Seit mehr als drei Jahren wehrt sich die Ukraine gegen den Aggressor Russland. Die Verluste sind auf beiden Seiten hoch. Doch vor allem das russische Militär ist für seine brutale "Fleischwolf"-Taktik bekannt. Soldaten werden an der Front rücksichtslos verheizt.
Laut dem Generalstab der ukrainischen Streitkräfte soll Russland seit Beginn der Großinvasion mehr als 930.000 Militärangehörige verloren haben. Es heißt, dass angeblich allein innerhalb von 24 Stunden 1210 russische Soldaten getötet oder verwundet wurden. Diese Angaben sind jedoch nicht unabhängig überprüfbar.
Eine neue Schätzung eines hochrangigen Nato-Beamten kommt jedoch zu ähnlichen Ergebnissen. Er geht davon aus, dass Russland seit Beginn der Kämpfe vor über drei Jahren etwa 910.000 Soldaten verloren hat, darunter rund 250.000 Getötete.
Russland braucht für seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg demnach reichlich menschliche Ressourcen. Der Kreml zieht nicht nur russische Staatsbürger ein, sondern lockt auch zahlreiche Männer aus dem Ausland an; auch aus China.
In der russischen Armee kämpfen viele chinesische Soldaten, davon zeigt sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj überzeugt.
Laut Recherchen des russischen unabhängigen Portals "Important Stories" haben sich zwischen Juni 2023 und Mai 2024 mindestens 51 Chinesen in Moskau für den russischen Militärdienst gemeldet. Erstmals gelang es der Ukraine, zwei von ihnen in Gefangenschaft zu nehmen.
Wang Guangjun und Zhang Renbo sind die ersten chinesischen Staatsangehörigen, die auf ukrainischem Boden gefangen genommen wurden. Selenskyj bestätigte ihre Gefangennahme Anfang April. In einer Pressekonferenz geben die Soldaten Auskunft darüber, wie sie auf dem Schlachtfeld gelandet sind.
Wang sagt, er sei über Tiktok auf eine Anzeige für den Eintritt in die russische Armee gestoßen, schreibt der "Kyiv Independent", der dem Presseevent beiwohnte. Der junge Chinese habe seinen Job verloren und sei an dem Angebot interessiert gewesen. Denn in China gelte der Militärdienst als "prestigeträchtig".
Ein Anwerber habe Wang erzählt, dass ein chinesischer Rekrut in der russischen Armee 200.000 bis 250.000 russische Rubel (2000 bis 3000 US-Dollar) pro Monat verdienen könne, was höher als das Durchschnittsgehalt in China sei.
Auch versprach man dem Chinesen, die Anfahrtskosten nach Russland zu übernehmen und ihm bei der Beschaffung der erforderlichen Dokumente zu helfen. Doch laut Wang kam alles anders.
Russland habe nichts von seinen Versprechen eingehalten, meint der junge Mann. Später hätten ihm die Russen seine Bankkarte und sein Telefon weggenommen, so dass Wang das Geld, das er verdiente, nicht mehr verwalten konnte.
Auch sein Kamerad Zhang hoffte darauf, viel Geld zu verdienen. Nach eigener Angabe kam er Ende 2024 nach Russland. Ihm wurde zunächst ein Job im Baugewerbe angeboten, sei dann aber zum Militärdienst eingezogen worden. "Ich wollte Geld verdienen, aber ich habe nicht damit gerechnet, im Krieg zu landen", zitiert ihn der "Kyiv Independent".
Ihre Route führte über Moskau, Rostow am Don und das von Russland besetzte Donezk in der Ostukraine, bevor sie die Front erreichten.
Russische Befehlshaber hätten ihnen aufgrund der Sprachbarriere nur mit Gesten Befehle erteilt. Wang behauptet, dass er keine ukrainischen Soldaten getötet habe. Er habe nur drei Tage an der Front verbracht, bevor er gefangen genommen wurde. Zhang meint, er habe bis zu seiner Gefangennahme keine ukrainischen Soldaten gesehen.
Beide chinesischen Staatsangehörigen rieten ihren Landsleuten davon ab, für Russland in den Krieg zu ziehen. Wang sagt dazu:
Beide Soldaten behaupteten, sie hätten keine Verbindung zur chinesischen Regierung und aus freien Stücken einen Vertrag mit der russischen Armee unterzeichnet.
Laut Wang und Zhang gebe es in China eine Warnung an chinesische Bürger, sich an dem Krieg in der Ukraine zu beteiligen. Chinesen, die in einem anderen Land kämpfen, können demnach nach chinesischem Recht bestraft werden.
Dennoch bekräftigen beide Männer, dass sie im Rahmen des künftigen Gefangenenaustauschs nach China und nicht nach Russland zurückkehren wollen.
Die Aussagen, die beide Chinesen in ukrainischer Gefangenschaft äußern, können derzeit nicht unabhängig überprüft werden. Auch gibt es Kritik an der Vorführung der Kriegsgefangenen vor Reporter:innen und Kameras.
Laut Wang war er im Lager mit Menschen aus verschiedenen Ländern untergebracht, vermutlich aus Zentralasien, Ghana und dem Irak.
Dem "Kyiv Independent" zufolge hat Russland Menschen aus verschiedenen Ländern für den Krieg angeworben, darunter Indien, Nepal und Syrien. Nordkorea unterstützt Russlands Armee systematisch mit etwa 12.000 Soldaten.
Chinas angebliche Neutralität wird immer wieder angezweifelt. So ist das Land etwa der größte Lieferant des Kremls für Dual-Use-Güter, die für die Waffenherstellung unerlässlich sind.