Deutschland ist reich. Seit Jahren sprudeln die Steuereinnahmen. Aber in der Bildung hinkt das Land weiter hinterher. Vor allem Kinder aus ärmeren und bildungsfernen Schichten sind im Nachteil. Das ergab die jüngste Pisa-Studie.
Demnach haben Kinder aus sozial schwächeren Familien Deutschland deutlich schlechtere Erfolgschancen in der Schule als Akademikerkinder. Aber die Schere zwischen den Bildungschancen der benachteiligten und der privilegierten Schüler wird kleiner, wie OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher bei der Präsentation einer neuen Studie sagte.
Es handelt sich um eine neue Auswertung der jüngsten Pisa-Daten, die jetzt veröffentlicht wurden. Pisa ist eine große Schulleistungsstudie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Demnach erreichen die Kinder von Eltern mit hohen Abschlüssen deutlich häufiger selbst akademische Zeugnisse als Kinder von Eltern mit geringeren Abschlüssen.
Die 5 wichtigsten Ergebnisse und 2 Vorschläge.
Nur knapp 15 Prozent der Erwachsenen mit Eltern ohne Abitur erreichen in Deutschland ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Im Durchschnitt der meisten OECD-Länder sind es immerhin 21 Prozent.
Fast jeder Vierte schafft in Deutschland allerdings einen höheren Bildungsabschluss als die Eltern. Im OECD-Durchschnitt sind das mit 41 Prozent deutlich mehr, in Korea sogar 57 Prozent, in Finnland 55 Prozent.
Besonders wichtig ist das, weil die Abschlüsse über die Berufschancen entscheiden: Bei den Hochschulabsolventen liegt die Arbeitslosenquote deutlich niedriger als im Durchschnitt.
Die Schule sei der einzige Ort, um Gesellschaft einzuüben, schreibt der Soziologe Heinz Bude in seinem Buch "Gesellschaft der Angst".
Klingt gut, ist aber nix. Denn das grün-liberale Bildungsbürgertum schickt seine Kinder früh auf Privatschulen. Nur nicht in Berührung kommen mit der gesellschaftlichen Realität.
Das bestätigt auch die Pisa-Studie: Schon in der Schule kommt es oft nicht zu einer Durchmischung von benachteiligten und weniger benachteiligten jungen Leuten. Der Bericht zeigt, dass 46 Prozent der Schüler mit sozialer und ökonomischer Benachteiligung Schulen besuchen, die viele benachteiligte Schüler versammeln. Im OECD-Schnitt sind es allerdings sogar noch etwas mehr (48 Prozent), etwa in Finnland sind es hingegen nur 40 Prozent. Und diese Durchmischung macht oft den Unterschied: Laut den OECD-Experten erreichen benachteiligte Schüler in nicht benachteiligten Schulen deutlich bessere Leistungen.
Ob beim Lesen, in Mathe oder den Naturwissenschaften – bei den Leistungen sieht man laut OECD in den vergangenen Jahren deutliche Verbesserungen in Deutschland, was die Abhängigkeit vom sozioökonomischen Status anbelangt.
Schüler aus sozial schwächeren Familien liegen laut jüngstem Pisa-Test 2015 in den Naturwissenschaften im Schnitt so stark hinter den privilegierten Kindern, dass der Leistungsunterschied dem Lernstand von drei Schuljahren entspricht.
Die OECD-Bildungsexperten erklären bei den Naturwissenschaften 16 Prozent der Leistungsunterschiede mit dem sozialen Hintergrund. Knapp zehn Jahre zuvor waren es aber noch 4 Prozentpunkte mehr.
Schon in früheren OECD-Publikationen zeigten sich auch positive Trends. Seit gut zehn Jahren ist der Anteil der Unter-Drei-Jährigen, die einen Kindergarten besuchen, um 20 Prozentpunkte gestiegen. In kaum einem anderen Land ist der Anteil benachteiligter Schüler mit soliden Leistungen so deutlich gewachsen wie in Deutschland – von 25,2 im Jahr 2006 auf 32,3 Prozent 2015. Der Großteil der jungen Erwachsenen hat Abitur oder einen Berufsabschluss.
Bildungsdirektor Schleicher sieht viele Ansatzpunkte – im Klassenzimmer, auf der Ebene der Schulen und im Bildungssystem. Frühkindliche Bildung müsse vor allem für Familien etwa mit ausländischen Wurzeln und für Ärmere noch stärker ausgebaut werden. Auch könnten für benachteiligte Schüler und Schulen schlicht mehr Mittel fließen, meint er. Schüler mit sozialen Nachteilen sollten sich auch weniger in bestimmten Schulen konzentrieren.
Eine Förderung von Schulen in Brennpunktbezirken – das fordert etwa die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Dort müssten mehr Lehrkräfte eingestellt werden. Der Chef des Verbandes Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, sagt:
Immer mehr Menschen engagieren sich auch in 40.000 Schul- und Kitafördervereinen und organisieren etwa zusätzliche Lernangebote, oft unterstützt von der Stiftung Bildung. Der Deutsche Philologenverband forderte eine stärkere Einbeziehung von Eltern in frühkindliche und Schul-Bildung.
(dpa, afp)