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Elon Musk: Lücken im Lebenslauf des Milliardärs und Parallelen zu Trump

FILE - Elon Musk speaks after President-elect Donald Trump spoke during an America First Policy Institute gala at his Mar-a-Lago estate, Nov. 14, 2024, in Palm Beach, Fla. (AP Photo/Alex Brandon, File ...
Die Biografie des Techmilliardärs Elon Musk wirft viele Fragen auf.Bild: AP / Alex Brandon
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Wie Elon Musk zum Superschurken wurde – und immer stärker Trump gleicht

Ein US-Journalist hat sich intensiv mit dem Werdegang von Elon Musk beschäftigt und konstatiert: Der Techmilliardär habe die Welt massiv getäuscht. Und: Er sei nicht weniger als ein Superschurke.
02.01.2025, 07:02
Daniel Schurter / watson.ch
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In Hollywood-Filmen sind wir es gewohnt, dass die Guten gewinnen. Die Bösen können noch so fies und brutal agieren, am Ende verlieren sie. Immer.

Und damit zurück in die Realität.

In wenigen Wochen ist Elon Musk "Co-Präsident" der Vereinigten Staaten. Der reichste Mann der Welt hat sich den direkten Zugang zu Donald Trump gekauft – und wird diese Machtposition gnadenlos ausnutzen.

Die Parallelen zwischen Trumps Leben und dem von Musk seien "frappierend". Zu diesem Befund kommt Seth Abramson, ein 48-jähriger Professor, Anwalt, Bestseller-Autor und Investigativ-Journalist. Er hat sich intensiv mit der Vergangenheit der beiden notorischen Lügner beschäftigt und viele Texte über sie publiziert.

Das meiste, was die Leute über Musk zu wissen glauben, sei falsch, erklärt Abramson. Im Folgenden fasst watson kaum bekannte Erkenntnisse zum Werdegang Musks zusammen und zeigt die Parallelen zu Trump auf.

Stimmt das wirklich?

Abramson hat sich mit Kritik an den beiden mächtigen Männern schon wiederholt aus dem Fenster gelehnt. Er wurde unter anderem wegen früherer Artikel zu Trumps Russland-Nähe und der mutmasslichen Putin-Connection als Verschwörungstheoretiker verunglimpft.

Tatsache ist, dass Abramson seine Texte mit öffentlich zugänglichen Informationen dokumentiert und auf Original-Quellen verlinkt. Er betont, seine Recherchen basierten auf "Open Source Intelligence", kurz OSINT. Und er zieht daraus knallharte Schlüsse.

Mittlerweile betätige er sich seit zwei Jahren als Musk-Biograf, hält Abramson fest. In dieser Zeit habe er "Hunderte und Hunderte von Seiten professionell recherchierter Inhalte" über ihn veröffentlicht – und zwar bei "Proof", einem unabhängigen Medienunternehmen, das laut eigenen Angaben zu den populärsten Inhalten auf der amerikanischen Autoren-Plattform Substack gehört.

Es haben sich bekanntlich schon mehrere Autoren an der (bisherigen) Lebensgeschichte des umtriebigen Unternehmers versucht. Ausgewählte Autoren erhielten direkten Zugang zu Elon Musk und konnten ausführlich mit ihm über seine Vergangenheit sprechen.

Zu den bekanntesten Werken gehört die autorisierte Musk-Biografie von Walter Isaacson, der zuvor schon die Lebensgeschichte von Steve Jobs und anderen US-Persönlichkeiten zu Bestsellern verarbeitet hatte. Ein weiterer bekannter Musk-Biograf ist Ashlee Vance, ein Bestseller-Autor der "New York Times".

Das Problem laut Seth Abramson: Diese Bücher enthalten zum Teil widersprüchliche Informationen und Zeitangaben, die von Elon Musk selbst stammen. Dabei zeichnet sich ein Muster ab: Der Techmilliardär widerspricht sich im Laufe der Jahre immer wieder selbst und versucht, negative Aspekte seines Werdegangs auszublenden, respektive in anderem Licht darzustellen.

Es begann mit üblen Rassisten und einer illegalen Smaragdmine

Angesichts seiner familiären Vorgeschichte ist es nicht verwunderlich, dass Musk wiederholt versuchte, der Öffentlichkeit ein falsches Bild zu vermitteln.

