Die Nationalmannschaft ist seit Langem ein Hassobjekt der extremen Rechten. Zu bunt, zu migrationshintergründig, zu flach die Hierachien.
Und spätesten, als sich Toni Kroos im Bundestagswahlkampf 2017 den seltenen Luxus leistete, eine eigene Meinung zu haben, war für so manchen Apokalyptiker die Beweisführung perfekt: Das sind Merkels Jungs da unten auf dem Platz.
Es lebe Angie!!! #TVDuell
— Toni Kroos (@ToniKroos) 3. September 2017
Für den AfD-Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag, Björn Höcke, war die "Transformation" der Nationalmannschaft "vollendet", als sich der DFB ein neues Logo gab und die Marke "Die Mannschaft" ausrief. Er sprach von einer "politischen Umdeutung der Sportereignisse" von Seiten des DFB. Es ist die in neurechten Kreisen so beliebte These der Umvolkung sportpolitisch verpackt. Der "deutsche" Deutsche stirbt erst auf, dann neben dem Platz.
Das Erdogan-Gate um Mesut Özil und Ilkay Gündogan wirkte dann wie Brandbeschleuniger. Dass sich zwei Fußballer mit einem ultrarechten Autokraten ablichten ließen, der auf bestem Weg ist, die Türkei in eine Diktatur umzubauen, war und ist bescheuert. Daraus aber ein Symbol dafür zu machen, dass Integration per se nicht funktionieren kann, hat mit kausalen Zusammenhängen so viel zu viel zu tun wie der HSV mit Liga 1.
Ist das Erklingen der 🇩🇪 Nationalhymne der richtige Zeitpunkt für Koranverse?
— Prof. Dr. Jörg Meuthen (@Joerg_Meuthen) 22. Juni 2018
Unabhängig davon: Drücken wir alle #GER #ZSMMN die Daumen, dass es morgen bei #GERSWE besser läuft als im 1. Spiel gegen 🇲🇽!#WM2018 #AfD
➡️ https://t.co/vjIBBLix0X pic.twitter.com/6mnwt2Olm0
Die #AfD soll es sein, die den Deutschen die #WM-Stimmung vermiest?🤦🏻♂️ Nun, vielmehr sind es #DieMannschaft, die kein #SchwarzRotGold🇩🇪 mehr trägt,& die #Journalisten, für deren ständige Hetze gegen #Russland man sich als anständiger Mensch schämt. https://t.co/dPby34VggC
— Ronny Kumpf 🇩🇪 (@RonnyKumpf) 22. Juni 2018
Massenhafte Abwendung der Deutschen von #JogiLöws Multikulti-Mannschaft. Eine Niederlage gegen Schweden ist notwendig, damit ein reinigendes Gewitter den Laden ordentlich durchfegt. #WMhttps://t.co/Scu7HoKWn8
— COMPACT-Magazin (@COMPACTMagazin) 21. Juni 2018
Plötzlich stellte nicht mehr Joachim Löw auf, sondern die AfD höchst selbst. Dass Mesut Özil im zweiten Gruppenspiel auf der Bank saß, wertete Alice Weidel als Zeichen dafür, dass die AfD wirke.
Auf das WM-Aus folgte schließlich die Genugtuung.
#DieMannschaft ist draussen, fertig mit der #WM2018 für Deutschland, Schluss mit #Erdogan-Jungs #Özil & Co.
— Claudio Schmid (@claudio_schmid) 27. Juni 2018
Und #Merkel? Sie muss weg!
Ohne #Özil hätten wir gewonnen! #KORGER pic.twitter.com/srG5BQmpts
— Jens Maier, MdB 🇩🇪 (@JensMaierAfD) 27. Juni 2018
Eine verweichlichte, politisch korrekte "#Mannschaft" älterer Herren schafft es eben nicht an die Spitze. Mindestens Löw, Gündogan und #Özil müssen jetzt raus! #AfD #GER #WM pic.twitter.com/ADNh0lJ8bC
— Jessica Bießmann (@JessicaBiessman) 27. Juni 2018
War wohl auch - insoweit - nix...#nixis #nurnochAfD pic.twitter.com/wNzdPW3Bgc
— 🇩🇪 Stephan Brandner (@StBrandner) 27. Juni 2018
Kurzum: Die Fußballnationalmannschaft blieb unter ihren Möglichkeiten und schied zum ersten Mal in der Vorrunde aus. Das sind die Fakten.
Was AfD und Co. daraus machen. Geschenkt. Wenn politische Beobachter jetzt aber auf den AfD-Untergangszug aufspringen, aus einer sportlichen Niederlage eine gesellschaftspolitische machen, sie zu einer "Bestandsaufnahme des ganzen Landes" erklären, ein "Sinnbild für das Deutschland im Jahr 2018" herbeirufen, weil ihnen die unterkomplexen Metaphern ausgehen.
Wenn sie Integration für gescheitert erklären, weil eine Fußballmannschaft zwei Spiele verloren hat, und den Sport derart politisch überhöhen, weil es gerade so herrlich in Zeitgeist und Weltbild passt, ist das nicht allein Ausdruck bahnbrechender analytischer Fantasielosigkeit. Nein, dann wirkt die AfD tatsächlich.