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USA: Trump und Musk schocken die Welt – warum die Demokraten schweigen

Donald Trump und Elon Musk bedrohen die Demokratie in den USA.
Donald Trump und Elon Musk bedrohen die Demokratie in den USA.Reuters, Imago/MediaPunch, Getty/Techin24
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USA: Trump und Musk attackieren die Demokratie – wo bleibt der Aufschrei?

04.03.2025, 14:08
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Der Eklat zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus ist ein Wendepunkt für die transatlantischen Beziehungen. Er zeigt: Die USA sind kein verlässlicher Partner mehr für Europa und wohl auch nicht mehr der Anführer der freien Welt.

Außenpolitisch zieht sich die Trump-Regierung von ihren einstigen Verbündeten zurück, hin zu Autokraten wie Kreml-Chef Wladimir Putin.

Seit der Rückkehr Trumps ins Weiße Haus fällt die US-Demokratie gefühlt wie ein Kartenhaus vor den Augen der Welt zusammen.

Tech-Milliardär Musk und sein Team erhalten Zugriff auf sensible Daten in verschiedenen Bundesbehörden des Landes. Es werden zahlreiche Regierungsmitarbeitende entlassen. Besonders hart trifft es die Entwicklungsbehörde USAID. Musk beschreibt die Organisation als "kriminell"; es sei an der Zeit, dass "sie stirbt". Dabei rettet sie das Leben von Millionen Menschen, warnen Expert:innen.

USA: Donald Trump und Elon Musk bauen die Regierung radikal um

Nach Trumps Amtseinführung am 20. Januar unterzeichnete er Dekrete wie am Fließband. Sein Ziel laut "Reuters": Die US-Bundesregierung umzugestalten und zu verkleinern.

Zu diesen Maßnahmen gehören etwa die Entlassung oder Versetzung von Hunderten von Beamt:innen und die Abschaffung von Aufsichtsbehörden. Die Trump-Regierung verkauft es als "Krieg gegen die Bürokratie", Kritiker:innen sehen darin eine gefährliche Umgestaltung der Regierung zugunsten des 78-Jährigen.

20.02.2025, USA, Oxon Hill: Elon Musk hält eine Kettensäge hoch, die er vom argentinischen Präsidenten Javier Milei (r) erhalten hat, als sie auf der Conservative Political Action Conference (CPAC) im ...
Elon Musk droht der US-Bürokratie mit der Kettensäge.Bild: AP / Jose Luis Magana

Denn: Die Entlassungen machen den Weg frei, um unabhängige Kontrolleur:innen durch loyale Gefolgsleute zu ersetzen. Der offizielle X-Account des Weißen Hauses postet ein KI-Bild von Trump als König. Der spricht schon von einer dritten Amtszeit, obwohl das verfassungswidrig wäre.

Weder der Kongress noch der Oberste Gerichtshof werden Trump wirklich bremsen können, warnt USA-Experte Thomas Zimmer im "ARD-Weltspiegel". Ihm zufolge sollte man das als einen Regime-Wechsel beschreiben.

In Europa schaut man entsetzt über den Atlantik und fragt sich: Wo bleibt der Aufschrei im Land?

Trump wälzt die USA um: kein Wort von Obama, Harris oder Biden

Nach dem Eklat zwischen Trump und Selenskyj melden sich zahlreiche europäische sowie kanadische Staatschefs, Regierungsmitglieder und Außenminister:innen zu Wort, um ihre volle Unterstützung für die Ukraine auszusprechen. Bei vielen einflussreichen Demokrat:innen herrscht ohrenbetäubende Stille.

Weder ein Wort von Barack Obama, Joe Biden noch von Kamala Harris. Es wirkt, als verliehen allein Alexandria Ocasio-Cortez und Bernie Sanders der Opposition noch einen Herzschlag. Immer wieder warnen sie aktiv auf Social Media vor Trump.

Auch einige wenige demokratische Abgeordnete üben öffentlich Kritik – wie etwa Seth Moulton, der Trump als "Putins Puppe" im CNN-Gespräch bezeichnet. Maine's Gouverneurin Janet Mills stellt sich Trump entschieden entgegen, als er ihr öffentlich droht. Doch was ist mit der Parteiführung?

"Die Demokratische Partei steht auf nationaler Ebene immer noch unter Schock und ist verwirrt über ihr schlechtes Abschneiden bei den Präsidentschaftswahlen 2024", sagt US-Politikwissenschaftler William F. Hall auf watson-Anfrage.

Demokraten kehren Scherben nach Trump-Sieg zusammen

Hall zufolge arbeiten die Demokraten gerade eifrig daran, sich neu aufzustellen. "Sie brauchen eine neue gewinnbringende Botschaft und müssen erfahrene politische Talente an Bord bringen, um die Partei zu stärken", sagt der Professor von der Webster University.

Er geht davon aus, dass die Demokraten derzeit einen "sehr ernsthaften, tiefgreifenden Prozess der Selbstfindung" durchleben. "Soul searching", so beschreibt es Hall. Dabei müsse die Partei herausfinden, wer ihre wichtigste Wählerschaft sei und wie sie diese in Zukunft (wieder) erreichen könne.

