Es sieht aus, als dürfte Ex-Präsident Donald Trump nach einer Reihe von Fehltritten und rechtlich fragwürdigen Aktionen am Ende über Sex mit einer Frau stolpern. Genauer gesagt über Sex mit der Ex-Porno-Darstellerin Stephanie Clifford, die als Stormy Daniels bekannt ist. Ihr soll Trump Schweigegeld bezahlt haben, damit sie das Techtelmechtel für sich behält und Trumps Wahlkampf nicht schadet.
Konkret geht es um 130.000 Dollar (rund 122.000 Euro), die Trumps damaliger Privatanwalt Michael Cohen an die Künstlerin überwiesen hatte. Später hat Cohen das Geld von Trumps Familienholding zurückerstattet bekommen.
Die Zahlung an Stormy Daniels an sich ist nicht illegal. Die Rückerstattung an Michael Cohen wurde aber von der Trump Organization als "Anwaltskosten" deklariert. Sollte dies als Fälschung von Handelsdokumenten eines Unternehmens ausgelegt werden, wäre dies eine Ordnungswidrigkeit. Die Staatsanwaltschaft könnte aber auch argumentieren, dass diese Fälschung begangen wurde, um eine andere Straftat – etwa eine illegale Wahlkampfspende – zu vertuschen. Sieht das auch die Jury so, könnte dies als ein schweres Verbrechen gewertet werden. Mit bis zu vier Jahren Haft.
Vor einer erwarteten Anklage gegen Trump bereitet sich New York auf mögliche Proteste vor. Vor dem Gerichtsgebäude in Downtown Manhattan herrschten am Montag (Ortszeit) erhöhte Sicherheitsvorkehrungen – Metallzäune wurden aufgebaut und die Polizeipräsenz erhöht.
"Wir beobachten die Kommentare in den sozialen Medien", sagte der New Yorker Bürgermeister Eric Adams. Die New Yorker Polizei sorge dafür, dass es keine "unangemessenen Handlungen" in der Stadt gebe, sagte Adams. Er sei "zuversichtlich", dass diese dazu in der Lage sei.
Trump selbst hatte angesichts der erwarteten Anklage zu Protesten aufgerufen.
US-Medien zufolge dürfte eine Anklageerhebung am Dienstag aber eher unwahrscheinlich sein. Unter anderem berichtete der Sender CNN am Montagabend (Ortszeit), dass damit nun frühestens in der kommenden Woche gerechnet werde. Der Staatsanwalt von New York ermittelt gegen den abgewählten Ex-Präsidenten wegen Schweigegeldzahlungen an die Darstellerin Stormy Daniels und das Model Karen McDougal. Eine Anklage in dem Fall ist offenbar immer wahrscheinlicher.
Die Ermittelnden beschäftigt die Frage, ob Trump durch die Zahlung womöglich gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen hat. Die Anklage könnte die 130.000 Dollar für Daniels und 150.000 Dollar für McDougal als im Bundesstaat New York unzulässige Wahlkampfspende darstellen.
Trump selbst erklärte am Wochenende, er solle am Dienstag festgenommen werden. Sollte die Grand Jury tatsächlich Anklage gegen den Ex-Präsidenten erheben, müsste der 76-Jährige vor der New Yorker Justiz erscheinen. Es gibt in solchen Fällen übliche Prozeduren – von der erkennungsdienstlichen Behandlung mit Fingerabdrücken und Polizeifotos bis hin zur Verlesung der Anklage und der Entscheidung über eine Kautionszahlung durch einen Richter. Häufig werden Beschuldigten dabei auch Handschellen angelegt.
Doch natürlich ist der Fall Trump besonders. "Das ist wirklich beispiellos, und es gibt dafür kein Skript", sagt der Jura-Professor und frühere Secret-Service-Agent Robert McDonald. Erwartet wird, dass Trumps Anwälte und die New Yorker Staatsanwaltschaft sich für ein Erscheinen des Ex-Präsidenten abstimmen. Der für den Schutz von Präsidenten und Ex-Präsidenten zuständige Secret Service dürfte sich dann eng mit den örtlichen Polizeibehörden abstimmen, um einen möglichst reibungslosen Ablauf zu ermöglichen.
Rein theoretisch ist es möglich, dass Trump sich weigert, vor der Justiz zu erscheinen. Er könnte damit versuchen, seine Festnahme zu erzwingen, um sich als Opfer politischer Verfolgung darzustellen.
