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US-Wahl: Experte Allan Lichtman räumt mit Mythos um Oktober-Überraschung auf

September 10, 2024 - Philadelphia, Pennsylvania, U.S.A. - Former President DONALD TRUMP and Vice President KAMALA HARRIS are seen on a monitor at the Harris-Walz campaign s Presidential Debate Watch P ...
Selbst vermeintlich bedeutende Ereignisse wie die große TV-Debatte zwischen den Kandidaten seien nicht entscheidend.Bild: imago images / Brian Cahn
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Der Nostradamus der US-Wahl räumt mit Mythos um Oktober-Überraschung auf

11.10.2024, 11:5311.10.2024, 11:57
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Endspurt im Wahlkampf um die US-Präsidentschaftswahl im November. Die Präsidentschaftskandidat:innen Kamala Harris und Donald Trump geben alles, um die Wählergunst für sich zu gewinnen.

Dabei ist das alles für den Ausgang der Wahl kaum noch entscheidend. Das zumindest behauptet der Historiker Allan Lichtman – der Mann, der neun Wahlausgänge in den vergangenen 40 Jahren richtig vorhergesagt hatte. Für diese Wahl hat er Kamala Harris als Siegerin der Wahl am 5. November festgelegt.

Dass sich im Oktober, kurz vor der Wahl, tatsächlich noch etwas am Ergebnis ändern könne, hält er für den "größten Mythos" der US-Politik.

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USA: Laut Lichtman ist der Mythos um Oktober-Überraschung falsch

In der US-amerikanischen Politik bezeichnet man als "October Surprise", also die Oktober-Überraschung, als eine unerwartete Entwicklung kurz vor einer Wahl. Vor allem vor den Präsidentschaftswahlen, die potenziell einen erheblichen Einfluss auf den Wahlverlauf haben kann. Oktober deshalb, weil in den USA die Präsidentschaftswahlen stets Anfang November stattfinden und der Wahlkampf im Oktober in die heißeste Phase geht.

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Kamala Harris und Donald Trump befinden sich in der Schlussphase im Rennen um das Weiße Haus.Bild: AP / Mark Schiefelbein

In der Vergangenheit zeigte sich, dass solche Ereignisse oft die Umfragewerte beeinflussten. Ob sie jedoch tatsächlich den Wahlausgang verändert haben, ist umstritten.

Allan Lichtman aber hält Umfragen für nicht-entscheidende Momentaufnahmen. Er ist überzeugt davon, dass der Ausgang einer Wahl von viel größeren Faktoren abhängig ist. "Der größte Mythos in der US-Politik ist die 'Oktober-Überraschung'", sagt Allan Lichtman im Interview mit der "Zeit". Er habe in 40 Jahren seine Vorhersagen immer vor Oktober getroffen und niemals geändert.

Lichtman ist bekannt dafür, dass er neun Wahlausgänge bei den US-Präsidentschaftswahlen richtig vorhergesagt hat. Mitunter wird er deshalb als "Nostradamus" der US-Politik bezeichnet.

US-Historiker Allan Lichtman: "Es geht ums Regieren"

Für seine Vorhersagen hatte der Politikwissenschaftler und Professor an der American University gemeinsam mit dem sowjetischen Seismologen Wladimir Keilis-Borok ein Modell entwickelt. Es basiert auf 13 Faktoren, an denen er die Kandidat:innen misst. Grundlage dafür waren Daten von 120 Jahren US-Wahlgeschichte.

Dazu zählen Faktoren wie die Wirtschaftslage, Außenpolitik oder etwa abstrakte Dinge wie Skandale. "Meine keys, wie ich sie nenne, spiegeln wider, wie Wahlen in den USA funktionieren: Es ist eine Abstimmung über die Stärke und Leistung der Partei im Weißen Haus", sagt Lichtman im Interview mit der "Zeit".

Die 13 Schlüssel folgen nicht einzelnen Ereignissen des Wahlkampfs. Tatsächlich habe er seine Vorhersage diesmal bewusst vor der vermeintlich so wichtigen TV-Debatte zwischen Kamala Harris und Donald Trump veröffentlicht, um die Funktion der Faktoren zu demonstrieren: "Es geht ums Regieren, nicht um den Wahlkampf."

Die sogenannten keys berücksichtigen also das "große Ganze". "Die Wirtschaft wird nicht plötzlich in eine Rezession stürzen; massive, anhaltende Unruhen kommen nicht aus dem Nichts, und die Kandidaten werden nicht plötzlich zu anderen Menschen. Die Schlüssel bleiben die verlässlichen Grundlagen", sagt er.

US-Wahl: Kamala Harris ist der Sieg laut "Nostradamus" Lichtman sicher

Doch was ist mit großen kurzfristigen Ereignissen, wie dem zweiten Attentatsversuch auf Trump? Immer wieder wird behauptet, dass Geschehnisse wie diese alles ändern könnten. Dem Historiker zufolge gibt es aber immer etwas, was eine Wahl einzigartig macht: "Als Barack Obama 2008 gewann, sagten meine Kritiker: Es gab noch nie einen Schwarzen, der für eine große Partei als Präsident kandidiert hat. Amerika ist nicht bereit dafür. Ich solle meine Prognose ändern."

2016 wiederum gab es den Skandal um Trump und die Aufnahmen, auf denen er darüber sprach, Frauen sexuell zu belästigen. Er erinnert: "Viele sagten: Er ist erledigt. Ich blieb in beiden Fällen bei meiner Vorhersage."

Auf Grundlage seiner Methode ist er sich "sehr sicher", dass die Demokratin Kamala Harris die Wahl im November gegen den Republikaner Donald Trump gewinnt. Im Gespräch mit der "NZZ" verriet er: "Wenn sich sechs oder mehr Schlüssel gegen die Regierungspartei wenden, wird sie verlieren. Wenn nicht, wird sie gewinnen." Harris hat laut Lichtman bereits acht der 13 Schlüssel für sich entschieden. Damit könne Trump nichts mehr tun, was den Wahlausgang ändern könnte.

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