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"Lanz": Klaus von Dohnanyi wirbt um Verständnis für Russland – und kritisiert NATO

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"Lanz": Klaus von Dohnanyi wirbt um Verständnis für Russland – "sinnlose Provokation"

25.03.2022, 10:2025.03.2022, 11:03
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"Tolle Runde, besondere Gäste": So kündigte Markus Lanz seinen Talk an. Und besonders war in der Runde vor allem der 93-jährige SPD-Politiker Klaus von Dohnanyi, der zum einen Werbung für sein gerade erschienenes Buch machen wollte, zum anderen aber immer wieder um Verständnis für Russland warb. Für die allermeisten, von Dohnanyi eingeschlossen, ist der Krieg, den Putin gegen die Ukraine führt, erschreckend, besorgniserregend und verachtenswert. Das steht außer Frage und wurde auch von allen Gästen immer wieder angesprochen und bestätigt.

Aber wer davon nun vielleicht profitiert, wie sich die Ukraine verhalten sollte und welche politischen Entscheidungen zum Krieg führten, darüber wurde bei "Markus Lanz" intensiv gestritten. Insbesondere die Sicherheitsexpertin Claudia Major ging immer wieder ruhig und sachlich auf Argumente des SPD-Politikers ein und wies darauf hin, dass er "russisches Narrativ" bedienen würde. Dass der 93-Jährige ihr und auch der Ökonomin Karen Pittel immer wieder ins Wort fiel, ihre Argumentation erst angriff und dann zustimmte, wurde da fast zur unschönen Nebensache, weil es eben andere Streitpunkte gab.

Der Begriff "Osterweiterung"

So sei die oft zitierte "Osterweiterung der Nato ja kein Vorschlag der Nato gewesen, sondern ein Wunsch der Länder, Mitgliedspartner zu werden. Und dies sei immer "flankiert" von einer Nato-Russlandverbindung geschehen. Außerdem hätte es immer diplomatische Bemühungen mit Russland gegeben, auch Olaf Scholz hatte sich im Februar noch in Gesprächen bemüht, konnte aber den Krieg nicht verhindern. Klaus von Dohnanyi führte aus, dass die Nato zu geringe diplomatische Kompetenz gezeigt hätte, dass nicht gründlich genug nach Lösungen gesucht wurde, als das noch möglich war. Und der größte Fehler sei seiner Meinung nach gewesen, dass die USA nicht schriftlich zusicherte, was der Bundeskanzler im Gespräch angeboten hatte.

Die Chefs der Nato

Im Laufe des Talks kam der ehemalige Erste Bürgermeister Hamburgs immer wieder darauf zu sprechen, dass sich die Nato zu sehr von den USA lenken lassen würde, die historisch immer mal wieder große Konflikte mit Russland gehabt haben. Die EU solle sich, so von Dohnanyi, unabhängiger von den USA machen, auch in der Nato. "Die Europäer müssen ihre eigene Position finden", sagte er, aktuell seien die USA "die Chefs der Nato". Und hätten eben auch eine eigene Agenda, die auch immer von Umfragewerten und Wählerzustimmung getrieben sei. Dem stimmte der Strategieberater Julius van de Laar zu, verwies aber gleichzeitig darauf, dass diese Demokratie eben funktionieren würde.

Claudia Major betonte mehrmals, die Ukraine müsse souverän entscheiden können.
Claudia Major betonte mehrmals, die Ukraine müsse souverän entscheiden können.Bild: ZDF screenshot

Wichtiger sei es ohnehin, in der aktuellen Situation genauer auf Russland zu schauen. Denn, so Claudia Major, Russland zeigt, dass Krieg ein Mittel ist, "mit dem man Sachen erreichen kann". Das Streben nach Souveränität, was die Ukraine seit vielen Jahren begleitet, kann ihnen nicht von Russland und auch nicht vom Westen abgesprochen werden. Dass die Ukrainer und Ukrainerinnen im Kampf gegen Russland jetzt so vereint sind, sei eine Folge der unrechtmäßigen Annexion der Krim 2014. Das "Identitätsgefühl" sei durch den Angriff der Nachbarn entstanden.

