Manuel Fernandez ist stolz darauf, seine Zugehörigkeit zur Demokratischen Partei in einem Staat zu zeigen, der doch eigentlich strikt republikanisch ist.Bild: watson.ch
USA
Mit nur 19 Jahren ist Manuel Fernandez einer der jüngsten und beharrlichsten Demokraten in Florida. Als treuer Anhänger von Kamala Harris und Joe Biden und Vorsitzender der Demokraten am Miami Dade College hat er keine Scheu, seine Überzeugungen in einem Staat kundzutun, der weitgehend für die Sache Trumps eintritt. Ein Porträt.
marine brunner, kendall (florida), watson.ch
Manuel, "Manny", hat sich mit uns in einem Starbucks in der Nähe verabredet. Man erkennt ihn schon von weitem, den 19-jährigen Mann mit der schlanken Figur und dem schmalen Gesicht, das unter einer hellblauen Cap verloren wirkt.
"Ich dachte, Starbucks ist ein bisschen formeller als McDonald's, oder?"
Unsere Wege hatten sich drei Wochen zuvor zum ersten Mal in einer Bar in Kendall gekreuzt, einer Kleinstadt südlich von Miami mit 78.000 Einwohner:innen, bei einer Veranstaltung für die Latino-Demokraten des Bezirks.
Der junge Mann gehörte zu den Organisatoren. Etwas an dem Elan und der Leidenschaft dieses Jurastudenten hatte uns beeindruckt.
Manuel Fernandez zeigt stolz seine demokratischen Farben.Bild: watson.ch
Nach dem ersten Schluck Kaffee fragen wir ihn, wie er sich wenige Tage vor dieser historischen Präsidentschaftswahl fühlt. Ist er zuversichtlich? Aufgeregt, ängstlich? "Super ängstlich", gibt Manuel zu, während er an einem der Ringe an seinem Ringfinger nestelt. Die letzten Umfragen geben ihm recht. Zehn Tage vor der Wahl liefern sich Donald Trump und Kamala Harris ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die Wahl scheint außerordentlich knapp zu werden.
Als alles begann
Wie bei vielen seiner Landsleute wurde auch bei Manuel Fernandez das Interesse an der Politik an einem Tag im Juni 2015 geweckt. Ein Milliardär aus New York fuhr die goldene Rolltreppe im Trump Tower hinunter, um seine Kandidatur für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten bekannt zu geben.
Damals war Manny erst elf Jahre alt. Aber die Bilder von Donald Trump haben bei ihm einen tiefen Eindruck hinterlassen. "Was er über lateinamerikanische Migranten gesagt hat, die er auf Mörder und Vergewaltiger reduziert hat, war ein Schock", gesteht der Mann aus Florida, der selbst betroffen ist, da seine Eltern in den 1980er Jahren aus Kuba ausgewandert sind.
Von der Mütze bis zu den Socken: Mannys politische Einstellung ist nicht zu übersehen.Bild: watson.ch
Seine Mutter, Krankenschwester, und sein Vater, Mechaniker, hatten 2008 und 2012 für Barack Obama gestimmt. Beide sind eher Demokraten, auch wenn "zu Hause nie viel über Politik gesprochen wurde", sagt Manuel. "Sie haben mir die Freiheit gelassen, mir meine eigene Meinung zu bilden. Ich sehe so viele Jugendliche in meinem Alter, die von ihren Eltern indoktriniert aufwachsen und Republikaner werden, bevor sie sich selbst überhaupt die Frage stellen."
Im Jahr 2016 sieht Manuel Fernandez mit Bestürzung, wie Donald Trump ins Weiße Haus einzieht.
"Ich war noch sehr jung und wusste nur ungefähr, was eine politische Partei überhaupt ist. Aber ein Teil von mir hatte die Tragweite dieses Moments verstanden."
Der Wendepunkt
Dreieinhalb Jahre später trifft die Covid-19-Pandemie die Welt und Mannys Alltag mit voller Wucht. Er ist gerade erst in die Highschool gekommen. Fast sechs Monate lang wird er keinen Fuß mehr in die Schule setzen, da er sich im Lockdown befindet. Eine "grauenhafte" Zeit, wie er sagt, die ihn "völlig aus der Bahn geworfen" hat.
