International
Kurz vor Beginn einer "nationalen Debatte" zur Lösung
der "Gelbwesten"-Krise hat die Bewegung in Frankreich wieder an
Stärke gewonnen. Am Samstag gingen offiziellen Angaben zufolge im
ganzen Land 84.000 Menschen auf die Straßen. Damit stieg die Zahl der
Demonstranten das zweite Wochenende in Folge, nachdem die Bewegung
rund um Weihnachten geschwächt schien.
Zu solch gravierenden
Ausschreitungen und Gewaltexzessen wie in den vergangenen Wochen kam
es an diesem neunten Protest-Samstag in Folge aber nicht. Die
Aussicht auf die von Präsident Emmanuel Macron angekündigte Debatte
scheint die "Gelbwesten" jedoch nicht entscheidend zu bremsen.
Die Bilanz der Proteste am Wochenende:
Einige Demonstranten schleuderten nach Angaben der Polizei in Paris
nahe dem Triumphbogen Wurfgeschosse in Richtung von
Sicherheitskräften. Daraufhin seien Tränengas und Wasserwerfer
eingesetzt worden.
Wieder wurden in der Hauptstadt zahlreiche
Menschen festgenommen. Laut Pariser Staatsanwaltschaft kamen
insgesamt 155 Menschen in Polizeigewahrsam.
Auch in Bourges, in
Bordeaux, Straßburg und anderen Städten kam es zu Zusammenstößen
zwischen Demonstranten und Polizei.
Die Gelbwesten-Proteste am Wochenende in Paris:
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Gelbwesten in Frankreich
quelle: ap / rafael yaghobzadeh
Die Lösung? Gruppentherapie im ganzen Land
Ab Dienstag sollen die Bürger ihre Kritik äußern und Reformvorschläge
machen können – bei über mehrere Wochen im ganzen Land stattfindenden
Gesprächsrunden. Wie die "nationale Debatte" genau organisiert werden
soll, ist bislang nicht bekannt.
Die Franzosen schätzen die Erfolgsaussichten der Aktion eher gering ein. Laut einer Umfrage für den Sender France Info und
die Zeitung "Le Figaro" glauben sieben von zehn Franzosen, dass die
Debatte nicht zu nützlichen Maßnahmen führen wird.
Die Gesprächsrunden sind wichtig für Macron
Denn der kämpft mit desaströsen Beliebtheitswerten. Die
"Gelbwesten"-Bewegung hat den einst so populären Politiker in die bislang schwerste Krise seiner Amtszeit gestürzt. Seit Mitte
November demonstrieren immer wieder Zehntausende gegen seine
Reformpolitik und gegen eine als zu niedrig empfundene Kaufkraft – Randale inklusive.
Auch in Großbritannien geht's rund
Die Wut aus Frankreich scheint derweil auch den Ärmelkanal überquert
zu haben. In London gab es am Samstag Proteste nach dem Vorbild der
"Gelbwesten". Mehrere Tausend Menschen gingen nach Angaben der
Veranstalter auf die Straße.
Die Protestierenden forderten angesichts
des Brexits ein Ende der Sparpolitik und eine Neuwahl. Auch Vertreter
der Gelbwesten-Bewegung aus Frankreich nahmen an der Demonstration in
London teil.
Und dann war da noch dieser Lkw-Fahrer
Ein Mann, der in Belgien einen Demonstranten der
"Gelbwesten"-Bewegung angefahren und getötet haben soll, wurde in den
Niederlanden verhaftet. Der 56-Jährige sei am Samstagabend in Tilburg
im Süden des Landes von der niederländischen Polizei festgesetzt
worden, berichtete die belgische Nachrichtenagentur Belga unter
Berufung auf die Staatsanwaltschaft in Lüttich. Gegen den Mann war
ein europäischer Haftbefehl erlassen worden.
Bei Protesten der "Gelbwesten"-Bewegung auf einer Fernstraße zwischen
Lüttich und dem niederländischen Maastricht war am Freitagabend ein
50 Jahre alter Mann von einem niederländischen Lastwagen angefahren
worden und gestorben. Die Ermittler gingen nach Angaben der
Staatsanwaltschaft in Lüttich am Samstagabend nicht mehr von einem
Unfall aus. Von einem Mord zu sprechen, sei jedoch verfrüht, sagte
eine Sprecherin.
(dpa)
Was Paris am Wochenende in Atem hielt:
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