Sinnlose Provokation oder souveräne Entscheidung?

Klaus von Dohnanyi übte indessen immer wieder auch Verständnis für Russland, auch wenn er den Krieg als Unrecht benannte und auch an die eigenen Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg erinnerte. Dass einige baltische Länder Teil der Nato wurden, sei "von Anfang an ein Problem" gewesen, eine "sinnlose Provokation". Dass er dabei die Souveränität der einzelnen Länder und den Willen, unabhängig von Russland zu sein, ignorierte, schien für den 93-Jährigen nicht weiter problematisch. Man solle auf Fakten schauen, sagte er, und sich um in die Zukunft kümmern.

Dass man Fakten dann aber auch nicht verklären darf und klar formulieren muss, dass Putin Assad 2015 unterstützt hat, um in Syrien weiter im Amt zu bleiben, dazu wollte sich von Dohnanyi nur überschaubar äußern. Er verwies auf ein Papier aus dem Bundestag dazu, was zu einem anderen Schluss kommen würde und mahnte an, dass es immer auch Verständnis für die andere Seite bedürfe, gerade bei Verhandlungen. Und so galt für die Talkshow das, was leider auch gerade im Krieg in der Ukraine gilt: Es ist ein Kampf ums Narrativ.

Putins Powerplay und die möglichen Folgen für Deutschland

Auch das will Putin mit der neusten Entscheidung, "unfreundliche Staaten", wie es im Einspieler bei Lanz hieß, nicht mehr mit Gas, Öl und Kohle zu beliefern, sollten sie nicht in Rubel zahlen, in die Hand nehmen. Das sei ein "Powerplay", war sich die Ökonomin Karen Pittel sicher. Fraglich ist im Moment, wie es weitergeht, da müssten momentan alle auf Putins Entscheidung warten. Denn es sei möglich, wenn auch unwahrscheinlich, dass der noch mal zurückrudert. Denkbar wäre eher ein Szenario, in dem die Zentralbank eingreift und diesen Deal möglich macht, was zur Folge hätte, dass die verhängten Sanktionen wirkungslos werden.

Karen Pittel spricht über Putins "Powerplay".
Karen Pittel spricht über Putins "Powerplay".Bild: ZDF screenshot

Es könnte auch passieren, dass Europa dann geschlossen vom Vertrag zurücktritt, oder nur ein Teil. Das könnte, so vermutet Pittel, das Ziel Putins sein, einen "Keil" zwischen die Staaten zu treiben. Die neuste Eskalation hätte aber auch gezeigt, wie erpressbar wir im Grunde sind. Sie ging allerdings davon aus, dass es für Deutschland machbar wäre, auf die Lieferungen zu verzichten, auch wenn jeder Tag an dem geliefert wird, ein Tag ist, um mehr Reserve zu schaffen. "Die deutsche Volkswirtschaft wird davon nicht untergehen", sagte die Ökonomin, auch wenn es aktuell Verunsicherung gibt, was kommen könnte. Die Konsequenzen wären schmerzhaft, aber eben verkraftbar.

"Wenn man bereit ist zu fallen, kann man stehen"

Auch Klaus von Dohnanyi wirbt dafür, sich nicht erpressen zu lassen. Man solle nicht dem "Druck nachgeben, wenn es falsch ist", sondern Rückgrat und Haltung zeigen. "Wenn man bereit ist zu fallen, kann man stehen", sagte er. Am Ende des sehr aufreibenden Talks betonte er noch mal die Bedeutung der Diplomatie, indem er sagte, dass Kriege durch Verhandlungen beendet werden. Wann und wie das sein wird, das konnte auch er nicht sagen.

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