Zwischen zwei Unterrichtsstunden über Zoom verfolgt der eingesperrte Teenager – obwohl er noch nicht im wahlberechtigten Alter ist – die Vorwahlen und die ersten Präsidentschaftsdebatten mit Leidenschaft: "Ich habe mir die republikanische Debatte angesehen, aber die Kandidaten waren für meinen Geschmack zu aggressiv. Ich konnte mich in ihren Ideen nicht wiederfinden. Die der Demokraten hingegen gefielen mir auf Anhieb." Manuel hat eine Partei gefunden. Und einen Favoriten.
"Ich bin ein Joe-Biden-Fan der ersten Stunde. Er war von Anfang an mein Favorit. Seine Geschichte, seine Karriere, die Tragödien, die er überstanden hat. Dieser Mann ist unglaublich."
Manuel, der immer noch davon überzeugt ist, dass Joe Biden die Präsidentschaft gewonnen hätte, wenn er 2016 gegen Trump angetreten wäre.
Gut für ihn, denn sein Lieblingskandidat gewinnt die Vorwahlen der Demokraten und dann am 3. November 2020 das Präsidentschaftsrennen gegen den ehemaligen Präsidenten Donald Trump. Die Freude währt jedoch nur kurz. Es war der Beginn von zwei Monaten voller Angst, in denen er nur "drei bis vier Stunden" pro Nacht schlief und angespannt auf die Bestätigung der Ergebnisse wartete.
"Ich bin völlig verrückt geworden. Ich verbrachte meine gesamte Zeit damit, Nachrichten zu lesen."
"Es war absolut notwendig, dass die Wahlergebnisse bestätigt wurden", erinnert er sich. "Und zu diesem Zeitpunkt hatten wir keine Gewissheit, dass dies der Fall sein würde. Trump war noch Präsident und konnte mehr oder weniger tun und lassen, was er wollte. Glücklicherweise haben eine Handvoll integrer Republikaner ihre Pflicht erfüllt und sich geweigert, sich seinem Willen zu beugen."
Der Sieg von Joe Biden im November 2020 bedeutete nicht das Ende von Manuels Sorgen.Bild: watson.ch
Als am 6. Januar 2021 in Washington der Sieg von Präsident Joe Biden offiziell verkündet wird, verfolgt Manuel die Ereignisse von seinem Computer und seinem Deutschkurs aus. Der Akku des Laptops versagt. Kurz darauf auch der seines Handys. Genau in dem Moment, als die Randalierer den Sturm auf das Kapitol beginnen. Manuel schaudert noch immer, wenn er an diese Erinnerung zurückdenkt.
"Ich bin völlig hilflos nach Hause gerannt. Meine Mutter war außer sich, als sie mich sah. Sie hatte verfolgt, was passiert war und konnte mich nicht erreichen", erinnert er sich.
"Die Lage war sehr ernst. Zu diesem Zeitpunkt war schlichtweg nicht klar, ob das Land in einen Bürgerkrieg geraten würde."
Der Ausgang ist bekannt. Das Wahlergebnis wird schließlich beglaubigt und Joe Biden zum 46. Präsidenten gewählt. Diese Ereignisse markieren den Beginn des politischen Engagements von Manuel Fernandez.
Ein angehender Politiker
Seitdem studiert der 19-Jährige am Miami Dade College, wo er den Vorsitz der Demokratischen Hochschulgruppe innehat. "Ich bin der 'political guy' im Raum", gibt er zu, "der sich für aktuelle Ereignisse und internationale Politik interessiert, vom Krieg in der Ukraine bis zu den jüngsten Wahlen in Venezuela. Ich nerve jeden mit Politik."
Auf die Frage, ob er sich als Demokrat inmitten eines Staates, der zunehmend republikanischer wird, nicht manchmal etwas einsam fühle, zuckt er mit den Schultern.
"Ich werde weiterhin darüber sprechen. Ich habe kein Problem, mit Menschen zu diskutieren oder sie gegen mich aufzubringen."
