Nach der mutmaßlichen Giftgasattacke in Syrien läuft die internationale Krisendiplomatie auf Hochtouren. Doch erst jetzt haben die Ermittlungen der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) in Duma begonnen. Dort soll am 7. April eine Bombe mit verbotenen Giftstoffen explodiert sein. Die neun Experten der OPCW stehen unter einem enormen Zeitdruck, um Spuren zu sichern. Aber was können sie noch ausrichten?
Das hängt natürlich davon ab, ob die Ermittler der OPCW auch Zugang
zu der Stelle bekommen, an der die Bombe explodiert sein soll, und ob
sie auch Zeugen und Opfer befragen dürfen. Spuren könnten sie noch
finden, sagt der Experte der OPCW, der deutsche Chemiker Ralf Trapp.
Sie könnten Bombensplitter finden oder Kanister. Die Ermittler können auch Opfer medizinisch untersuchen nach Symptomen, die auf bestimmte Giftstoffe hindeuten. Etwa Schaum vor dem Mund, Erstickungen, Zuckungen des ganzen Körpers.
Was werden sie zunächst tun?
Sie werden versuchen, so viel wie möglich Proben zu entnehmen. Von Boden, Wasser, Gebäuden. Dort kann eine hohe Konzentration von Chlor etwa auf Chlorgas deuten. Sie werden sicherlich Blut- und Gewebeproben von Opfern entnehmen. Bei Autopsien werden sie auch auf organische Veränderungen achten, etwa in den Lungen, die auf bestimmte Kampfstoffe hinweisen. Schließlich haben die OPCW-Experten auch das Recht, Augenzeugen, medizinisches Personal und Opfer zu befragen. Hat jemand den Hubschrauber gesehen oder sogar gefilmt, der die Bombe abgeworfen haben soll? Was haben die Zeugen gerochen oder gehört?
Das glaubt Trapp nicht. "Es ist nicht so einfach, Spuren zu beseitigen und Gebäude zu entgiften." Außerdem sind da auch noch die Zeugen und Ärzte, die den Ermittlern wertvolle Hinweise geben könnten.
Chlorgas ist wichtig für die Trinkwassersäuberung und nicht verboten, wohl aber der Einsatz als Waffe. Das Gas selbst verflüchtigt sich schnell, hinterlässt aber in Umwelt und auch Organen Spuren. "Wenn es Chlorgas war, dann findet man auch eine chemische Signatur", sagt Trapp.
Chlorgas aber auch das Nervengift Sarin waren bereits mehrfach im Syrien-Krieg eingesetzt worden. Und auch jetzt will der Chemiker Trapp nicht ausschließen, dass Sarin benutzt wurde. Darauf deuteten die Fotos von den Todesopfern hin, sagt er. Und Sarin ist "noch nach Wochen nachweisbar", ergänzt er. Zum Beispiel in Bodenproben aber auch im Blut der Opfer. In diesem Zusammenhang sind auch die Beobachtungen der Ärzte über die Symptome der Opfer wichtig.
Die OPCW will als internationale Organisation nicht Partei ergreifen in dem Konflikt. Daher soll das Team nur feststellen, ob es überhaupt ein Angriff mit C-Waffen war und wenn ja, was für ein Stoff benutzt wurde. Aber die Untersuchungen könnten sehr wohl auch zum Täter führen.
"Wenn sie etwa Reste einer Fassbombe finden, die nur von Hubschraubern abgeworfen werden konnte, dann weist das schon in eine bestimmte Richtung", sagt Trapp. Denn die syrische Armee verfügt über Hubschrauber. Theoretisch kommen aber auch die Rebellen als Täter in Frage. Nur bei großen Mengen von Chemikalien ist das unwahrscheinlich. Dazu bräuchte man Experten mit Erfahrung.
Vor Ort braucht das Team sicher ein paar Tage, schätzt Trapp. Dann müssen sie die entnommenen und gesicherten Proben von Gewebe oder Umwelt in externen Labors untersuchen lassen. Das heißt, zunächst werden diese im niederländischen OPCW-Labor in Portionen geteilt und weiter geschickt an andere Laboratorien, mit denen die Organisation eng zusammenarbeitet. Die Analysen können zwei Wochen dauern. Bis ein Endergebnis vorliegt, werden vermutlich drei bis vier Wochen vergehen.
(mbi/dpa)