich nach der Anklage weitere Parteigrößen hinter Trump und teilten seine These von der Verfolgung durch eine politische gesteuerte Justiz.
Wie blickt die Bevölkerung auf den Prozess?
Viele Amerikaner:innen sehen die Lage etwas anders als die Republikaner:innen, wie aus einer aktuellen Umfrage des Instituts SSRS für den Sender CNN hervorgeht. Demnach unterstützen 60 Prozent der Befragten die Anklage gegen Trump. Allerdings sagen auch mehr als drei Viertel der Befragten, dass politische Beweggründe bei der Anklage wohl eine Rolle gespielt hätten.
Dass viele Bürger:innen aber auch an die Erzählung der politischen "Hexenjagd" glauben – und Trump unterstützen wollen, zeigen Videos von der Abfahrt des Präsidenten in Florida. Trumps Sohn Eric twittert etwa ein Video und schreibt: "Meilenweit unglaubliche Unterstützung bei unserer Abreise nach New York!"
Auch die Republikanerin Laura Loomer verweist auf die Menschenmassen, die entlang der Straßen in der Nähe der Trumpschen Residenz Mar-a-Lago stehen.
Der ehemalige Präsident versammelt nach wie vor etliche Anhänger:innen der MAGA-Bewegung hinter sich. MAGA ist die Abkürzung für den früheren Wahlspruch Trumps: Make America Great Again (Macht Amerika wieder großartig).
(Mit Material der dpa)
Wer sich schon einmal die Übertragung eines US-amerikanischen Sports im Fernsehen angesehen hat, kennt die dortige Faszination für Statistiken. Kein Faktor ist zu geringfügig, um nicht quantifiziert zu werden, keine Randnotiz ist irrelevant für die Datenanalysten.