Der braune Apfel fiel nicht weit vom Stamm: Seine Großeltern waren offen Nazi-Sympathisanten. Und sein Vater entpuppte sich als Rassist erster Güte, der alle Nicht-Weißen als minderwertig ansah. In einem Brief an seinen Sohn Elon schrieb Errol Musk 2022: "Wenn es hier [in Südafrika] keine Weißen mehr gibt, werden die Schwarzen zurück auf die Bäume gehen."

Ein beträchtlicher Teil des Vermögens, von dem Elon und sein Bruder Kimbal in ihrer Kindheit in Südafrika profitierten und mit dem sie später in Kanada und in den USA von ihrem Vater unterstützt wurden, stammte aus mutmaßlich illegalen Smaragd-Minen in Sambia. Die schwarzen Arbeiter dort wurden ausgebeutet, und Errol Musk weigerte sich, dafür Steuern zu bezahlen.

Errol Musk, Elon Musk s father photographed at home in Langebaan north of Cape Town in South Africa on November 13, 2024. This image: Errol shows family photos. Langebaan SOUTH AFRICA x4912x *** Errol ...
Errol Musk in seinem Haus in Südafrika, nahe Cape Town.Bild: imago images / Torbjörn Selander

Die Musks seien in der Tat schon stinkreich gewesen, als Elon noch ein Junge war, hält Abramson fest.

"Unverschämt reich. Luxusautos, Privatjets, eines der schönsten Häuser in ganz Südafrika."

Das in Musks Wahlheimat Amerika beliebte Narrativ, dass man es vom Tellerwäscher zum Millionär bringen kann, hat also nichts mit ihm zu tun. Vielmehr wurde er mit einem goldenen Löffel im Mund geboren.

Elon habe sich zum Ziel gesetzt, in die USA zu gehen, weil ihm der Reichtum seiner Familie nicht genügte, so Abramson. Denn dort wollte er ein Vermögen anhäufen, das ihn berühmt und mächtig machen sollte.

Entgegen Elons wiederholten Behauptungen gab es zwischen ihm und seinem Vater keine Entfremdung, trotzdem hielt sich dieses Narrativ hartnäckig.

Abramson kommentiert:

"Wenn man bedenkt, wer Elons und Kimbals Vater Errol Musk ist, was er über Rassenhierarchien denkt und dass er den Grossteil seines Geldes im Südafrika der Apartheid-Ära verdient hat, ist es keine Überraschung, dass Elon und Kimbal nicht wollten, dass irgendjemand erfährt, dass sie in den 1990er-Jahren in Amerika nicht nur von Papas Geld lebten, sondern dass sie es ohne ihn und sein Geld im Geschäftsleben nie geschafft hätten."
Los Angeles Premiere Of Passionflix s Series Driven Season 2 SANTA MONICA, LOS ANGELES, CALIFORNIA, USA - JULY 17: South African restaurateur Kimbal Musk arrives at the Los Angeles Premiere Of Passion ...
Kimbal Musk, Elons ein Jahr jüngerer Bruder, inszeniert sich gerne als Wohltäter.Bild: imago images / Image Press Agency

Ein sehr spezielles Verhältnis zur Wahrheit

Es gebe zahllose Beweise dafür, dass Elon vom illegalen Geschäft seines Vaters in Sambia wusste und die Minen besuchte, hält Abramson fest. Trotzdem habe er es wiederholt bestritten – und dies, nachdem er zuvor selbst alles offengelegt hatte. Der Grund: Elon glaube grundsätzlich nicht an das Konzept einer beständigen Wahrheit und tue dies seit seiner Kindheit nicht mehr.

"Dies ist vielleicht der richtige Moment, um darauf hinzuweisen, dass ich als Musk-Biograf keinen einzigen Aspekt seiner Biografie finden kann, über den er nicht gelogen hat. Und nicht nur gelogen – er hat rücksichtslos gelogen. Schamlos. Jahrzehntelang. Ohne jegliche Integrität oder Treue zur Wahrheit. Und jede Lüge hat denselben Zweck: zu verbergen, was für ein hinterlistiger, im Grunde schlechter Mensch er ist."

Tatsächlich sei es Musk während seiner Zeit in Kalifornien, im Silicon Valley, nicht nur gelungen, die Investoren zu beeindrucken, sondern auch die Öffentlichkeit zu täuschen und sein wahres Gesicht zu verbergen.

