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Iran-Israel-Krieg: Warum ist die Straße von Hormus so wichtig?

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Die von der Nasa erstellte Satellitenaufnahme zeigt die Straße von Hormus.Bild: Nasa / -
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Iran-Israel-Krieg: Warum die Straße von Hormus für den Weltmarkt so entscheidend ist

Ein Nadelöhr mit globaler Sprengkraft. Nach Angriffen auf iranische Atomanlagen droht Teheran mit der Blockade der Straße von Hormus – einem der wichtigsten Energiekorridore der Welt. Die Folgen könnten Ölpreise und Weltwirtschaft erschüttern.
23.06.2025, 15:2923.06.2025, 15:29
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Die Straße von Hormus zählt zu den bedeutendsten geopolitischen Engpässen der Welt. Durch die nur rund 40 Kilometer breite Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman wird ein erheblicher Teil des globalen Öl- und Flüssiggasbedarfs transportiert. Nach den jüngsten Angriffen Israels und der USA auf iranische Nuklearanlagen steht sie erneut im Fokus der internationalen Aufmerksamkeit – denn Iran droht mit einer Sperrung der Route.

Die Sorge: Eine Blockade könnte Märkte erschüttern, Energiepreise explodieren lassen und eine neue weltweite Wirtschaftskrise auslösen.

Tatsächlich ist der wirtschaftliche Pulsschlag, der durch diese Meerenge fließt, kaum zu überschätzen. Fast ein Drittel des seegestützten Ölhandels weltweit hängt von ihr ab. Entsprechend nervös reagieren Märkte bereits auf die bloße Drohung einer Sperrung. Doch wie verwundbar ist diese Route tatsächlich – und was wäre die Folge eines tatsächlichen Angriffs oder einer Blockade?

Wo liegt die Straße von Hormus – und warum ist sie so verwundbar?

Die Straße von Hormus verbindet den Persischen Golf mit dem Golf von Oman und dem Arabischen Meer. An der engsten Stelle ist sie nur 21 Meilen (rund 40 Kilometer) breit. Doch entscheidend ist: Die schiffbaren Fahrtrouten für Supertanker sind viel schmaler – rund zwei Seemeilen pro Richtung.

Tanker müssen auf dem Weg durch die Meerenge sowohl iranische als auch omanische Gewässer durchqueren. Die geografische Enge macht die Route anfällig für Blockaden oder gezielte Angriffe.

Warum ist die Straße von Hormus wichtig für den globalen Energiemarkt?

Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) wurden im Jahr 2023 täglich rund 20 Millionen Barrel Rohöl und raffinierte Produkte durch die Meerenge transportiert. Hinzu kommen etwa 90 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas (LNG), insbesondere aus Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Der Großteil dieser Energieexporte geht nach Asien: China, Indien, Japan und Südkorea gehören zu den wichtigsten Abnehmern.

HANDOUT - 20.12.2020, ---, Persischer Golf: Das U-Boot �USS Georgia� und der Raketenkreuzer �USS Port Royal� der US-Marine durchqueren die Stra�e von Hormus im Persischen Golf. (zu dpa: �Welche Folgen ...
2020: Ein U-Boot und der Raketenkreuzer der US-Marine passieren die Straße von Hormus.Bild: U.S. Naval Forces Central Comman / Indra Beaufort

Auch Europa ist betroffen – wenngleich in geringerem Umfang –, ebenso wie die USA. Angesichts der hohen Konzentration globaler Öllieferungen auf diese Passage gilt die Straße von Hormus als "wichtigster Ölsperrpunkt der Welt", wie die IEA betont.

Wie wahrscheinlich ist eine Blockade durch den Iran?

Das iranische Parlament hat laut dem staatlichen Sender Press TV einer möglichen Sperrung der Meerenge zugestimmt. Die Entscheidung liegt nun beim Obersten Nationalen Sicherheitsrat. Während einige Hardliner die Blockade offen fordern, sprechen internationale Beobachter:innen bislang von einem "fernen Restrisiko".

