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Analyse

Manfred Weber. Wer ist der CSU-Mann aus Bayern, der Jean-Claude Juncker beerben will

Manfred Weber, Kandidat für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Auf Instagram.
Manfred Weber, Kandidat für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten. Auf Instagram.Bild: Manfred Weber Instagram
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Dieser Mann will an Europas Spitze – 5 Fakten zu Europas neuem Juncker

05.09.2018, 16:5006.09.2018, 06:16
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Es gibt eine schöne Geschichte aus Bayern, die viel sagt über das Verhältnis zwischen der bauchnabelorientierten deutschen Politik und Europa.

CSU-Chef Horst Seehofer, damals noch Ministerpräsident in Bayern, ließ die Großen seines Reiches zum Treffen mit der heimischen Wirtschaft versammeln. Stolz präsentierte Seehofer seine Delegation. Nur ein paar Kollegen im Gefolge übersah er. Die Gegenseite war aufmerksamer und begrüßte höflichst die Europaabgeordneten der CSU. An ihrer Spitze Manfred Weber. 

Manche haben eben Größe, und sie wissen, wo die großen Entscheidungen fallen.

Und manche haben ein Auge für kommende Aufsteiger: Manfred Weber, 46, CSU-Europaabgeordneter aus Bayern, will kommendes Jahr die Nachfolge von Jean-Claude Juncker antreten. Am Mittwoch erklärte der CSU-Mann aus Niederbayern offiziell seine Kandidatur. 

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Manfred, wer?

Manfred Weber sitzt seit 2004 im Europaparlament, seit 2015 führt er dort die mächtige Fraktion der Christdemokraten an.  Zuletzt boxte er das Interrail für alle durch. 

Ein Mann geht auf Reisen:

Dass ihn nicht jeder sofort kennt, muss nicht verwundern. Weber pflegt eher leise Töne. Aber er ist ungemein fleißig. Das zahlt sich aus in Europa. Sein Credo lautet: 

„Europapolitik ist deutsche Innenpolitik."
Manfred Weber, CSU-Europaabgeordneter, mit Chancen auf mehr

Der Anti-Söder

Im letzten Europawahlkampf machte die CSU viel Radau, gegen "die da aus Brüssel". Weber hielt sich dabei auffallend zurück. Auch innere Distanz kann eine Form von Protest sein.

Das Poltern ist Webers Sache nicht. Der Mann kann zuhören und in kniffligen Situationen eine Lösung finden. Das muss nicht überraschen. Der gelernte Ingenieur arbeitete vor seiner Zeit in der Politik für eine Beratungsfirma. Das schärft den Blick für pragmatische Ansätze. Der Aufstieg Webers erfolgte 2003. Damals wurde er Chef der Jungen Union in Bayern. Es hatte eine gewisse Ironie, dass er das Amt von einem gewissen Markus Söder übernahm - gegen den Willen der CSU-Führung. Er wolle Weg vom "Eventcharakter" der Politik, hatte Weber damals erklärt. Nicht nur Söder hat für diese Erkenntnis länger gebraucht. 

Die politische Arena in Bayern ist das Bierzelt:

Söder kämpft nun im Wahlkampf in Bayern um eine Mehrheit für die CSU – und seine Zukunft. Manfred Weber strebt nach einem Top-Job in Europa: dem Amt des EU-Kommissionspräsidenten.

Der andere Konservative

Die Niederbayern sind ja etwas merkwürdig. Im Freistaat gelten sie als ärmlich und, pardon, etwas zurückgeblieben. Dass es sich lohnt, der bayrischen Enge zu entfliehen, zeigt Weber. Die Sicht aus Brüssel (nicht auf Bayern) hat seine Perspektive erweitert. 