Musk spielt seinen Mangel an Bildung herunter

Dies sei "der möglicherweise verlogenste Aspekt" von Musks Lebensgeschichte, hält Abramson fest.

"Statt an Bildung – eigene oder andere – glaubt Elon daran, Geld zu verdienen, und zwar normalerweise mit den Ideen anderer und fast ausschließlich mit deren Arbeit."

Elon Musk habe sich als junger Mann erfolglos an vier Universitäten in drei Ländern versucht:

  • Nachdem er die Highschool in Südafrika als mittelmäßiger Schüler abgeschlossen hatte, sei Elon zunächst an der Universität von Pretoria gescheitert.
  • Später scheiterte er auch an der Queen‘s University in Kingston, Ontario, Kanada.
  • Schließlich scheiterte er auch an der University of Pennsylvania. Die "Penn" gilt als eine der renommiertesten Privat-Universitäten der USA.
  • Einen universitären Abschluss erhielt er erst Jahre später, unter zweifelhaften Umständen, als Musk-Investoren ihren Einfluss spielen ließen.

Musks Vater müsse mächtig genug gewesen sein, um in Pennsylvania die Fäden zu ziehen, so Abramson. Und Sohn Elon habe sich dort – "in Fortsetzung einer lebenslangen Tendenz" – nicht um akademische Angelegenheiten geschert und hauptsächlich gefeiert.

Abramson kommentiert:

"Irgendwie hatte er das nötige Kleingeld, um zwei verschiedene Villen zu vermieten (ja, wirklich), eine zum Wohnen und eine, um einen Nachtclub zu betreiben, in dem seine Mutter Maye Musk als Angestellte arbeitete."
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Musks Mutter Maye arbeitete einst als Model.Bild: imago images / Nur Photo

Wie er sich vor dem Militärdienst drückte

Bis heute geistert die Erzählung herum, Elon Musk habe Südafrika bedauernd verlassen, um sich nicht in der südafrikanischen Armee rassistisch betätigen zu müssen. Das sei Blödsinn und finde in keinem Interview mit Zeitgenossen eine solide Grundlage, so Abramson.

"Es scheint vielmehr so, als ob Elon, genau wie Trump, den Militärdienst als etwas für Trottel ansah – und da er wusste, dass er in Südafrika nicht (noch) reicher werden würde, floh er einfach."

Die merkwürdige Lücke im Lebenslauf

Elon wanderte bekanntlich in jungen Jahren nach Kanada aus. Allerdings weiss niemand, was er dort tat.

"Alle Zeitangaben, die er über seine ersten Monate in Kanada gemacht hat, sind in sich zusammengefallen. Seine Biografen können sich keinen Reim darauf machen. Tatsächlich gibt es ein ganzes verlorenes Jahr, in dem sein Aufenthaltsort unbekannt ist, und diese Lücke lässt er – wie üblich – mit einer unbeweisbaren, offenkundig absurden Selbstmythologisierung weg."

Weiter behauptete Musk, er habe bei seiner Ankunft kein Geld gehabt und sich deshalb mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten. Nur fehlt dafür laut Abramson jeglicher Beleg. Hingegen gebe es den Beweis, dass er sich später an einer Universität einschrieb – und wo er erneut scheiterte, also keinen Abschluss machte.

Tod des eigenen Kindes instrumentalisiert

Dass es der Multimilliardär auch bei höchst privaten Dingen nicht genau nimmt, zeigt eine weitere Anekdote, die Abramson in Erinnerung ruft. 2002 brachte Musks erste Frau Justine in den Vereinigten Staaten ein Söhnchen zur Welt, das allerdings tragischerweise im Alter von 10 Wochen am plötzlichen Kindstod starb.

Sein erstgeborenes Kind sei in seinen Armen gestorben, twitterte Musk im November 2022. Er reagierte damit auf Fragen auf seiner Social-Media-Plattform X. Dort wurde kritisiert, dass er den rechtsextremen Verschwörungstheoretiker Alex Jones ("Infowars") nach dem Kauf der Plattform nicht wieder zugelassen hatte.

Laut der Mutter starb der Sohn nicht direkt am plötzlichen Kindstod (auf Englisch: SIDS), sondern in ihren Armen, nachdem die lebenserhaltenden Maschinen abgeschaltet wurden.
Laut der Mutter starb der Sohn nicht direkt am plötzlichen Kindstod (auf Englisch: SIDS), sondern in ihren Armen, nachdem die lebenserhaltenden Maschinen abgeschaltet wurden.Bild: screenshot X

Er kenne kein Erbarmen mit jemandem, der den Tod von Kindern ausnutze, um Profit zu machen, Politik zu machen oder Ruhm zu erlangen, behauptete Musk.

