Die Opposition in Venezuela greift nach der Macht und die Zeit für den noch amtierenden Machthaber Maduro wird knapp. Zehntausende Demonstranten folgten am Samstag einem Protestaufruf des selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó.
Maduro kündigte vor seinen Anhängern eine vorgezogene Neuwahl des Parlaments noch in diesem Jahr an. Damit erfüllte er die Forderung der Opposition und auch der EU nicht:
Das derzeitige Parlament wird von der Opposition kontrolliert, Guaidó ist Parlamentspräsident.
Hier die fünf aktuell wichtigsten Hintergründe:
Deutschland und mehrere andere europäische Länder haben Maduro bis Sonntag Zeit gegeben, um Neuwahlen zur Präsidentschaft anzusetzen. Andernfalls wollen auch sie Guaidó als Interimsstaatschef anerkennen. Der regierungsnahe venezolanische TV-Sender Telesur warf der EU am Samstagabend eine "interventionistische Haltung" vor.
Sowohl Maduro als auch Guaidó hatten ihre Anhänger für Samstag zu Massenkundgebungen in Caracas aufgerufen. Die Demonstrationen fanden zeitgleich in etwa zehn Kilometer Entfernung statt. Zwischenfälle wurden zunächst nicht bekannt.
Guaidó sagte in seiner Rede, der Februar werde in dem Machtkampf "entscheidend" sein. Es werde weitere Großkundgebungen geben, etwa am 12. Februar, der in Venezuela als Tag der Jugend gefeiert wird. Guaidós Anhänger riefen "Freiheit, Freiheit, Freiheit". Auf einem Plakat stand zu lesen, der venezolanische Sicherheitsapparat werde "fallen wie die Berliner Mauer".
Auftrieb bekam die Opposition durch das Überlaufen eines hochrangigen Militärs: Luftwaffengeneral Francisco Yánez gab in einem am Samstag in den Online-Netzwerken veröffentlichten Video bekannt, dass er Guaidó als Übergangspräsidenten des Landes anerkenne. Yánez prangerte die "diktatorische" Amtsführung von Maduro an und versicherte, "90 Prozent" der Streitkräfte würden nicht den "Diktator", sondern das "Volk" unterstützen.
Vor Yánez hatte sich Venezuelas Militärattaché in Washington, José Luis Silva, von Maduro losgesagt. Nach der Erklärung von Yánez gab auch der pensionierte ehemalige Kommandeur der venezolanischen Luftstreitkräfte, Jorge Oropeza, seine Unterstützung für Guaidó bekannt.
Für Maduro ist diese Entwicklung Anlass zur Sorge: Das Militär ist die wichtigste Stütze seiner Macht. Maduro kündigte in der Rede am Samstag eine Aufstockung der Armee an, deren Unterstützung für seinen Verbleib an der Macht entscheidend ist. Dazu sollten zehntausende Milizionäre in die Armee eingegliedert werden.
Maduro warf der Opposition und den USA einen "makabren Plan" für einen "Staatsstreich" vor. US-Präsident Donald Trump lasse sich von den Falken in seinem Umfeld über Venezuela täuschen. Venezuela werde sich den Vereinigten Staaten nicht ergeben.
Der Machthaber schließt dabei nicht einmal mehr einen Bürgerkrieg aus. Niemand könne heute mit Sicherheit sagen, wie groß die Wahrscheinlichkeit dazu sei, erklärte Maduro im Interview des spanischen Fernsehsenders La Sexta.
Der linksnationalistische Politiker betonte: "Wir leben einfach in unserem Land und verlangen, dass sich niemand in unsere internen Angelegenheiten einmischt. Und wir bereiten uns darauf vor, unser Land zu verteidigen."
In den Fabriken, in den Universitäten und in verschiedenen anderen Bereichen sei "das Volk dabei, sich (zum Schutz der Regierung) zu bewaffnen", betonte Maduro. Es handele sich um "Milicianos", die militärisches Training absolviert hätten.
Trotz enormen Ölreichtums hat Venezuela einen jahrelangen wirtschaftlichen Niedergang hinter sich. In dem Land herrscht Hyperinflation - der Internationale Währungsfonds rechnet für das laufende Jahr mit einer Teuerungsrate von zehn Millionen Prozent.
Selbst Artikel des täglichen Grundbedarfs sind kaum mehr zu kaufen. Seit 2015 haben rund 2.3 Millionen Venezolaner ihr Land verlassen.
Guaidó kündigte baldige Hilfslieferungen aus befreundeten Staaten an. Für die Lieferungen würden in den kommenden Tagen grenznahe Sammelstellen in Kolumbien, Brasilien und "auf einer Karibikinsel" eingerichtet, sagte Guaidó. Er appellierte an das Militär, die Hilfslieferungen ins Land zu lassen.
Maduro lehnt solche Lieferungen ab. In seiner Rede am Samstag sagte er: "Wir waren keine Bettler und wir werden keine Bettler sein". Seine Gegner schmähte er als "Bettler des Imperialismus".
(mbi/afp)