Keith Kellogg hat keinen einfachen Stand in seinem eigenen politischen Lager. Der pensionierte US-Generalleutnant wurde von Donald Trump einst als Sondergesandter für Russland und die Ukraine nach Europa geschickt. Doch da der 81-Jährige ihm zu proukrainisch war – und das auch das Gefühl der russischen Seite war –, wurde Kellogg im April von seiner Rolle in Russland abgezogen.
Seitdem fungiert er nur noch als Trump-Gesandter in der Ukraine, sein Einfluss auf den Krieg ist unklar. Dennoch wird Kellogg zumindest in seinem gastgebenden Land geschätzt, er ist ein profilierter Experte in diesem Krieg.
Umso mehr überrascht es nun, dass Kellogg eine recht klare Gegenmeinung zur Mainstream-Einschätzung hat, dass Russland gerade eher am Drücker ist. Er glaubt sogar das Gegenteil: Das Land von Machthaber Wladimir Putin sei gerade dabei zu verlieren.
Das verriet Kellogg am Samstag bei einem Auftritt bei der Tagung Yalta European Strategy in Kiew. Kellogg sagte in einem Gespräch auf der Bühne:
Da Putin, der Kreml und die Armee das alles offensichtlich noch nicht geschafft haben, kommt Kellogg zu demSchluss: "Tatsächlich ist Russland dabei, den Krieg zu verlieren." Eine These, die so erstmal nicht zu erwarten war.
Kellogg begründete sie damit, dass Russland zwar Bewegungen mache und etwa in der Donbass-Region und in Donezk vorankomme. Schaue man sich an, wie viele Meter sie vorankämen, so Kellogg, könne man von Erfolgen sprechen.
Doch mit Blick auf die "enormen" Kosten, die Russland gleichzeitig zu verzeichnen habe, stimme das nicht. Die Anzahl an Toten und Verletzten (laut Kiew eine Million) bedeuteten einen atemberaubenden Verlust.
Kellogg zufolge sei Russland zudem derart abhängig von China, dass "der Krieg morgen vorbei" sei, "wenn China heute seine Unterstützung für Russland einstellen würde".
Kellogg schwärmte laut "Kiew Independent" bei dem Auftritt zudem von der Drohnen-Technologie, die sich die Ukraine seit dem Angriff Russlands in den vergangenen Jahren aufgebaut hat.
Die Ukraine sei bei der Entwicklung von Drohnen den USA voraus, die Vereinigten Staaten lägen "weit zurück".
Zudem sei die Ukraine mittlerweile "einer der Weltführer", was Abwehrtechnologie anbelange. Kellogg zufolge sei das ein gutes Argument für die Europäische Union, das Land in die EU aufzunehmen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte Kellogg bei seinem Auftritt. "Jedes Mal, wenn Sie hier sind, General, können wir ein wenig besser schlafen." In dessen Heimatland dürfte das etwas anders aussehen.