Ein Jahr später, im Dezember 2023, ließ er Jones, der wegen übelster Hetze in Zusammenhang mit dem Amoklauf an der Sandy Hook Elementary School verurteilt worden war, auf die Plattform zurückkehren.

Was haben Trump und Musk gemeinsam?

Das Urteil von Seth Abramson fällt vernichtend aus:

"Beide Männer scheinen narzisstisch und sogar an der Grenze zur Soziopathie zu sein."
  • Trump und Musk seien – in unterschiedlichem Ausmass – die Nachkommen rechtsextremer Judenhasser und Rassisten.
  • Beide hätten penibel verheimlicht, wie sehr ihnen der Reichtum, "in den sie hineingeboren wurden", einen Vorteil verschafft habe.
  • Die Zwei hätten ein schreckliches Temperament und kein Gespür für das "Big Business", seien aber dennoch im Geschäftsleben erfolgreich.
  • Beide würden sich zu toxischer Männlichkeit bekennen und es sei ihnen gelungen, eine Kult-ähnliche Anhängerschaft aufzubauen.
  • Beide seien besessen von ihrem eigenen Ruhm.
  • Trump und Musk würden für scheinbar große Ideen eintreten, agierten aber kaum glaubwürdig, da keiner einen ethischen Kodex, einen moralischen Kompass oder Leitprinzipien zu besitzen scheine.
  • Beide hätten Probleme mit der Monogamie und seien ungewöhnlich daran interessiert, der Geschichte durch ihre Kinder ihren Stempel aufzudrücken.
  • Beide hätten mit ihrer Fitness und ihrem Selbstbild Probleme und inszenierten sorgfältig, wie sie im Fernsehen und im Internet von der Öffentlichkeit gesehen werden – vieles passiere jedoch durch heimliche Manipulation hinter den Kulissen.
  • Beide hätten kaum ein echtes Interesse an Politik oder Geopolitik. Es sei denn, sie könnten damit "ihre eigene beträchtliche Habgier" befriedigen.

Und das Fazit?

Abramson bezeichnet Elon Musk als Superschurken.

"Er hat mehr Geld als jeder Mensch je hatte – und strebt danach, der erste Billionär der Welt zu werden, ein Status, den er voraussichtlich bis 2029 erreichen wird – und seine Pläne sind daher anders als alle Pläne, die je ein Mensch hatte."

Musks öffentlicher Trick, angeblich die Menschheit retten zu wollen, sei der dreisteste Schwindel, den sich ein Mensch je ausgedacht habe, und doch könne jeder Biograf, der sein Leben ohne Scheuklappen erforsche, erkennen, dass es genau das sei: ein Schwindel.

"Elon mag die Wahrheiten nicht, die die Leute ihm immer und immer wieder erzählen – nicht weil er mutig und ein Einzelgänger ist, sondern weil er korrupt und intrigant ist und weiß, dass er ein Plutokrat ist."

Im Gegensatz zu Hollywood-Filmen sieht es leider überhaupt nicht nach einem Happy End aus.

Abramson mahnt:

"Als Musk-Biograf kann ich gar nicht genug betonen, wie gefährlich die kommenden Monate und Jahre für uns alle sein werden, die wir an die Wahrheit und die Menschheit glauben – denn wir haben jetzt zwei Männer, die es auf beides abgesehen haben, mit Hauptsitz in den Vereinigten Staaten und ohne offensichtliche Möglichkeiten, ihren Vormarsch zu verlangsamen."

Wie viele andere bezweifle er ernsthaft, dass Amerika als Nation "den doppelten Angriff von Elon Musk und Donald Trump" überleben könne.

Quellen

Videos aus Ukraine-Krieg: Moderner Panzer schlägt Putins Truppen zurück

Im Donbass nimmt Russland derzeit ein Dorf nach dem anderen ein. Doch das vorrangige Ziel von Kreml-Machthaber Wladimir Putins Truppen ist die Kleinstadt Pokrowsk, die strategisch wichtig für den Krieg ist. Ein Ziel, das militärisch noch nicht erreicht ist. Die ukrainischen Truppen verteidigen diese mit Vehemenz.

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