Aber auch bei den demokratischen, liberalen Kräften im Land fragt man sich: Wo sind sie? So kam es bei der ersten Amtszeit Trumps (2017 bis 2021) zu großen Protesten.

USA: Viele kleine Proteste gegen Trump und überforderte Medien

"Es gibt einen Aufschrei und viele Proteste, aber keinen vereinten großen Protest, sondern ganz viele unterschiedliche, die gezielt auf verschiedene Aktionen reagieren", sagt USA-Expertin Rachel Tausendfreund auf watson-Anfrage.

Ihr zufolge bekommt man von den Protesten wenig mit, weil die Medien damit beschäftigt sind, über die Trump-Regierung zu berichten. "Es bleibt also weniger Zeit und weniger Platz in den Zeitungen, um über Proteste zu berichten", sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Sie führt aus:

"Seit Anfang Februar gab es im ganzen Land zahlreiche Proteste, von denen einige so koordiniert waren, dass sie im ganzen Land zur gleichen Zeit stattfanden. Darunter ein Protest am Tag des Präsidenten am 17. Februar mit einigen Tausend Teilnehmern, aber auch Proteste zur Verteidigung von USAID."

Tausendfreund zufolge liefert die Trump-Regierung reichlich Zündstoff für Proteste und so sind sie bisher gespalten und richten sich gegen verschiedene Aspekte der Politik.

Protesters line Main Street in Waitsfield, Vt., to protest Vice President JD Vance's visit on Saturday, March 1, 2025. (Erin Minichiello via AP).
Nach dem Eklat im Weißen Haus protestieren US-Bürger:innen in Vermont.Bild: Erin Minichiello / Erin Minichiello

Auch die Presse sei damit beschäftigt, all die verschiedenen Aktionen von Trump und Musk zu verfolgen und widmet dem "Widerstand" daher wohl weniger Aufmerksamkeit. Nicht zu vergessen: Trump-kritische Medien stehen selbst unter Attacke. Sie werden etwa aus dem Weißen Haus verbannt oder mit Vorwürfen überhäuft, angeblich Millionen von der US-Regierung erhalten zu haben.

Auch die deutschen Medien haben aus Sicht der USA-Expertin nicht über die Proteste berichtet. "Bislang scheint die Strategie des Trump-Teams, die Medien und die Öffentlichkeit mit einer Vielzahl unterschiedlicher Kontroversen zu überhäufen, aufzugehen, da sie die Aufmerksamkeit und die Energie teilt", meint sie.

US-Politikwissenschaftler Hall, der in Missouri lehrt, erwähnt einen weiteren Grund für das Ausbleiben lautstarker, großer Proteste.

Laut US-Experte befinden sich US-Bürger in einer Schockstarre

Ihm zufolge ist es auch ein Ergebnis eines anhaltenden Schockzustands mit einem sehr realen begleitenden Gefühl der Lähmung. Diese "Stille" dürfe man aber keinesfalls als "Zustimmung der extremen konservativen Politik" missdeuten, betont er.

Er weist darauf hin, dass die US-Amerikaner:innen es am Ende immer geschafft haben, sich wieder in die Mitte des politischen Spektrums zu bewegen, "auch wenn es manchmal nach links oder rechts abdriftet".

Hall zufolge ist das Wahlverhalten in den USA geprägt durch ein Auf und Ab der Bejahung und Ablehnung politischer Ideologien, die vom Konservativismus bis zum Liberalismus reichen. So erkenne man seit 1948 verschiedene, ausgeprägte Zyklen ideologischer Schwankungen. "Sie waren schon immer ein beständiges Merkmal der amerikanischen Politik", führt der US-Professor aus.

Die derzeitige extrem konservative US-Politik könnte als Überreaktion auf eine Periode des extremen "Liberalismus" betrachtet werden, die zuletzt unter der vorherigen Biden-Regierung zu beobachten war, meint Hall.

Er führt aus:

"Seit 1776, also über einen Zeitraum von fast zweieinhalb Jahrhunderten, haben sich das amerikanische Gemeinwesen und seine Bevölkerung in Bezug auf den politischen Extremismus innerhalb der 'Fehlertoleranz' bewegt."

Hall ist davon überzeugt, dass das Pendel, obwohl es unter Trump eine Zeit des extrem reaktiven Konservatismus gibt, wieder in die Mitte zurückfinde. Zurück zur erfolgreichen und ausgewogenen Politik der Mitte, die den USA stets eine starke Wirtschaft, eine sichere Verteidigung des Landes, eine hohe Lebensqualität sowie Freiheit brachte.

Die Frage ist allerdings, ob Trump mit seiner fortschreitenden Aushöhlung der Demokratie das Pendel nicht einfach durchbrechen wird, um die USA an autokratischen Ufern dauerhaft stranden zu lassen.

Söder bezeichnet NGOs als "Kraken" – warum das problematisch ist

Wenn sich Markus Söder (CSU) einmal auf jemanden eingeschossen hat, lässt er kaum eine Gelegenheit aus, seine Abneigung zu zeigen. Die Grünen dürften sich schon längst an die Hass-Tiraden des bayerischen Ministerpräsidenten gewöhnt haben. Söders Groll richtet sich nicht nur gegen die Partei an sich, besonders Vize-Kanzler Robert Habeck bekommt regelmäßig sein Fett weg.

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