Donald Trump erwiderte den Handschlag von Kamala Harris zu Beginn der TV-Debatte.Bild: AP / Alex Brandon
USA
Sie kam, sie sah und sie setzte alles in Brand. Kamala Harris geht laut US-Medien als klare Siegerin aus dem TV-Duell gegen Donald Trump hervor. Selbst der konservative US-Sender Fox News gesteht die Niederlage des Republikaners ein.
Harris glänzte mit einer soliden Debatten-Leistung. Es könnte für die 59-Jährige scheinbar kaum besser laufen. Doch Trump abzuschreiben, wäre ein Fehler.
Zum ersten Mal stand Harris gemeinsam mit ihrem Rivalen auf einer TV-Bühne. Rund 90 Minuten lang lieferten sich die beiden US-Präsidentschaftskandidat:innen ein erbittertes Duell in Philadelphia – was mit einem Handschlag beginnt, wird zu einem gnadenlosen Wortgefecht ums Weiße Haus.
Was für Harris gut lief im TV-Duell
Nach ihrem Blitzstart als Kandidatin profitierte Harris über Wochen allein vom Enthusiasmus in ihrer Partei. Nach quälenden Debatten um Joe Biden gab es nun etwas Aufbruch. Bislang bewegte sie sich aber fast komplett in einem geschützten Raum aus choreografierten Wahlkampfauftritten, mit Skript und doppeltem Boden.
Allein, ohne Spickzettel oder anderen Beistand, mit Trump auf der Debatten-Bühne zu stehen, war für die 59-Jährige eine wichtige Bewährungsprobe. Die hat sie bestanden. Sie trat souverän auf, sprach langsam, formulierte klare Botschaften, verhaspelte sich nicht, ließ sich von Trump nicht aus dem Konzept bringen und platzierte viele verbale Attacken, ohne Regeln des Anstands zu verletzen.
Kamala Harris traf zum ersten Mal auf Donald Trump auf einer TV-Bühne.Bild: imago images / Michael Le BrechtxII
Laut der britischen Zeitung "The Telegraph" ist Trump auf Harris' Strategie hereingefallen. Sie sei keine besonders klare Kommunikatorin und verwendete in der Debatte wenig Zeit darauf, über ihre wichtigsten politischen Vorhaben zu sprechen. "Aber sie hat etwas erreicht, was sämtliche Gegner:innen Donald Trumps seit seiner ersten Kandidatur im Jahr 2016 zu erreichen versuchten: Sie hat ihn lächerlich gemacht", heißt es.
Ihre Stärke lag darin, dass sie verstanden hat, wie sehr Trump, ein Mann, den sie während des Wahlkampfs bisher nicht persönlich getroffen hatte, es hasst, gedemütigt zu werden.
In einer Blitzumfrage des Senders CNN sahen 63 Prozent der Befragten Harris als Siegerin – gegenüber 37 Prozent für Trump.
Aber laut "The Telegraph" fällt es schwer, Harris zur Gewinnerin einer politischen Debatte zu küren, in der sie so wenig über ihr eigenes Programm gesagt hat. Aber ihre Angriffstaktik hat ihr an diesem Abend den Sieg beschert. Trump ist voll darauf hereingefallen."
Warum Harris' Wahlsieg nicht sicher ist
Acht Wochen bis zur Wahl: Das ist wenig Zeit – und doch viel, wenn es darum geht, mögliche Fehler zu machen. Es ist schwer vorstellbar, dass die 59-Jährige die verbleibenden Wochen ohne Stolperer übersteht. Noch dazu, weil sie in ihrer bisherigen Rolle als Vizepräsidentin viel patzte und wenig punktete.
Außerdem ist nicht ausgeschlossen, dass noch Unvorhergesehenes passiert, was der Biden-Harris-Regierung angelastet werden könnte: von der Wirtschaft bis zur Außenpolitik.
Vor allem aber ist das Rennen gegen Trump Umfragen zufolge extrem knapp, und beide Kampagnen müssen um jede Stimme kämpfen. In einer aktuellen Umfrage gaben 28 Prozent der Befragten an, sie wüssten nicht genug über Harris – bei Trump lag dieser Wert bei 9 Prozent.
Während den meisten Menschen in den USA klar ist, was sie von dem Republikaner erwarten können, sind Harris und ihre Positionen weit mehr Menschen unbekannt. Das ist ein ernstes Problem für Harris, das sie bei dem TV-Duell keineswegs beseitigt hat.
Was für Trump gut lief im TV-Duell
Der 78-Jährige ist bei Auftritten oft ungehalten und überzieht seine politischen Gegner mit Beleidigungen unter der Gürtellinie. Während des TV-Duells hielt er sich damit zurück.
Trump war zwar keineswegs handzahm – er äußerte sich wie immer besonders abfällig über Migrant:innen und fasste Harris nicht mit Samthandschuhen an. Doch Trumps giftige Attacken gegen seine Kontrahentin uferten nicht in herabwürdigende Beleidigungen aus.
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Der Ex-Präsident ist sonst nicht schüchtern, wenn es um rassistische und sexistische Beleidigungen geht. Und gewiss, er wirkte etwas verdutzt, als Harris ihm zu Beginn der Debatte die Hand reichte – doch er erwiderte den Handschlag. Der Republikaner ließ dann zwar kein gutes Haar mehr an Harris. Doch für Trump-Verhältnisse war der Auftritt des Ex-Präsidenten auf der TV-Bühne in Philadelphia fast schon zivilisiert.
Trumps Frauenproblem
Auch wenn Trump es vermied, Harris mit sexistischen Kommentaren zu überziehen, wurde das Problem des Republikaners mit Wählerinnen an diesem Abend dennoch offenbar. Denn ihre Unterstützung für Harris untermalte Taylor Swift mit einem Foto, auf dem sie eine Katze im Arm hält.
Damit spielt sie auf Trumps Vizekandidaten J.D. Vance an, der demokratische Politikerinnen, darunter Harris, einst als "kinderlose Katzen-Frauen" bezeichnet hatte. Und genauso unterschrieb Swift dann auch ihren Instagram-Beitrag: "Mit Liebe und Hoffnung, kinderlose Katzen-Frau."
Umfragen zeigen, dass Trump, der wegen eines sexuellen Übergriffs zu einer Geldstrafe in einem Zivilverfahren verurteilt wurde, gerade bei Frauen die Unterstützung fehlt. Sogar seine einstige Konkurrentin im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur fühlte sich jüngst zu einem Ratschlag im US-Fernsehen bemüßigt.
"Donald Trump und J.D. Vance müssen die Art und Weise ändern, wie sie über Frauen sprechen", sagte Nikki Haley. Man müsse nicht über Intelligenz oder Aussehen reden, sondern sich nur auf die politischen Inhalte konzentrieren.
Warum man Trump dennoch nicht abschreiben darf
Möglicherweise hat Trump sich Haleys Rat für das TV-Duell zu Herzen genommen. Aber so oder so: Trotz einer Verurteilung in einem Strafverfahren, mehrerer Anklagen, offenkundiger Lügen und derber Beleidigungen genießt Trump unter Wähler:innen im Land eine anhaltend große Unterstützung.
Aktuell ist schwer vorstellbar, welches Verhalten Trump-Anhänger:innen von ihrem Kandidaten abbringen könnte. Sowohl Harris als auch Trump bleibt im Wahlkampf nur, sich beim Stimmenfang auf die Unentschlossenen zu konzentrieren.
(Mit Material der dpa)
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