Dieses Küken darf leben. Es wächst nämlich in den behutsamen Händen des Kölner Zoos auf.Bild: imago
Wirtschaft
45 Millionen Küken werden in Deutschland jährlich getötet – diese Methode soll das ändern
09.11.2018, 07:0409.11.2018, 07:05
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Jedes Jahr werden 45 Millionen männliche Küken in Deutschland getötet – aus wirtschaftlichem Interesse. Denn die Züchter wünschen sich vor allem weibliche Küken, die später Eier legen können. Die Aufzucht von männlichen Küken, die später geschlachtet werden können, ist den Brütereien zu teuer.
Eine neue Methode soll das millionenfache Töten der Küken verhindern – doch funktionieren wird das nur, wenn Verbraucher auch bereit sind, teurere Eier zu kaufen.
Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was steckt hinter der neuen Methode?
Umweltministerin Julia Klöckner (CDU) ist sicher: Das an der Universität Leipzig entwickelte Verfahren sei eine
Weltneuheit und ein Durchbruch auf dem Weg, das massenhafte Töten
männlicher Küken zu beenden. Das Geschlecht wird
dabei vor dem Ausbrüten im Ei erkannt. Mit einem Laser wird ein
winziges Loch in die Schale gebrannt. So kann dem Ei Flüssigkeit
entnommen werden, die auf Geschlechtshormone getestet wird. Männliche
Küken schlüpfen damit erst gar nicht, ihre Eier werden zu Tierfutter
verarbeitet. Noch ist die Methode aber nicht serienreif, kann also
nicht in allen Brütereien eingesetzt werden.
Was ändert sich jetzt?
In den ersten deutschen Supermärkten gibt es jetzt
Eier aus einer neuen Methode gegen Kükentöten zu kaufen. "Mit diesem
Verfahren gibt es für das Töten der männlichen Legehennenküken auf
Dauer keinen Grund mehr", sagte Landwirtschaftsministerin Julia
Klöckner (CDU) am Donnerstag in Berlin.
Wann das so weit sein könnte, wollte Klöckner nicht sagen. Es stehe
auch noch nicht fest, ob die Betriebe zur Nutzung der neuen Methode
verpflichtet würden. Zunächst will die Ministerin auf eine "freiwillige Verpflichtung" setzen. "Wenn Brütereien sagen, das ist
uns egal, kommen wir in eine andere rechtliche Bewertung der Sache",
erklärte Klöckner.
Für die Brütereien sollen keine zusätzlichen Kosten entstehen,
kündigten die Anbieter des Verfahrens an. Stattdessen verlangen sie
vom Handel eine Lizenzgebühr. Dadurch werden Eier von Legehennen, die
mit der neuen Methode gezüchtet wurden, etwas teurer.
Die Umweltministerin zeigt sich begeistert:
Neben Dr. Ludger Breloh von der Anti-Kükentöten-Organisation Seleggt (links) und Rewe-Vize Jan Kunath. Bild: imago
Die Geflügelwirtschaft zeigte sich skeptisch wegen des neuen
Verfahrens. "Es gilt unser uneingeschränktes Bekenntnis zum
schnellstmöglichen Ausstieg aus dem Töten männlicher Eintagsküken,
sobald eine wirkliche Alternative vorliegt", erklärte der Verband.
Dafür müsse das System aber praxistauglich und schneller sein als
bisher geplant. Der Bauernverband dagegen begrüßte den Vorstoß: "Diese Verfahren sollten baldmöglichst praxisreif gemacht werden und
flächendeckend in allen Brütereien zum Einsatz kommen", erklärte
Generalsekretär Bernhard Krüsken.
Diese Eier sollen zunächst in 223 Berliner Supermärkten der Ketten
Rewe und Penny angeboten werden, bis Ende 2019 soll es sie in allen
5500 Supermärkten der Ketten geben. Das 6er-Pack koste zehn Cent mehr
als ein 6er-Pack Freilandeier, sagte der stellvertretende
Vorstandschef der Rewe-Gruppe, Jan Kunath. "Das sind Preissprünge,
die die Verbraucher akzeptieren"
Tierschützer dagegen halten das Aussortieren männlicher Küken nicht
für sinnvoll. "Das ist keine Lösung im Sinne einer
verantwortungsvollen Tierzucht, denn Hennen müssen auch weiterhin
Höchstleistung erbringen", erklärte der Bund für Umwelt und
Naturschutz (BUND). Die Geflügelwirtschaft müsse so umgestellt
werden, dass Hühner sowohl zur Eier- als auch zur Fleischproduktion
geeignet seien. Dann könnten männliche Küken aufgezogen und ihr
Fleisch vermarktet werden.
Schon jetzt kann man im Handel auch Eier aus Brütereien kaufen, in
denen sowohl weibliche als auch männliche Küken aufgezogen werden.
Die sogenannten Bruderhahn-Eier sind aber teurer und damit laut
Handel nicht massentauglich.