Der Jahrestag des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine steht bevor. Seit nun fast zwölf Monaten wehren sich die Ukrainer:innen gegen den Aggressor. Dabei erhalten sie Unterstützung der Nato-Länder sowie von den USA, etwa in Form von Waffenlieferungen. Russland hingegen ist seit der Invasion der Ukraine international weitestgehend isoliert.
Die Liste der Verbündeten Russlands ist in den vergangenen Monaten offensichtlich geschrumpft. Dabei lag das Auge der Weltöffentlichkeit besonders auf einem Akteur: China.
Die Weltmacht dürfte der wichtigste verbliebene Partner Russlands sein. Doch bisher hielt sich das Land gekonnt im Hintergrund. Jetzt kündigt China allerdings an, eine Friedensinitiative für den Krieg in der Ukraine lancieren zu wollen – ohne Details zu nennen.
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping versuche, "es in beiden Richtungen hinzubekommen", meint US-Außenminister Antony Blinken einem Interview mit dem US-amerikanischen Fernsehsender "NBC News". Er warnt aber vor einer möglichen "tödlichen Unterstützung" Chinas.
"Die Sorge, die wir jetzt auf Grundlage der uns vorliegenden Informationen haben, ist, dass sie die Bereitstellung tödlicher Unterstützung erwägen", sagt Blinken mit Blick auf China gegenüber dem US-amerikanischen Fernsehsender "CBS".
Auf die Frage, was eine "tödliche Unterstützung" umfasse, verdeutlicht der Außenminister: "alles von Munition bis zu den Waffen selbst". Jegliche Waffenlieferung an Moskau würde "ernste Probleme" verursachen, sagt Blinken.
Bisher würde sich China nach außen als ein nach Frieden strebender Akteur positionieren. Allerdings leisten sie im Hintergrund bereits Unterstützung zugunsten Russlands. Zum Beispiel stellen sie kommerziell hergestellte Drohnen bereit, die auch im Krieg eingesetzt werden können, berichtet die US-amerikanische Tageszeitung "The Wall Street Journal".
Die Sorgen wachsen, dass diese Unterstützungen noch "tödlicher" werden könnten. Denn: Chinesische Waffenlieferungen an Russland würden dem Krieg in der Ukraine eine neue Dimension verleihen – und das weiß wohl auch die US-Regierung.
Laut Eduard Wong, Analyst der US-amerikanischen Tageszeitung "New York Times", zeigt die öffentliche Aussage Blinkens eine gewisse Verzweiflung seitens der USA. Die Biden-Regierung versucht ihm zufolge, Xi Jinping um jeden Preis von den Waffenlieferungen abzubringen. Allerdings wohl mit wenig Erfolg. Die Vereinigten Staaten hätten nur wenige gute Karten gegen China in der Hand, um tatsächlich Einfluss auf die Entscheidungen der chinesischen Regierung zu nehmen, meint Wong.
Insbesondere aufgrund der Ballon-Affäre sei die Beziehung zwischen den beiden Staaten an einem Tiefpunkt angelangt.
Nach dem Abschuss eines mutmaßlichen chinesischen Spionage-Ballons über den USA steht es nicht gut um die diplomatischen Beziehungen. Chinas Außenpolitiker Wang Yi fordert die USA auf "den Kurs zu ändern, den Schaden anzuerkennen und zu reparieren, den ihre exzessive Gewaltanwendung den US-chinesischen Beziehungen zugefügt hat". Das berichtet die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua.
Der tagelange Überflug des Ballons über mehrere US-Atomwaffenbasen hatte zu einem Eklat zwischen Washington und Peking geführt. Blinken hatte daraufhin eine geplante China-Reise abgesagt. Es hätte der erste China-Besuch eines US-Außenministers seit mehr als vier Jahren werden sollen.
Die Spannungen zwischen China und den USA haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Dabei geht es unter anderem um den Konflikt um Taiwan, die Situation in Hongkong, Menschenrechte und Handelsfragen. In den vergangenen Monaten hatte es aber auch Zeichen der Entspannung gegeben. So trafen sich Biden und Xi im vergangenen November am Rande des G20-Gipfels in Indonesien.
Nun könnte der Krieg in der Ukraine erneuten Druck auf die ohnehin angeschlagene Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und China ausüben. Die Biden-Regierung zeigt China Grenzen auf: bis hier hin und nicht weiter.
Bei einem Treffen mit Chinas Außenpolitiker Wang auf der Münchner Sicherheitskonferenz warnt Blinken China vor "Konsequenzen" einer Unterstützung Russlands. Die USA werden nicht tatenlos zuschauen, sollte China Russland "materielle Unterstützung" leisten oder bei der Umgehung westlicher Sanktionen helfen.
Blinken habe "sehr direkt und offen" mit Wang gesprochen, hieß es aus dem US-Außenministerium. Insbesondere hinsichtlich der Unterstützung Russlands sei der US-Diplomat "ziemlich unverblümt" gewesen. Auch die EU springt auf den Zug auf und zeigt klare Kante.
Schweden, das in diesem Halbjahr den Vorsitz im EU-Ministerrat innehat, droht China ebenfalls mit "Konsequenzen". Der schwedische Außenminister Tobias Billström sagt in Brüssel, seine Botschaft an Peking sei klar: "Keine Waffen an Russland, unter keinen Umständen und von keinem Land." Die EU stehe dabei an der Seite der USA.
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sagt dem Deutschlandfunk, chinesische Waffenlieferungen an Russland wären eine "dramatische Wende" in dem fast einjährigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er bejaht die Frage, ob die EU dann Sanktionen gegen China verhängen würde. Asselborn verwies auf die bereits verhängten EU-Strafmaßnahmen gegen den Iran wegen der Lieferung von Kampfdrohnen an Russland. "Würde China Waffen liefern, könnte ähnliches sehr schnell die Folge sein", betont Asselborn.
Mit Chinas Waffenlieferungen an Russland wäre "eine rote Linie" überschritten, sagt EU-Chefdiplomat Josep Borrell am Rande des Außenministertreffens in Brüssel. Der hochrangige chinesische Außenpolitiker Wang habe ihm versichert, China habe "keine Absicht, dies zu tun".
China weist die Vorwürfe der USA über mögliche Waffenlieferungen Pekings an Russland scharf zurück. Washington verbreite "Falschinformationen", sagt der chinesische Außenamtssprecher Wang Wenbin. Peking werde "keine Fingerzeige der USA auf die chinesisch-russischen Beziehungen" akzeptieren.
Es seien "die USA und nicht China, die ständig Waffen auf das Schlachtfeld schicken", meint Wang. Er ergänzt:
China bemühe sich in dem Ukraine-Konflikt darum, "den Frieden zu fördern und den Dialog zu unterstützen".
(Mit Material der AFP)