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USA: Maga-Bewegung von Trump spaltet Familien – auch in Deutschland

April 10, 2024, Atlanta, Georgia, USA: Wearing his signature red baseball cap with slogan Make America Great Again former American President DONALD J. TRUMP, 77, greets crowd as he arrives at on his p ...
Wichtig: Donald Trumps Cap "Make America Great Again".Bild: imago / ZUMA Wire
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USA: Wie Donald Trumps Maga-Bewegung Familien zerreißt

25.10.2024, 16:23
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"Make America Great Again" – kurz Maga – der Spruch, den der ehemalige US-Präsident Donald Trump in seinem Wahlkampf 2015/2016 entscheidend geprägt hat. Doch auch Ronald Reagan war bereits in den 80ern mit dem Wahlkampfslogan in Verbindung gebracht worden.

Kurzum: Die konservativen Republikaner wollen zurück zum Ursprung, zurück zu dem Amerika, das noch "great" war – in ihren Augen. Also mehrheitlich gegen Abtreibungen, gegen die Stärkung von Frauenrechten, gegen LGBTQI+ – gegen Progression.

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Als der damals scheidende Trump 2021 den Sturm aufs Kapitol herbeiführte, wurde seine herangezüchtete Maga-Bewegung dann weltweit so richtig populär. Wie sehr Trump Familien spalten kann, wird am Beispiel Tim Walz deutlich.

Der Running Mate der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hatte über Wochen mit einem Foto eines Teils seiner Familie zu kämpfen. Nach Walz' Nominierung teilte dessen Bruder nämlich deutlich mit, dass er der entgegengesetzten Meinung seiner Politik sei. Kurz darauf war ein entfernterer Teil von Walz’ Familie mit T-Shirts zu sehen, auf denen der Slogan "Walz’s for Trump" prangte. Inzwischen schwächte Walz’ Bruder seine Äußerungen allerdings wieder ab.

Doch auch viele Menschen in Deutschland haben Verwandte oder Freund:innen in den USA, die überzeugt die Werte der Republikaner – oder sogar der Maga-Bewegung – vertreten, und lautstark kundtun. Wie etwa Angehörige von John* oder Sophia*.

"Thema komplett aussparen": US-Politik ist in Johns Familie zu explosiv

John ist gebürtiger US-Amerikaner, hat mittlerweile aber den Atlantik als Puffer zu seinem Herkunftsland geschaffen. Mit seiner deutschen Frau und zwei Kindern lebt er in einer deutschen Metropole und genießt die relative Ruhe im politischen Zirkus hierzulande.

In seiner Familie auf der anderen Seite des großen Teichs "gibt es glücklicherweise viele, die rational denken", erzählt er im watson-Gespräch. Er ist überzeugt, dass "die meisten davon nicht wirklich an eine der vielen Verschwörungstheorien glauben". Allerdings sind damit nicht alle gemeint.

Denn eine seiner Schwestern ist mit einem Mann verheiratet, der "wirklich tief in solchen Erzählungen drin steckt. Er glaubt an die allermeisten Verschwörungstheorien, die durchs Internet schweben".

Die Bandbreite reicht dabei von Trumps Lüge über die angeblich gestohlene Wahl, über die "große Umvolkung", die in Deutschland von der AfD aufgeschnappt wurde, bis hin zu Hunter Bidens Laptop, auf dem die Rechte allerlei Geheimnisse seines Vaters vermutet.

John hat keinen Hebel parat, um Menschen, die Trumps Lügen verfallen sind, wieder einzuordnen. "Ich seh nicht, wie man diese Leute konfrontieren könnte", sagt John. Zumindest in seinem engeren Umfeld hofft er aber, dass im Falle von Trumps erneuter Niederlage niemand "etwas Verrücktes tun würde".

Wie sich die US-Politik seit Donald Trumps erster Bewerbung für das Präsidentenamt entwickelt hat, beschreibt John so: "Enttäuscht", und nach einer längeren Pause fügt er hinzu: "aber nicht überrascht".

Seine Strategie damit umzugehen ist die Vermeidung. Besucht er Freund:innen und Familie in den USA, versuche er "das Thema komplett auszusparen, besonders mit Leuten, die andere Ansichten pflegen als ich".

Vielleicht deshalb, weil er den US-Wahlkampf so gut wie möglich aus seinem Alltag heraushält, findet er mit Blick auf die Zukunft dennoch Hoffnung. "Sie haben Trump schon einmal verlieren sehen. Zumindest hatten sie Zeit, sich an den Gedanken zu gewöhnen."

