Die "woke" Gesellschaft ist eines der Feindbilder von US-Präsident Donald Trump. Dass er es damit ernst meint, hat er bereits mit mehreren Entscheidungen während der vergangenen Wochen gezeigt, etwa durch Einschränkungen für trans* Personen im Militär oder die Abschaffung von Programmen zu Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion (DEI).
Hier gilt offenbar das Motto "Aus den Augen, aus dem Sinn."
Eine Folge dieser Entscheidungen ist nun eine massive Löschaktion des US-Verteidigungsministeriums: Mehr als 26.000 Bilder und Online-Beiträge sollen von den Plattformen des Militärs entfernt werden. Darunter befinden sich historische Aufnahmen und bedeutende Meilensteine von Frauen und Minderheiten im Militär. Einige waren offenbar schlicht zu "schwul".
Eine von der Nachrichtenagentur AP veröffentlichte Datenbank zeigt, dass die Bilderlöschung alle militärischen Zweige betrifft. Laut einer anonymen Quelle könnte die Zahl der gelöschten Inhalte am Ende auf bis zu 100.000 ansteigen. Es betrifft nicht nur Fotos, sondern auch Artikel, Videos und Social-Media-Seiten sowie andere Plattformen, die durchforstet werden.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth setzte eine Frist bis Mittwoch, um alle Inhalte zu entfernen, die die Bemühungen um Vielfalt und Inklusion im Militär hervorheben. "DEI ist tot", hatte Hegseth erklärt. Er argumentierte, dass solche Programme die "Kameradschaft gefährden" und die militärische Mission schwächen würden.
Besonders brisant: Viele der gelöschten Inhalte dokumentierten die Rolle von Frauen und Minderheiten in der US-Armee. Betroffen sind unter anderem Bilder der Tuskegee Airmen – der ersten schwarzen Militärpiloten der USA, die im Zweiten Weltkrieg dienten.
Außerdem werden zahlreiche Posts gelöscht, in denen verschiedene Gedenkmonate erwähnt werden – etwa die für Schwarze, Hispanics und Frauen.
Generell sind den Entscheidern Frauen im Militär offenbar ein Dorn im Auge. Auch dann, wenn sie wichtige Errungenschaften zu verzeichnen haben.
Fotos von ihnen stehen ebenfalls auf der Liste. Darunter ein Bild von Christina Fuentes Montenegro, die als eine der ersten Frauen das Infanterietraining der Marine absolvierte. Ebenfalls betroffen: ein Foto von Colonel Jeannie Leavitt, der ersten weiblichen Kampfpilotin der US-Luftwaffe.
Doch es sind nicht nur explizit mit Vielfalt verbundene Inhalte betroffen. Einige Fotos sind offenbar allein wegen bestimmter Schlagwörter zur Löschung markiert worden zu sein. So wurde ein Bild des B-29-Bombers "Enola Gay" – des Flugzeugs, das die erste Atombombe über Hiroshima abwarf – mutmaßlich entfernt, weil es das Wort "Gay" enthielt.
Auch Bilder von Soldaten mit dem Nachnamen "Gay" oder wissenschaftlichen Projekten, die sich mit Fischgeschlechtern befassen, tauchen in der Datenbank auf.
Unterdessen sorgt die Umsetzung des Erlasses dem Bericht zufolge für Verwirrung. Eine genaue Liste der zu entfernenden Inhalte gibt es offenbar nicht, wodurch manche historischen Bilder zunächst verschwinden, dann aber teils wiederhergestellt werden. Beispielsweise entfernte die US-Luftwaffe nach Trumps Anweisung 2020 ein Video, das die Tuskegee Airmen würdigte. Nach massiver Kritik wurde das Material jedoch wieder veröffentlicht.
Auch aktuell sind manche der gelisteten Bilder noch online. So war ein Bild einer rein weiblichen C-17-Besatzung noch abrufbar, während andere Inhalte, darunter ein Beitrag über Schwarze Pioniere im Ingenieurwesen, bereits entfernt wurden. Warum einige Bilder gestrichen werden und andere nicht, bleibt dem Bericht von AP zufolge unklar.
Auf Anfrage zu der Datenbank erklärte Pentagon-Sprecher John Ullyot: "Wir freuen uns über die schnelle Einhaltung der Richtlinie zur Entfernung von DEI-Inhalten von allen Plattformen durch das gesamte Ministerium." Sollte es dabei zu versehentlichen Löschungen kommen, würden diese überprüft und gegebenenfalls korrigiert.
Besonders kurios: Die gesamte US-Marine hat demnach nur eine einzige zivile Angestellte, die für das Entfernen von Online-Inhalten zuständig ist. Sie habe bislang 10.000 Bilder und Berichte identifiziert, von denen nach weiterer Prüfung 3.600 gelöscht wurden. Auf Social Media gibt es laut AP noch über 1.600 inaktive Seiten, die ebenfalls betroffen sein könnten – allerdings herrscht diesbezüglich Chaos. Offenbar fehlen oft die Administrationsrechte, um dort Änderungen vorzunehmen.
Ob die entfernten Inhalte langfristig archiviert werden, bleibt fraglich. Laut einem Insider liegt die Verantwortung für die Archivierung bei den einzelnen Militäreinheiten. "Viele machen Screenshots, aber eine Rückführung der Inhalte wäre extrem schwierig", sagt eine Quelle laut AP.
Das Pentagon ordnete bereits am 26. Februar an, dass alle militärischen Abteilungen ihre Inhalte durchsehen und alles entfernen müssen, was mit Vielfalt, Gleichberechtigung oder Inklusion in Verbindung gebracht werden kann. Falls sie es nicht rechtzeitig schaffen, sollen vorsorglich alle Inhalte aus den vier Jahren der Biden-Regierung vorübergehend offline genommen werden.