Und so piesackte Weber die Konservativen in der CSU bald mit bitteren Erkenntnissen. Er mahnte, Alleinerziehende als gesellschaftliche Realität anzuerkennen und warb für Ganztags-Kitas. Mit Horst Seehofer stritt er über Sozialpolitik, er warb für eine Privatisierung der Pflegeversicherung. Nur ist das freie Denken nicht immer gefragt, im Loyalitätsverbund der CSU. Zu Webers schärfsten Kritikern in der CSU zählt Alexander Dobrindt, der Mann, der im Frühjahr eine "konservative Revolution" forderte. Das käme Weber nicht in den Sinn. Er ist wertkonservativ, aber er denkt liberal. Und er ist weltoffen. Weber scheint zu begreifen, was der Philosoph Dieter Thomä mit Blick auf Dobrindt sagt: 

"Es braucht keine konservative Revolution, sondern eine Revolutionierung des Konservativen."
Dieter Thomä, Philosoph, Nzz

Und hat er auch ein Programm?

Endlich wieder ein Platz an der Sonne

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Die nationale Presse von  "Spiegel" bis zur Lokalzeitung "Kölner Stadt-Anzeiger" freut sich schon über einen Deutschen an der Spitze der EU-Kommission. Aber reicht das, Deutsch zu sein? Oder hat der Mann auch ein Programm? Weber eckt durchaus an, auch mit den Parteioberen und EU-Größen:

  • So ließ er den Swift-Austausch von Bankdaten mit den USA etwa im Plenum scheitern, das Parlament war zu wenig involviert. 
  • In der NSA-Affäre um US-Lauschangriffe in Deutschland mahnte er früh stärkere Datenschutzstandards und ein Safe-Harbor-Abkommen im Umgang europäischer Daten auf US-Servern an.

Europa hat er jetzt einen neuen Politik-Ansatz verordnet:

  • Im Streit zwischen den EU-Behörden in Brüssel und Europas Bürgern will er "Europa zu den Menschen bringen". Das voreilige Einlenken in der Debatte um die Sommerzeit zeigt: Europa will sich künftig mehr bescheiden.
  • "Es geht heute um die Selbstbehauptung Europas und die Verteidigung unserer Werte, weil wir von außen und innen angegriffen werden", sagt Weber. 

Dem europäischen Himmel so nah:

Das kann viel bedeuten. Selbsthauptung im Kampf gegen den politischen Islam. Aber auch Selbstbehauptung gegen Europas Populisten. 

Letzteres würde noch selbstbewusster klingen, wären in Webers europaweitem Parteienverbund im Europaparlament nicht auch die Polterer Silvio Berlusconi und Viktor Orban vertreten. Weber umarmte beide öffentliche. Er braucht ihre Stimmen auf dem Wegen nach oben. Klingt nach wirklich appetitlich.

In Bayern daheim, in der Welt zuhause – aber reicht das?

Weber posiert auf Instagram mit den Größen der Welt. 

  • Mit Angela Merkel versteht er sich prächtig, im Streit mit der CSU um die Flüchtlingspolitik stand er auf der Seite der Kanzlerin.
  • Er posiert mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Die beiden sind nicht wirklich eng, aber ohne Macron geht nichts in Europa. Auch nicht eine Beförderung Webers. 
  • Spaniens Ex-Premier Mariano Rajoy, Ex-US-Außenminister John Kerry. Weber kennt sie alle. Der Mann ist in Bayern daheim.

Eine Frau könnte ihm gefährlich werden:

Klingt zu schön, um wahr zu sein. Weber braucht nach den Europawahlen im kommenden Mai nicht nur die Unterstützung der Staats- und Regierungschefs, sondern auch die Mehrheit im Europaparlament. Das könnte eng werden, auch weil mit kräftigen Gewinnen für die Populisten von Rechts und Links gerechnet wird. 

Und so wird noch kräftig um Jobs in Brüssel gefeilscht. Zumal in Europa nächstes Jahr noch weitere Jobs zu vergeben sind:

  • eine Nachfolge für Mario Draghi an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB)
  • eine Nachfolge für Donald Tusk als Ratspräsident der EU-Staaten in Brüssel
  • eine Nachfolge für Federica Mogherini als EU-Außenbeauftragte

Gute Chancen könnte deshalb die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager haben. Die resolute Liberale hat sich mit Google, Apple und Co angelegt. Sie kommt aus Dänemark. Aber das spielt weniger eine Rolle. Mit Vestager käme eine Frau an die Spitze der EU-Kommission. Wäre auch was für Europa. 

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