Das Thema Wirtschaft spielt eine wichtige Rolle bei der Bundestagswahl am 23. Februar. Die Preise steigen nicht nur in den Supermärkten, auch die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sollen 2025 in die Höhe gehen.
Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, hatte in der "Süddeutschen Zeitung" prophezeit, ohne politisches Eingreifen drohe in diesem Jahrzehnt bei den Kassen ein Beitragsanstieg auf 20 Prozent.
Der Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, will dem entgegensteuern und fordert Sozialabgaben auf Kapitalgewinne. Was das bedeutet und warum er damit eine hitzige Debatte auslöst, erklären wir euch in vier Punkten.
Die Idee von Habeck ist es, die finanzielle Lücke der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Sozialversicherungspflicht von Kapitalerträgen der Sparenden zu schließen. Sprich, Kapitaleinkünfte sollen in die Finanzierung der Krankenkassen einbezogen werden.
Kapitalgewinne gelten für jede Art von Vermögen, einschließlich Investitionen und für den persönlichen Gebrauch erworbener Gegenstände. Heißt: Verkauft eine Person einen Vermögenswert zu einem höheren Wert als ursprünglich dafür gezahlt wurde, erzielt er oder sie einen (Kapital-)Gewinn.
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen unter anderem Dividenden oder Zinsen aus Sparbüchern, Wertpapieren oder Gewinne aus der Veräußerung von Aktien.
Bisher sind Kapitalerträge von Sozialversicherungsbeiträgen freigestellt. Genau das kritisiert der Grünen-Politiker. Ihm leuchte nicht ein, dass Arbeit höher belastet werde als Einkommen aus Kapitalanlagen.
Deshalb wolle er auch Kapitalerträge "sozialversicherungspflichtig machen". Damit löst er einen Sturm der Entrüstung aus.
Widerstand gegen diesen Vorstoß kam von CDU und FDP. CDU-Generalsekretär Linnemann sagt zur "Bild", Habeck "muss endlich aufhören, die arbeitende Bevölkerung weiter zu schröpfen". FDP-Fraktionsvize Christian Dürr meint: "Wer auf sein Erspartes nun auch noch Sozialversicherungsbeiträge zahlen soll, würde auf 40 Jahre gerechnet zehntausende Euro verlieren."
FDP-Chef Christian Lindner warnt vor einem "Abkassieren der Mittelschicht in Deutschland". Habeck nehme damit auch eine weitere Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland in Kauf, sagt Lindner den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.
SdK-Vorstandschef Daniel Bauer betont gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Millionäre und Milliardäre würde dies nicht treffen, da die Krankenversicherungsbeiträge eben durch die Beitragsbemessungsgrenze begrenzt sind."
FDP-Finanzexperte Frank Schäffler schreibt via X: "Nach dem Heizungshammer wäre das die 2. Atombombe für unser Land. Habeck will die Sparer enteignen." Und weiter: "Sein Anschlag auf die Sparkultur würde den Gering- und Durchschnittsverdienern einen Großteil ihrer Kapitalerträge wegnehmen."
Auch der Chef der Techniker Krankenkasse, Baas, lehnt Habecks Vorstoß zu Finanzierung der Krankenkassen ab. "In der aktuellen Schieflage bei der Finanzierung von Gesundheit führen einfache Lösungen nicht ans Ziel", sagt er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Einfach mehr Geld in ein System zu stecken, in dem das Geld nicht zielgenau und effizient eingesetzt werde, helfe langfristig nicht weiter, führt der TK-Chef aus.
"Angesichts der stark steigenden Ausgaben im Gesundheitswesen müssen die Finanzen zunächst kurzfristig stabilisiert werden." Die Versicherten müssten "dringend finanziell entlastet werden". An grundlegenden Reformen führe kein Weg vorbei, meint der Kassenchef.
Doch Habeck bekommt nicht nur Gegenwind.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) begrüßte hingegen den Vorschlag. "Aus verteilungspolitischer Sicht ist das ein sehr guter Vorstoß – und eine alte SoVD-Forderung", meint SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. "Warum sollen für diese Aufgaben nur Löhne und Gehälter belastet werden?", fragt sie weiter in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Das ist schlicht ungerecht."
Laut Grünen-Wahlkampfleiter Andreas Audretsch ist es ungerecht, wenn eine Alleinerziehende in Teilzeit oder ein Polizist mehr zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung beiträgt als jemand, der sehr viel Geld im Aktienhandel verdient. Auch für Unternehmen sei es gut, wenn wir die Beitragssätze so gering wie möglich halten, sagte er.
Grünen-Chef Felix Banaszak betont, es gehe um mehr Gerechtigkeit. "Es geht hier nicht um den Kleinsparer. Für Kleinsparer ändert sich nichts." Dafür sollten "sehr großzügige Freibeträge" sorgen. Zahlen nannte Banaszak nicht.
Zum Hintergrund: Anders als bei den Sozialbeiträgen werden in Deutschland Kapitalerträge bei der Festsetzung der Einkommenssteuer bereits berücksichtigt. Sie werden gemäß Kapitalertragsteuer mit 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag versteuert – über einem Freibetrag von 1.000 Euro.
Verhalten zeigen sich bisher die Krankenkassen. "Die Frage, welche Einkunftsarten für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, die immerhin 90 Prozent der Bevölkerung versichert und versorgt, herangezogen werden, erfordert eine gesellschaftspolitische Antwort", erklärt Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, der dpa.
(Mit Material der afp)