Politik
Analyse

USA: Kamala Harris gegen Donald Trump? Auf die "double hater" kommt es an

ARCHIV - 03.11.2018, USA, Las Vegas: Die damalige Senatorin Kamala Harris (Demokratin aus Kalifornien) spricht bei einer Kundgebung am 2. November 2018 in Las Vegas. US-Vizepräsidentin Harris könnte b ...
Kamala Harris könnte gegen Donald Trump antreten.Bild: AP / John Locher
Analyse

Kamala Harris gegen Donald Trump? Worauf es für sie jetzt ankommt

23.07.2024, 12:59
Mehr «Politik»

Für Kamala Harris sieht es – innerhalb ihrer Partei – inzwischen ganz gut aus. Nachdem Joe Biden seine Kandidatur zurückgezogen hatte, erhielt Harris bereits breite Unterstützung der Demokraten. Zuletzt stellte sich auch Nancy Pelosi hinter die 59-jährige Vizepräsidentin.

Doch final nominiert werden muss Harris bei einem Parteitag. Der war eigentlich im August angesetzt. Noch ist unklar, wie die Demokraten angesichts der für das Land neuen Situation weiterverfahren.

Für Harris ist es nun jedoch realer denn je: Sie könnte für die Demokraten ins Rennen gehen im Kampf um die 47. Präsidentschaft der USA. Und gegen den Republikaner Donald Trump antreten. Seine Anhängerschaft macht bereits ordentlich Stimmung gegen die 59-Jährige, holen etwa Verschwörungsmythen aus der Vergangenheit wieder hervor.

Doch wie stehen ihre Chancen derzeit?

Umfragewerte von Kamala Harris über Zeitverlauf gesunken

Harris blickt bislang auf eine steile Karriere zurück. Sie war oft die Erste: Nach ihrem Studium in Washington und in Kalifornien wurde sie erste Schwarze Bezirksstaatsanwältin von San Francisco. Ab 2010 hatte sie als erste Frau den Posten der Justizministerin in ihrem Heimat-Bundesstaat inne.

In den US-Senat zog sie 2017 als erste Schwarze ein, die Kalifornien repräsentierte – und die zweite in der Parlamentskammer überhaupt. 2021 wurde Harris sowohl zur ersten Frau als auch zur ersten Schwarzen im US-Vizepräsidentenamt.

Ihren Erfolg konnte sie jedoch nicht auf die vergangenen Jahre als Vizepräsidentin übertragen. Sie war weder recht bekannt oder beliebt, noch waren ihre Umfragewerte gut.

Wie könnte sich das jetzt verändern?

Watson ist jetzt auf Whatsapp
Jetzt auf Whatsapp und Instagram: dein watson-Update! Wir versorgen dich hier auf Whatsapp mit den watson-Highlights des Tages. Nur einmal pro Tag – kein Spam, kein Blabla, nur sieben Links. Versprochen! Du möchtest lieber auf Instagram informiert werden? Hier findest du unseren Broadcast-Channel.

Die Ausgangslage der Demokraten: Bidens Umfragewerte lagen vergangene Woche noch drei Prozentpunkte hinter denen von Ex-US-Präsident Donald Trump.

Aber erbt Harris seine Werte? Seit dem Amtsantritt 2021 sanken ihre Umfragewerte deutlich. Das geht unter anderem aus Auswertungen des US-amerikanischen Politikportals RealClearPolitics hervor. In den vergangenen Wochen konnte Harris nur noch 39 Prozent Zustimmung von den zu Beginn noch 48 Prozent halten. Gleichzeitig stieg die Unzufriedenheit von 37 Prozent auf rund 51 Prozent.

Zum Vergleich: Damit rangiert sie etwa auf der Höhe der Umfragewerte von Joe Biden – und würde somit Stand jetzt gegen Donald Trump verlieren.

Laut dem Portal liegt Trump derzeit bei etwa 48,2 Prozent und hat damit ein Plus von 2 Prozentpunkten zu verzeichnen, während Harris bei rund 46,2 Prozent liegt.

Harris hatte schon vor Biden-Rückzug Rückhalt der Demokraten

Wirft man einen Blick in die jüngere Vergangenheit, fällt auf, dass insgesamt zwar nur 40 Prozent Harris die Präsidentschaft zutrau(t)en – der Rückhalt der Demokraten aber mit 74 Prozent schon damals hoch war. Das geht aus einer Umfrage der US-amerikanischen Tageszeitung "Politico" aus dem Mai hervor.

Ebenfalls auffällig: Es könnte stark auf die unabhängigen Wähler:innen sowie die Unentschlossenen ankommen. Rund die Hälfte der Unabhängigen war in der Umfrage gegen Harris, 34 Prozent trauten ihr die Präsidentschaft zu. Das bedeutet aber auch: 15 Prozent hatten noch keine Meinung. Zu beachten ist bei den Zahlen allerdings: Zu dem Zeitpunkt stand eine Präsidentschaft von Harris noch nicht ernsthaft zur Debatte.

