Dass Hendrik Wüst sich gegen eine Kanzlerkandidatur entscheidet, ist wenig überraschend. Bild: dpa / Christoph Soeder
Analyse
Jetzt steht fest: Friedrich Merz ist Kanzlerkandidat der Union. Offiziell wird die Entscheidung bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem Konkurrenten, dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), am Dienstagmittag verkündet. Doch die Nachrichtenagentur Reuters berichtete unter Berufung auf zwei unabhängige Quellen bereits vorab davon.
In den vergangenen Tagen hatte die K-Frage die Stimmung innerhalb der CDU/CSU traditionell ordentlich aufgemischt: Bis Montag wurde auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst als potenzieller Kandidat gehandelt. Dann stellte er aber zu Beginn der Woche in Düsseldorf klar: "Ich stehe aktuell nicht für die Kanzlerkandidatur zur Verfügung." Er stellte sich hinter Merz – und begrub damit die Hoffnung vieler.
Schließlich gilt Wüst als äußerst beliebt.
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Er leitet den mitgliederstärksten Landesverband der CDU und wirkt mindestens so geeignet für das Kanzleramt wie Merz oder Söder. Wüst rief am Montag auch die Schwesterpartei CSU auf, eine Kandidatur von Merz zu unterstützen, weil "das die gemeinsamen Wahlchancen der Union enorm erhöhen würde".
Dass er sich für Merz aussprach, gab diesem eine gewichtige Rückendeckung. Doch Wüsts Schritt überraschte nicht. Stattdessen wirkt alles wie ein geplantes Vorgehen.
CDU: Wüst ließ Merz den Vortritt – eine Inszenierung mit Wumms?
Das Aufsehen um Wüsts Absage am Montag war groß. Die Wahrheit aber ist, dass Wüst sich selbst öffentlich nie explizit als Kanzlerkandidat ins Gespräch gebracht hatte.
Sein Name wurde dennoch oft in Diskussionen über mögliche zukünftige Kanzlerkandidaten der Partei gehandelt. Vor allem deshalb, weil Wüst innerhalb der CDU als aufstrebender Politiker gilt und hohe Beliebtheitswerte hat.
Hendrik Wüst (links) stellt sich hinter CDU-Chef Merz (Mitte). Bild: dpa / Michael Kappeler
Es wirkt, als hätte er sich diese Option nur offen gelassen für den Fall, dass sich Merz und Söder zu sehr in die Haare gekriegt hätten. Damit er sich als unbeschädigter Kompromisskandidat anbieten könnte.
Wüsts Verzicht zu diesem Zeitpunkt wies darauf hin, dass das interne Rennen bei der CDU möglicherweise schon entschieden war – zugunsten von Friedrich Merz.
Merz sei tief verwurzelt im Sauerland, er genieße die Unterstützung seines Heimatverbandes, sagte Wüst noch am Montag. Und: "Er hat unsere Partei wieder vereint, er hat die Bundestagsfraktion oppositionsfähig gemacht." Einheit sei nun entscheidend für einen Erfolg der Union.
Hendrik Wüst niemals Kanzler? Er gibt Einblick in eigene Ambitionen
Wüst strebt also nicht nach der Kanzlerkandidatur – zumindest nicht in dieser Wahlrunde. Dennoch bleibt offen, ob er sich für die Zukunft nicht doch als potenzieller Kandidat ins Gespräch bringt.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) gilt als äußerst beliebt.Bild: dpa / Henning Kaiser
Zu seinen eigenen Ambitionen äußerte er sich ebenfalls in Düsseldorf: "Ich habe wahrgenommen, dass Menschen sich wünschen, dass ich über NRW hinaus Verantwortung übernehme", sagte er. "Das lässt mich nicht unberührt. Es lässt einen nicht unbeeindruckt, wenn Menschen aus der Wirtschaft und Gesellschaft sagen: Meine Unterstützung haben Sie." Den Zuspruch habe er als "etwas Ermutigendes" empfunden.
Union: Viele nehmen Markus Söder das Debakel von 2021 übel
Zudem habe er sich gefragt, wie er dazu beitragen könne, die Ampel-Regierung abzulösen. In Bezug auf den Wahlkampf 2021 sagte er diesbezüglich: "So etwas darf sich in der Union nicht wiederholen, darüber sind wir uns im Landesvorstand einig."
Was er damit meint? Den über Monate geführten Machtkampf in CDU und CSU über die Kanzlerkandidatur.
Die Spitzen der CDU-Landesverbände haben Söder seit dem Debakel der Bundestagswahl 2021 deshalb wenig Sympathie entgegengebracht. Dass er sich im Machtkampf gegen Armin Laschet positionierte, nehmen ihm noch heute viele übel.
Zu groß war der Schaden, den er damals angerichtet hatte. Den Machtkampf sahen später viele als einen Faktor für die Niederlage der Union bei der Bundestagswahl. Wohl nicht zuletzt deshalb hatte Söder auch bei der aktuellen K-Frage nicht wirklich realistische Chancen.
(mit Material der dpa)
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