Bis vor Kurzem sah es schlecht aus für die Linke. In beinahe allen Umfragen verharrte die Partei unter der Fünf-Prozent-Marke, im Dezember noch bei drei Prozent. Der Einzug in den Bundestag über das Ergebnis der Zweitstimme schien bis vor wenigen Wochen noch ausgeschlossen.
Doch sie ist wieder da. Die nach mehreren Wahlschlappen ehemals zerstrittene Partei konnte kontinuierlich zulegen und könnte den Einzug in den Bundestag schaffen. Laut dem aktuellen ZDF-Politbarometer konnte sich die Linke erneut um einen Punkt verbessern und steht nun bei sechs Prozent.
Zudem verzeichnet die Partei nach eigenen Angaben eine Rekordzahl an Mitgliedern: Mit rund 81.200 liege die Zahl so hoch wie noch nie. Gleichzeitig erlebt die Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek einen regelrechten Hype auf Social Media.
Doch woher der plötzliche Aufschwung? Die Parteispitze sieht als Gründe dafür die Mobilisierung im Wahlkampf, aber auch die Sorge vieler Menschen vor einem Rechtsruck in Deutschland. Wir haben Posts und Videos auf Social Media gesammelt, die eine Erklärung für den Hype liefern könnten.
Kurz nachdem Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz der Brandmauer zur AfD Risse verpasst hatte, sind die Umfragewerte der Linken gestiegen. Einer der Faktoren könnte auch die Rede von Heidi Reichinnek sein. Im Bundestag wetterte sie aufgebracht gegen Merz. Sie warf ihm vor, sich zum Steigbügelhalter für die AfD zu machen.
Zumindest untermauern Zahlen den Erfolg der Linken in Zusammenhang mit der Rede. Millionen Menschen haben sich die Videos auf Social Media angeschaut, geliked, kommentiert und geteilt. Die Linke selbst spricht vom "erfolgreichsten Beitrag aller Zeiten und Parteien". Mit absoluter Sicherheit nachprüfbar ist dies nicht, doch bei der Recherche war tatsächlich kein erfolgreicherer Post zu finden. Reichinnek sagt dazu gegenüber watson:
Mit Heidi Reichinnek hat die Linke auf Social Media auch abseits des viralen Videos einiges richtig gemacht, wie Maik Fielitz vom Institut für Demokratie und Zivilgesellchaft in Jena gegenüber "euronews" erklärt:
Reichinnek setzt sich sichtbar emotional und mit Überzeugung gegen Rechts ein. Das merken diejenigen, die sie sehen, offenbar. Das zumindest lässt dieses Video vermuten:
Drei alte weiße Männer, die auf Social Media über linke Positionen sprechen und auch mal singen, kommen anscheinend gut an: Gregor Gysi, Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow werben als "Mission Silberlocke" um drei Direktmandate, um über die Grundmandatsklausel einziehen zu können. Sie begannen damit, bevor die Fünf-Prozent-Hürde in Umfragen geschafft war.
Die durchaus beliebten Politiker der Partei erhalten viel positive Rückmeldung. Dazu gibt es immer wieder den Vorwurf, dass sie und Reichinnek in der falschen Partei wären. Das dementieren Gysi und die Spitzenkandidatin in einem viralen Video mit Seitenhieb gegen das BSW.
In vielen Videos klärt Heidi Reichinnek darüber auf, wie die Politik anderer Parteien sich auf das alltägliche Leben vieler auswirken könne – und vergleicht sie mit den Vorhaben der Linken. Besonderes Augenmerk legt sie dabei auf die Maßnahmen und die Auswirkungen auf Reichere und Ärmere. Auffällig ist, dass besonders unter diesen Beiträgen positive Kommentare überwiegen. Etwa bei diesem Video:
"Ich hab neulich geträumt. Von einem Land, in dem für immer Frühling ist ..." Diese Worte aus dem Song von Soffie kennt fast jede:r Social-Media-User:in. In einem viralen Video hat sich die Sängerin nun gemeinsam mit Reichinnek klar für die Linke ausgesprochen. Denn diese Partei vertrete genau die Werte, von denen sie im Lied singt. "Die Menschen in diesem Land verdienen eine Partei, die sich für sie starkmacht, für sie eintritt und ehrliche und vor allem soziale Politik macht", sagt Soffie.
Die Sängerin macht dies öffentlich, obwohl sie Angst vor diesem Schritt hatte. Doch die politische Lage sei zu wichtig, wie sie in einem anderen Video auf ihrem Kanal erklärt. Sie wolle keine Partei stärken, die die Armen immer ärmer mache und die Reichen entlastet, sagt sie mit Blick auf AfD, CDU und FDP.