Kürzlich präsentierte Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj zwei chinesische Soldaten, die auf Seiten Russlands gekämpft haben sollen. Er glaube, dass viele weitere Soldaten aus China für den russischen Aggressor kämpfen, erklärte Selenskyj. Peking verneinte eine eigene Beteiligung.
Selenskyj blieb bei seiner Einschätzung. Viele Beobachter:innen sehen darin einen Versuch, die kremlfreundliche Trump-Regierung, die sich in einem Handelskrieg mit China befindet, wieder mehr auf Kiews Seite zu ziehen.
Doch was sind Chinas eigene Interessen im Ukraine-Krieg eigentlich? Dazu hat ein Militärexperte sich nun geäußert.
Bisher hat sich China lediglich indirekt an dem Krieg beteiligt. Sogenannte Dual-Use-Güter, wie Chips, die sowohl einen zivilen als auch militärischen Zweck erfüllen können, werden von China nach Russland geschickt.
So ist China in den eigenen Neutralitätserklärungen fein raus: Aktiv am Krieg nehme das Land nicht teil, wird ständig betont. Laut Militärexperte Gustav Gressel war es bisher Chinas Ziel im Ukraine-Krieg, dass Russland nicht verliert, damit der Westen in der Ukraine beschäftigt ist und seine Ressourcen bindet.
Weiter erklärt Gressel dem "Tagesspiegel":
Doch mittlerweile habe China seine Taktik nach dem von US-Präsident Donald Trump heraufbeschworenen Handelskrieg geändert. China wende sich nun nämlich Europa als Alternativmarkt zu, um die USA als wichtigen Handelspartner zu ersetzen.
Und mit verschiedenen Aktionen in der Ukraine versuche China nun auszutesten, wie der neue potenzielle Handelspartner so tickt und ab wann er Sanktionen gegen China verhängt.
Gressel folgert: Fährt Europa einen harten Kurs gegenüber China und stellt sich geschlossen hinter die Ukraine, könnte sich China von Russland distanzieren.
Wie sehr sich China bisher aus dem Krieg heraushält, ist umstritten. Nach Selenskyjs Vorwurf, dass chinesische Soldaten für Russland kämpfen, tauchten nun auch Fotos von mutmaßlich russischen Soldaten mit chinesischen Sturmgewehren auf. Dabei soll es sich um das Modell 56-1 handeln.
Gressel hält das für plausibel, zweifelt aber daran, dass das 56-1-Gewehr notwendigerweise von China selbst an Russland gegeben wurde: "Die chinesische Kopie der Kalaschnikow ist weltweit extrem weit verbreitet und wurde in diverse Kriegsgebiete exportiert. Auch Nordkorea erhielt diese Waffe. Russland könnte sie also auch von dort, den Huthi oder anderen Verbündeten bezogen haben."
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete indes kürzlich nicht nur über chinesische Söldner, sondern auch darüber, dass Offiziere der chinesischen Armee sich offenbar zu Studienzwecken in der Nähe der Front aufgehalten haben.