Neben seinem Jurastudium, das er vor einem Jahr begonnen hat, engagiert er sich auf lokaler Ebene in der Politik und sitzt seit kurzem im Gemeinderat seiner Stadt. "Als ich das erste Mal bei einer Sitzung das Wort ergriff, schauten mich die Leute an und fragten: 'Wer ist denn dieser Junge?'"
Fernandez, hier bei der Vereidigung, bevor er in den Gemeinschaftsrat der Zone 11/16 von Kendall einzieht.Bild: watson.ch
"Der Schlüssel, um sich Respekt zu verschaffen, liegt darin, zuzugeben, dass man nicht alles weiß. Zum Beispiel muss ich noch viel über Fundraising lernen. Man muss bescheiden bleiben", sagt der Akademiker, dessen Engagement für die Partei dazu geführt hat, dass er im August als Delegierter zum Nationalkonvent der Demokraten in Chicago geschickt wurde, um an der Nominierung der Vizepräsidentin Kamala Harris teilzunehmen.
Manuel gehörte zu den Delegierten, die an der Nominierung von Kamala Harris im August teilnahmen.Bild: instagram / Manuel Fernandez
Bei dieser Gelegenheit konnte er einen Blick auf all seine Idole werfen, von Barack Obama über Joe Biden bis hin zu Kamala Harris. Er ist immer noch aufgeregt und zeigt uns Fotos von der Veranstaltung auf seinem iPhone. "Als ich sah, wie Joe Biden sprach, ja, da habe ich geweint", gibt er zu. "Seine Rede markierte das Ende von etwas. Als ich jedoch Kamala Harris hörte, vergoss ich keine einzige Träne. Da war zu viel Freude, zu viel Hoffnung."
Ein erster Schritt in die Politik. Bevor ihn seine Ambitionen vielleicht viel weiter nach vorne bringen. In Mannys dunklen Augen liegt ein entschlossener Ausdruck. Seine Stimme ist ruhig, sein Charisma offensichtlich.
"Eines Tages werde ich Präsident der Vereinigten Staaten sein."
"Ich möchte wirklich Einfluss auf das Leben der Menschen nehmen", sagt der aufstrebende Politiker, bevor er sein Programm mit einer für sein Alter verblüffenden Selbstsicherheit und Schlagfertigkeit vorstellt. Man möchte ihm glauben, wenn er vom "Ausbau der Infrastruktur" wie dem Busnetz, der medizinischen Versorgung der Amerikaner:innen oder von Lösungen für den Klimaschutz spricht – "das wird über die Atomenergie funktionieren", sagt er.
Alles zu seiner Zeit. Manuel hat noch 16 Jahre vor sich, bevor er in das Weiße Haus einziehen kann. Zunächst strebt er nach Abschluss seines Studiums eine Wahl zu einem Abgeordneten im Kongress oder Senat an.
Manuels Auto verfehlt seine Wirkung nicht. Er behauptet, noch nie belästigt worden zu sein.Bild: watson.ch
Während wir ihn zu seinem Auto bringen – auch dieses ist natürlich in den Farben von Kamala Harris und ihrem Mitbewerber Tim Walz gehalten –, erzählt uns der junge Mann von seinen Plänen für den Wahlabend. "Ich organisiere mit anderen Demokraten einen Abend in der Kendall Grill Bar. Das Essen ist köstlich, die Stimmung ist gut, es wird perfekt sein, um auf die Ergebnisse zu warten. Und dann, falls Kamala verliert ..."
Ja, was, wenn Kamala verliert? "Ich denke lieber nicht daran", sagt er. "Ich weigere mich, darüber nachzudenken."
"Aber egal, was passiert, ich werde weiter für unsere Demokratie, für unsere Verfassung kämpfen."
Mit diesem feierlichen Versprechen macht er sich auf den Weg, um sich einer Gruppe demokratischer Freiwilliger anzuschließen. An Türen klopfen, mit dem Auto durch die Stadt fahren, Plakate malen. In den nächsten Tagen gibt es noch viel zu tun. Und die Bemühungen von Manuel Fernandez haben gerade erst begonnen.