Im Gespräch mit radioeins stellte der USA-Experte Thomas Greven heraus, dass viele Wechselwähler:innen in den sogenannten Swing States signalisiert hatten, weder Biden noch Trump besonders gut zu finden. Diese werden in den USA "double hater" genannt.

Ihnen würde mit Harris nun eine neue Perspektive eröffnet. "Da ist jetzt jemand, der dieses Mindestkriterium erfüllt, weder Donald Trump noch Joe Biden zu sein", sagte Greven.

Experten schätzen Chancen für Kamala Harris verhalten gut ein

In den vergangenen Monaten hatte Trump deutlich vor Biden gepunktet. Die Bilder seines angeschossenen Ohres nach dem Attentat Mitte Juli gingen um die Welt, Trump nutzte es klug für sich. Auch das schlechte Auftreten Bidens bei der TV-Debatte spielte Trump zweifelsohne in die Karten. Daraufhin hatte er es geschafft, seine potenziellen Wähler:innen auf den Topf der Wechselwähler und der Unabhängigen auszuweiten.

Politikwissenschaftler Heinz Gärtner erklärt auf Anfrage von watson, dass Harris helfen könnte, das Blatt der Demokraten zu wenden: "Sie könnte diese verloren gegangenen Wähler zurückholen", sagt Gärtner. Und: "Kamala Harris hat zwar immer noch schlechtere Umfragewerte als Donald Trump, konnte aber aufholen."

Greven betonte auf watson-Anfrage zudem, dass der Rückzug von Biden "Spät, aber wohl nicht zu spät" gekommen sei. "Es ist noch alles möglich", ist er überzeugt.

Laut Greven wird es wohl auf Harris als Kandidatin der Demokraten hinauslaufen. Außer jemand anderes würde sich jetzt schnell genug in Stellung bringen und schnell viele Unterstützer finden. "Aber ich rechne nicht damit", mutmaßt der Experte.

Kamala Harris: Auf die richtigen Themen kommt es jetzt an

Wichtig dürfte jetzt für Harris allerdings sein, die richtigen Themen zu besetzen. CNN-Politik-Kommentatorin S.E. Cupp rät Harris zudem, jetzt schnell eine:n Kandidat:in für das Vize-Präsidialamt zu wählen, um die Demokraten zu vereinen.

Die Kernthemen von Harris waren bislang Minderheitenrechte und Gleichberechtigung. Allerdings erwartet USA-Experte Gärtner eine Verlagerung von Trumps Wahlkampf, um Harris zu schaden. Bis dato stützte Trump seinen Wahlkampf nämlich stark auf Joe Bidens Aussetzer und dessen Alter. (Nun ist Trump der alte weiße Mann und nicht mehr Biden.)

Laut Gärtner würden die Republikaner künftig wohl vermehrt "Basiswahlkampf führen und auf Einwanderung- und Abtreibungsgegner sowie weiße Männer und Arbeiterschaft im gefährdeten Rust-Belt [Anm. d. Red.: die älteste und größte Industrieregion der USA]" setzen. "Er wird sich umso mehr auf seine Basis mit extrem konservativen Themen konzentrieren", sagt Gärtner. Damit bezieht er sich auf die Reizthemen Abtreibung, Einwanderung und Protektionismus.

Einer YouGov-Umfrage vom Juli 2024 zufolge betrachten Biden-Anhänger:innen aber weder Migration noch Frauenrechte als wichtigste Themen der Zeit – die bisherigen Kernthemen von Harris. Sondern: Abtreibung, Klimawandel und Inflation. Für Trump-Anhänger:innen steht hingegen die Inflation an erster Stelle, gefolgt von Einwanderung und den Themen Arbeitsplätze und Wirtschaft. Abtreibung spielt bei Republikanern eine geringe Rolle.

Die wichtigsten Themen des Wahlkampfes besetzte bislang Biden. Er konnte beispielsweise mit dem Inflation Reduction Act in der Wirtschaftspolitik Erfolge verzeichnen. Eines seiner Kernthemen. Damit hätte er gut für Harris vorgelegt. Sie könnte Trump damit das Thema Wirtschaft strittig machen. Trump hingegen punktet derzeit mit einem ihrer Kernthemen: Migration.

Es könnte also für Harris eine Rolle spielen, wie schnell sie es schafft, ihr Profil zu schärfen und auf die richtigen Themen zu setzen.

Grüne Jugend: "Viele sprechen über Menschen im Osten, aber nicht mit ihnen"
Die Landessprecher:innen der Grünen Jugend in Brandenburg, Sachsen und Thüringen beschreiben in ihrem Gastbeitrag, wie sie (jungen) Menschen in Ostdeutschland eine Perspektive bieten wollen.

Verlassene, halb verfallene Wohnwagen. Vom Gestrüpp überwucherte und eingewachsene Bungalows. Fährt man heute durch Teile der Niederlausitz, lässt sich das Urlaubs-Idyll aus vergangenen Tagen noch erahnen. Früher Sehnsuchtsort für unsere Eltern, heute vor allem Sinnbild: Junge Menschen zieht es oft weg, weg aus den ländlichen Regionen des Ostens. Die, die bleiben, haben die Hoffnung auf Besserung oft aufgegeben.

Zur Story