Die Ermittlungen beginnen – 7 Fragen und Antworten zur Chemiewaffensuche in Syrien
18.04.2018, 06:2818.04.2018, 08:03
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Nach der mutmaßlichen Giftgasattacke in Syrien läuft
die internationale Krisendiplomatie auf Hochtouren. Doch erst jetzt
haben die Ermittlungen der Organisation für ein Verbot der
Chemiewaffen (OPCW) in Duma begonnen. Dort soll am 7. April eine
Bombe mit verbotenen Giftstoffen explodiert sein. Die neun Experten
der OPCW stehen unter einem enormen Zeitdruck, um Spuren zu sichern.
Aber was können sie noch ausrichten?
Was ist mehr als zehn Tage nach dem Anschlag überhaupt noch zu
finden?
Das hängt natürlich davon ab, ob die Ermittler der OPCW auch Zugang
zu der Stelle bekommen, an der die Bombe explodiert sein soll, und ob
sie auch Zeugen und Opfer befragen dürfen. Spuren könnten sie noch
finden, sagt der Experte der OPCW, der deutsche Chemiker Ralf Trapp.
Trapp weiter:
"Zum Beispiel kann man noch Waffenreste
finden mit Spuren des chemischen Kampfstoffes."
dpa
Sie könnten
Bombensplitter finden oder Kanister. Die Ermittler können auch Opfer
medizinisch untersuchen nach Symptomen, die auf bestimmte Giftstoffe
hindeuten. Etwa Schaum vor dem Mund, Erstickungen, Zuckungen des
ganzen Körpers.
Was werden sie zunächst tun?
Was werden sie zunächst tun?
Sie werden versuchen, so viel wie möglich Proben zu entnehmen. Von
Boden, Wasser, Gebäuden. Dort kann eine hohe Konzentration von Chlor
etwa auf Chlorgas deuten. Sie werden sicherlich Blut- und
Gewebeproben von Opfern entnehmen. Bei Autopsien werden sie auch auf
organische Veränderungen achten, etwa in den Lungen, die auf
bestimmte Kampfstoffe hinweisen. Schließlich haben die OPCW-Experten
auch das Recht, Augenzeugen, medizinisches Personal und Opfer zu
befragen. Hat jemand den Hubschrauber gesehen oder sogar gefilmt, der
die Bombe abgeworfen haben soll? Was haben die Zeugen gerochen oder
gehört?
Können Spuren auch beseitigt worden sein?
Das glaubt Trapp nicht. "Es ist nicht so einfach, Spuren zu
beseitigen und Gebäude zu entgiften." Außerdem sind da auch noch die
Zeugen und Ärzte, die den Ermittlern wertvolle Hinweise geben
könnten.
Als möglicher Kampfstoff wird Chlorgas genannt. Ist das überhaupt
noch nachzuweisen?
Chlorgas ist wichtig für die Trinkwassersäuberung und nicht verboten,
wohl aber der Einsatz als Waffe. Das Gas selbst verflüchtigt sich
schnell, hinterlässt aber in Umwelt und auch Organen Spuren. "Wenn es
Chlorgas war, dann findet man auch eine chemische Signatur", sagt
Trapp.
Könnte es auch ein anderer Stoff gewesen sein?
Chlorgas aber auch das Nervengift Sarin waren bereits mehrfach im
Syrien-Krieg eingesetzt worden. Und auch jetzt will der Chemiker
Trapp nicht ausschließen, dass Sarin benutzt wurde. Darauf deuteten
die Fotos von den Todesopfern hin, sagt er. Und Sarin ist "noch nach
Wochen nachweisbar", ergänzt er. Zum Beispiel in Bodenproben aber
auch im Blut der Opfer. In diesem Zusammenhang sind auch die
Beobachtungen der Ärzte über die Symptome der Opfer wichtig.
Untersuchen die OPCW-Experten auch, wer verantwortlich war?
Die OPCW will als internationale Organisation nicht Partei ergreifen
in dem Konflikt. Daher soll das Team nur feststellen, ob es überhaupt
ein Angriff mit C-Waffen war und wenn ja, was für ein Stoff benutzt
wurde. Aber die Untersuchungen könnten sehr wohl auch zum Täter
führen.
"Wenn sie etwa Reste einer Fassbombe finden, die nur von
Hubschraubern abgeworfen werden konnte, dann weist das schon in eine
bestimmte Richtung", sagt Trapp. Denn die syrische Armee verfügt über
Hubschrauber. Theoretisch kommen aber auch die Rebellen als Täter in
Frage. Nur bei großen Mengen von Chemikalien ist das
unwahrscheinlich. Dazu bräuchte man Experten mit Erfahrung.
Wann ist mit Ergebnissen der OPCW-Untersuchung zu rechnen?
Vor Ort braucht das Team sicher ein paar Tage, schätzt Trapp. Dann
müssen sie die entnommenen und gesicherten Proben von Gewebe oder
Umwelt in externen Labors untersuchen lassen. Das heißt, zunächst
werden diese im niederländischen OPCW-Labor in Portionen geteilt und
weiter geschickt an andere Laboratorien, mit denen die Organisation
eng zusammenarbeitet. Die Analysen können zwei Wochen dauern. Bis ein
Endergebnis vorliegt, werden vermutlich drei bis vier Wochen
vergehen.