Für Donald Trump läuft es momentan gut – zumindest auf politischer Ebene. Parteiinterne Herausforderer hat er längst abgehängt. Jetzt überholt er auch seinen möglichen demokratischen Gegner Joe Biden laut aktueller Umfragen. Seit dem Krieg in Israel steigen Trumps Umfragewerte, denn in den USA nehmen vor allem junge Menschen Biden dessen Haltung zum Nahostkrieg übel.
Trump wieder Präsident der USA – ein Szenario, das durchaus real ist. Umso lauter und eindringlicher warnen US-Expert:innen und ehemalige Trump-Anhänger jetzt vor dem 77-jährigen Republikaner. Die älteste Demokratie der Welt stehe auf der Kippe, heißt es. Davon kann wohl auch Republikanerin Liz Cheney ein Lied singen – oder besser schreiben.
Anfang Dezember erscheint ihr Buch "Eid und Ehre", das brisante Details über den Ex-Präsidenten und über die republikanische Partei preisgibt.
"Er weiß, dass es vorbei ist", sagt Republikaner Kevin McCarthy damals zu Cheney nach der Wahlniederlage gegen Biden 2020. "Er muss durch alle Phasen der Trauer gehen", heißt es in ihrem Buch, das exklusiv vor der Veröffentlichung dem US-Sender CNN vorliegt.
Cheney witzelt, dass sie sich dachte, diese Phasen der Trauer Trumps "schienen das Tweeten in Großbuchstaben zu beinhalten". Die US-amerikanische Politikerin war von 2017 bis zum Anfang 2023 Mitglied im US-Repräsentantenhaus. McCarthy war dort vor Kurzem noch Sprecher, wurde dann aber von seinen eigenen Leuten gestürzt und durch den erzkonservativen, religiösen Mike Johnson ersetzt.
Cheney behauptet in ihrem Buch, dass McCarthy ihr nur zwei Tage nach der Wahlniederlage mitteilte, er habe mit Trump gesprochen und er habe zugegeben, dass er die Wahl 2020 verloren habe.
Brisant: Denn bis heute hält der Ex-Präsident rigoros an der haltlosen Theorie der gestohlenen Wahl fest. Diese Behauptung befeuerte den blutigen Sturm seiner Anhängerschaft auf das US-Kapitol 2021.
Als der kalifornische Republikaner am selben Tag beim US-Sender Fox News sagte: "Präsident Trump hat diese Wahl gewonnen", schreibt Cheney, "wusste McCarthy, dass das, was er sagte, nicht wahr war".
Laut Cheney log McCarthy wieder und wieder, er wählte den "feigen" Weg der Umarmung von Trump. So besuchte dieser etwa Trump nur drei Wochen nach dem Anschlag vom 6. Januar heimlich in seinem Anwesen in Mar-a-Lago.
Später behauptete er Cheney zufolge, Trumps Mitarbeitende hätten ihn einbestellt. In ihrem Buch hält sie laut CNN folgenden Dialog fest:
"Mar-a-Lago? Was zum Teufel, Kevin?" fragte Cheney.
"Sie sind wirklich besorgt", sagte McCarthy. "Trump isst nicht, also haben sie mich gebeten, nach ihm zu sehen."
"Was? Sie sind nach Mar-a-Lago gefahren, weil Trump nicht isst?" antwortete Cheney.
"Ja, er ist wirklich deprimiert", meinte McCarthy.
Laut Cheney sei er nicht der einzige Republikaner gewesen, der sich Trump an den Hals geworfen habe. Sie legt offen, wie andere Parteikolleg:innen Trumps Wahllügen unterstützten, obwohl sie die Wahrheit kannten.
Dabei wettert Cheney auch gegen den neuen US-Sprecher Johnson.
Die 57-Jährige führt aus, wie Johnson republikanische Abgeordnete unter Druck setzte, einen Schriftsatz an das Gericht zu unterstützen, um die Wahlergebnisse von vier Staaten zu annullieren, die Trump verloren hatte. "Wenn ich ihn mit den Schwächen seiner juristischen Argumente konfrontierte", schreibt Cheney, "gab Johnson oft nach oder sagte etwas in der Art: 'Wir müssen nur noch diese eine letzte Sache für Trump tun.'"
Am 6. Januar, vor dem Angriff auf das Kapitol, beschreibt sie eine Szene in der republikanischen Garderobe, in der die Mitglieder aufgefordert wurden, ihre Namen auf den Einspruchslisten für die Wählerstimmen zu unterschreiben. Diese waren laut ihr auf einem Tisch aufgereiht, eine für jeden der Staaten, die die Republikaner anfechten. Cheney schreibt, die meisten Mitglieder wüssten, "dass es eine Farce war" und "eine weitere öffentliche Zurschaustellung der Loyalität gegenüber Donald Trump".
Sie führt aus:
Laut Cheneys Beschreibung huldigen die Republikaner Trump regelrecht beziehungsweise fürchten sich diejenigen, die sich gegen ihn auflehnen möchten. Dazu beschreibt Cheney folgendes Beispiel in ihrem Buch.
Nach dem Sturm auf das Kapitol gab es laut ihr "ein paar Tage der Klarheit, in denen der größte Teil der Republikanischen Konferenz des Repräsentantenhauses bereit war, Donald Trump entweder anzuklagen oder zu verurteilen". Doch das war nicht von Dauer.
Sie beschreibt eine Szene mit einem Parteifreund, dessen Namen sie nicht nennt. Ihm sei bewusst gewesen, dass das, was Trump getan habe, anklagbar sei, aber aus Angst, seine Frau und sein neues Baby in Gefahr zu bringen, entschied er sich gegen eine Abstimmung über eine Anklage.
Mit ihrem Buch sendet Cheney eine deutliche Warnung, dass die US-Verfassung einer weiteren Trump-Präsidentschaft nicht standhalten werde.
"Wir haben jetzt auch gelernt, dass die meisten Republikaner im Kongress das tun werden, was Donald Trump verlangt, egal was es ist", erklärt Cheney. "Ich bin sehr traurig, sagen zu müssen, dass Amerika nicht mehr auf ein Gremium gewählter Republikaner zählen kann, um unsere Republik zu schützen."
Trump-Sprecher Steven Cheung teilte CNN mit, Cheneys Buch gehöre "in die Belletristik-Abteilung des Buchladens". Das seien nichts weiter als frei erfundene Geschichten", meint er.