USA: Sophias Tante sorgt für mulmiges Gefühl bei Familienfeiern

Wenn Sophia Besuch von ihrer Tante aus den USA bekommt, begleitet sie seit einigen Jahren ein komisches Gefühl. Sie mag den Teil ihrer Familie – doch ihre Tante Tina* vertritt einige Ansichten, die Sophia so gar nicht nachvollziehen kann.

Ihre Tante ist in Deutschland geboren, lebt allerdings seit Jahren in den USA, im traditionell republikanischen Bundesstaat South Carolina.

Wenn sie ihre deutsche Familie besucht, kommen nicht selten Themen auf, die stark geprägt von republikanischen Ansichten sind, wie Anti-Abtreibung, LGBTQI+-Feindlichkeit oder Pro-Waffen.

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Floridas republikanischer Gouverneur Ron DeSantis gilt politisch als besonders rechtskonservativ. Bild: www.imago-images.de / IMAGO/Paul Hennessy

"Ich will dann meistens keine große Diskussion vom Zaun brechen", erzählt Sophia im Gespräch mit watson, "aber ich versuche trotzdem, meine Standpunkte vorsichtig klarzumachen". Letztens hörte sie etwa eine Diskussion zwischen ihrer Schwester und ihrer Tante mit, die sich um Plastikflaschen drehte. Der Ansicht ihrer Tante nach seien diese sogar gut für die Umwelt.

"Da habe ich nur meiner Schwester zugeflüstert: 'Du hast jetzt so viel Energie für eine solch banale Diskussion verschwendet. Dabei sollte Tina mal jemand erklären, dass Abtreibungen legal sein sollten'." Denn, dass ihre Tante Abtreibungen für Mord hält, ist in der Familie unlängst bekannt.

Als Sophia vor Kurzem beruflich in den USA war und mit ihrer Tante und einem ihrer Bekannten Essen war, fielen auch Sätze, wie "Es gibt nur zwei Geschlechter" oder "Es sollte keine Maßnahmen gegen Diskriminierung geben, das ist doch dann Rassismus gegen Weiße". Republikanische Parolen – und wissenschaftlich unbelegbarer Schwachsinn.

"Es war ganz schwer für mich, das mitanzuhören", sagte Sophia. Sie arbeitet im Bereich Rassismus und Migration und versuchte daher, mit sachlichen Argumenten die Debatte abzuschwächen. Doch sie kam nicht dagegen an. "Jetzt erzählst du bestimmt, welch schlimmen Republikaner du getroffen hast", sagte der Bekannte stattdessen lachend am Ende. Ein Satz, der Sophia im Gedächtnis geblieben ist.

USA: Der Kulturkampf hat religiöse Züge angenommen

Der Kulturkampf in den USA geht auf politische Brunnenvergifter zurück. Ausgetragen wird er aber überall: im Fernsehen, den sozialen Medien, auf dem Automarkt, in Schulen, Universitäten, Sportstadien und Kirchen. Und oft genug zieht sich der Riss quer durch Familien und Freundeskreise.

Die Parteizugehörigkeit war wegen des Zwei-Parteien-Systems schon immer stark ausgeprägt in den USA. Das Ausmaß, dass es heute erreicht hat, erinnert allerdings stärker an ein religiöses Zugehörigkeitsgefühl.

Nur eine dauerhafte, verantwortungsvolle Politik könnte diesen Spalt wohl jemals kitten. Vor allem auf republikanischer Seite scheint die Kontroverse aber das Businessmodell zu sein. Wie die Erinnerung an den 6. Januar zeigt, ist Trumps Maga-Anhängerschaft aber auch abseits der Macht dazu in der Lage, die USA in die Krise zu stürzen.

* Namen von der Redaktion geändert

Tim Walz im Porträt: Familie, deutsche Vorfahren und seine Verbindung zu China

Tim Walz war bis vor wenigen Monaten selbst für Kenner der US-Politik ein unbeschriebenes Blatt. Erst Anfang August zauberte Kamala Harris den Gouverneur von Minnesota aus dem Ärmel. Der 60-jährige Hobby-Jäger geht als Vize-Präsidentschaftskandidat mit Harris gegen das republikanische Duo ins Rennen und kann mit politischen Erfolgen und seiner nahbaren Persönlichkeit im Wahlkampf punkten.

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