Die Energieanalystin Vandana Hari (Vanda Insights) betont im Gespräch mit CNN, Iran könne es sich kaum leisten, seine Einnahmequellen zu gefährden – vor allem, weil auch der iranische Ölhandel auf die Hormus-Passage angewiesen ist. China, der wichtigste Abnehmer, dürfte eine Schließung kaum billigen.

Wie könnte eine Sperrung konkret aussehen?

Militärische Mittel wie das Verlegen von Seeminen oder gezielte Raketen- und Drohnenangriffe auf Tankerflotten zählen laut "Süddeutscher Zeitung" (SZ) zu den realistischen Szenarien.

Die Fahrrinnen in der Straße von Hormus sind eng, Großtanker haben wenig Spielraum für Ausweichmanöver. Eine Sperrung könnte binnen Stunden Wirkung zeigen. Gleichzeitig würde eine militärische Intervention durch die USA oder verbündete Staaten vermutlich nicht lange auf sich warten lassen.

Was wäre die Folge für den Ölpreis und die Weltwirtschaft?

Schon die jüngsten Angriffe auf iranische Nuklearanlagen ließen laut CNN den Brent-Preis zeitweise über 80 US-Dollar pro Barrel steigen. Goldman Sachs warnte im Fall einer länger anhaltenden Blockade vor Preisen von über 100 Dollar. ING-Analyst Warren Patterson hält laut CNN sogar 120 Dollar pro Barrel für realistisch. Insbesondere, da ein Großteil der weltweiten Reservekapazitäten im Persischen Golf liegt und bei einer Eskalation ebenfalls gefährdet wäre.

Laut Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, wären die wirtschaftlichen Folgen laut "SZ" erheblich: Sollte eine Blockade länger als drei Monate dauern und sich die Ölpreise dauerhaft verdoppeln, drohten weltweit Inflation, Zinserhöhungen und eine neue Rezession.

Gibt es Alternativen zur Route über Hormus?

Einige Länder verfügen über Pipelines, die einen Teil des Rohöls über Land transportieren können. Die Ost-West-Pipeline Saudi-Arabiens führt etwa zum Roten Meer, die Abu Dhabi Crude Oil Pipeline der Emirate nach Fujairah. Doch die IEA schätzt, dass maximal 4,2 Millionen Barrel pro Tag umgeleitet werden können – das entspricht nur etwa einem Viertel des üblichen Volumens. Eine längerfristige Blockade ließe sich damit nicht abfangen.

Transparenzhinweis

Dieser Artikel wurde von unserer Redaktion erstellt und überprüft. Dabei kamen auch KI-Tools zum Einsatz. Mehr Infos zu unserem Umgang mit KI gibt es hier. Fragen oder Hinweise gerne an redaktion@watson.de.

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Wie stark wäre Europa betroffen?

Zwar bezieht Europa laut CNN nur rund 500.000 Barrel pro Tag über die Hormus-Route – deutlich weniger als Asien –, doch auch hier würden sich steigende Energiepreise rasch bemerkbar machen. Die "SZ" warnt vor erneutem Inflationsdruck, wachsendem Zinserhöhungsdruck und einem Abwürgen der zarten konjunkturellen Erholung.

Was lehrt der Blick in die Vergangenheit?

Die Ölkrisen der 1970er- und 1980er-Jahre zeigen, wie stark geopolitische Engpässe globale Märkte erschüttern können. Der OPEC-Schock 1973, die iranische Revolution 1979 und der Golfkrieg 1990 führten zu massiven Preissteigerungen und weltweiten Rezessionen.

Auch der russische Angriff auf die Ukraine 2022 hatte erhebliche Folgen für die Energiemärkte und Inflationsraten. Die Lehre: Verwerfungen auf dem Energiemarkt wirken oft schneller und stärker als politische Entscheidungsträger reagieren können.

Was ist jetzt entscheidend?

Die Straße von Hormus bleibt das verwundbare Herz der globalen Energieversorgung. Schon die Androhung einer Blockade erzeugt Marktschwankungen, eine tatsächliche Sperrung hätte weitreichende Folgen. Entscheidend wird sein, ob Iran durch internationalen Druck, eigene wirtschaftliche Interessen und diplomatische Vermittlung von einer Eskalation abgehalten werden kann. Andernfalls droht der nächste große Energiepreisschock.

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