Fast 500 Studentinnen der University of Southern California haben George Tyndall angezeigt. Mindestens so viele Frauen hat der Arzt sexuell missbraucht, in seiner Praxis auf dem Campus. Denn Tyndall war nicht irgendein Mediziner, er war der Uni-Gynäkologe im Gesundheitszentrum der Uni. In seiner Behandlung waren in den vergangenen Jahrzehnten schätzungsweise 14.000 bis 17.000 Frauen.
Die Uni hat sich nun bereit erklärt 215 Millionen Dollar zu zahlen, um Klagen der Opfer gegen die Hochschule beizulegen. Diese Frauen prangern an, schon vor einiger Zeit der Schulleitung den Missbrauch durch Tyndall gemeldet zu haben, aber die Schule habe nichts unternommen.
Eine Frau sagte laut der New York Times, wie Mitarbeiter des Gesundheitszentrums ihr versprochen hätten, sich ihre Beschwerde anzusehen. Aber dann sei nie wieder etwas passiert.
Die Uni hofft offenbar, mit der Zahlung den Fall nun möglichst schnell beizulegen. Auch wenn es zusätzlich noch Hunderte Klagen gegen Tyndall selbst gibt. Der Prozess dafür ist noch gar nicht im Gange. Die Interimspräsidentin der Hochschule, Wanda Austin, schrieb in einem Brief an die Studierenden, Mitarbeiter und Lehrkräfte, die Einigung sei ein "wichtiger Schritt nach vorn". Die Uni signalisiere deutlich, dass sie sich um ihre Studierenden sorge "und wir bereuen ganz sicher, dass das passiert ist", sagte Austin zudem in einem Interview.
Kritiker sehen das anders, auch weil die Entschädigung in verschiedene Stufen eingeteilt ist, die offenbar nicht nur Opfer irritieren: Tyndalls Patientinnen sollen grundsätzlich jeweils mit einer 2500 Dollar-Zahlung entschädigt werden – ob sie nun missbraucht worden sind oder nicht. Frauen, die schwersten Missbrauch durch Tyndall erfahren haben und zu näheren Erläuterungen bereit sind, sollen 20.000 Dollar Schmerzensgeld erhalten. Die, die sich bereit erklären, sich von einem Psychologen untersuchen zu lassen, sollen 250.000 Dollar bekommen.
Für John Manly ist das ein Witz. Der Anwalt vertritt 180 frühere Patientinnen Tyndalls und sagt, dass dieses Schlichtungsangebot lediglich für Verwirrung und das Gefühl von Täuschung sorge:
Gerichtsakten und Interviews bringen zutage, was die Frauen Tyndall vorwerfen: Er soll übergriffige und unnötige Beckenuntersuchungen durchgeführt, Frauen im Genitalbereich begrapscht haben. Er soll sexuell eindeutige Bemerkungen über ihre Körper gemacht und sie gedrängt haben, sich vor seinen Augen auszuziehen. Tyndall bestreitet die Vorwürfe.
Dabei hatte eine interne Untersuchung bereits 2017 bestätigt, dass sich der Arzt unangemessen verhalten und dass er Patientinnen sexuell belästigt habe. Daraufhin traf er offenbar eine Übereinkunft mit der Hochschule, sich leise samt Abfindung aus dem Dienst zurückzuziehen – 17 Jahre, nachdem die ersten Beschwerden über ihn bei der Hochschule eingetroffen waren.
(sg)