Eine Anklage gegen einen früheren Präsidenten hat es in der US-Geschichte noch nie gegeben. Auf juristischer Ebene würde es vor einem Prozess noch eine Reihe rechtlicher Zwischenschritte geben. Ob Trump in einem Prozess schuldig gesprochen würde, ist völlig offen.
Auf politischer Ebene hat Trump klargestellt, dass er trotz einer Anklage an seiner Präsidentschaftsbewerbung festhalten würde. Eine Anklage wäre zwar ein schwerer Image-Schaden; der Republikaner dürfte aber versuchen, das Vorgehen der New Yorker Justiz zu nutzen, um seine Anhänger:innen mit Blick auf die Präsidentschaftsvorwahlen der Republikaner im kommenden Jahr zu mobilisieren.
Auch wenn es noch dauern könnte, bis wirklich etwas passiert, bereitet sich das Land bereits vor. Sowohl die Polizei, als auch Anhänger:innen des früheren Präsidenten. In den sozialen Medien wird mobilisiert. Aufrufe kursieren, gegen "die" vorzugehen. So twitterte etwa Trumps Sohn Donald Trump Jr.:
Und auch die Trump-Anhängerin und Republikanerin Kari Lake schreibt auf Twitter: "Sie sind nicht hinter ihm her, sie sind hinter uns allen her. Er ist ihnen nur im Weg." Eine Erzählung, der sich auch Trump selbst bedient. In einer Rede spricht er von einer Hexenjagd, die geführt wird.
Die Gegner, meint Trump in der Ansprache, seien verzweifelt. Sie wollen seiner Auffassung nach Trump und seine Bewegung stoppen. "Sie sind nicht hinter mir her, sie sind hinter uns her", erklärt der frühere Präsident.
Am Montagabend kam es zu einem kleineren Protest vor dem Gericht in Manhattan – bis zum Abend (Ortszeit) gab es keine Ausschreitungen. Dennoch: Der Sender CNBC berichtete, dass der US-Geheimdienst gemeinsam mit der New Yorker Polizei am Montag Sicherheitspläne angepasst habe.
Trumps Aufruf zu Protesten weckte Erinnerungen an den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Damals hatte Trump seine Anhänger:innen angestachelt, bevor sie gewaltsam in das Parlamentsgebäude in Washington eindrangen.
Trumps Umfeld hatte vorab versichert, dass sich der Ex-Präsident an das übliche Verfahren halten werde, sollte es zu einer Anklage kommen – und auch freiwillig vor Gericht erscheinen werde, um Details möglicher Anklagepunkte zu erfahren. Damit wäre eine aufsehenerregende Festnahme nicht nötig. Es gilt auch als wahrscheinlich, dass Trump nach solchem förmlichen Prozedere wieder nach Hause gehen könnte.
Unterdessen kritisierte der prominente US-Republikaner Ron DeSantis die New Yorker Staatsanwaltschaft wegen ihrer Ermittlungen gegen Trump. Der Gouverneur des Bundesstaats Florida warf Staatsanwalt Alvin Bragg vor, damit ein "politisches Spektakel" zu betreiben.
Wenn ein Staatsanwalt alltägliche Verbrechen ignoriere und sich stattdessen mit einem Fall befasse, der Jahre zurückliege und sich um Schweigegeldzahlungen an Pornostars drehe, verfolge er eine "politische Agenda" und nutze sein Amt als Waffe. "Das ist grundsätzlich falsch."
DeSantis gilt momentan als größter innerparteilicher Konkurrent Trumps. Es wird erwartet, dass auch er als Präsidentschaftsbewerber für die Wahl im November 2024 antreten wird. Während DeSantis nun gegen den Staatsanwalt in Manhattan austeilte, ließ er sich bei seinem Auftritt auch einen Seitenhieb auf Trump nicht nehmen.
"Ich weiß nicht, wie man dazu kommt, einem Pornostar Schweigegeld zu zahlen, damit dieser über eine angebliche Affäre schweigt", sagte DeSantis bei einer Pressekonferenz in Panama City, Florida. Dazu falle ihm nichts ein. DeSantis fügte unter Gelächter hinzu: "Ich habe hier im Bundesstaat Florida echte Probleme, mit denen ich umgehen muss."
(Mit Material von dpa)