Russland zurück in die G7? Nicht mit Außenminister Heiko Maas. "Bisher sind die Voraussetzungen nicht geschaffen worden, dass es da nochmal eine Veränderung gibt", sagte Maas mit Blick auf die Annexion der Krim. Und erntete heftige Kritik aus seiner eigenen Partei, der SPD.
Kommende Woche soll er sich im Parteipräsidium in Berlin für seine harte Linie verantworten.
In Niedersachsen wird heftig gegen Maas gestänkert. Ministerpräsident Stephan Weil bemängelte "Signale der Verständigung". Maas' Vorgänger Sigmar Gabriel im Amt des Außenministers rügte den Kurswechsel seines Nachfolgers.
Und Vor-Vorgänger Frank-Walter Steinmeier sprach von einer "gefährlichen Entfremdung".
Steinmeier, Weil und Gabriel gehören zu den Frogs – den Friends of Gerhard Schröder. Der Alt-Kanzler aus Niedersachsen ist für den staatlichen russischen Energiekonzern Gazprom aktiv. Massiv wirbt er derzeit für den Bau einer zweiten Gaspipeline von Russland nach Deutschland: Nord Stream 2. Das Erdgas blubbert künftig quer durch die Ostsee, aber nicht mehr durch die Ukraine. Das Land verliert also ein wichtiges politisches Asset gegenüber Russland.
Kritik an der Energieverbindung kommt aber nicht allein von Maas. Auch Kanzlerin Merkel rückte zuletzt von dem Projekt ab.
Die Ost-SPD fühlt sich Russland besonders verbunden, die deutsch-russische Freundschaft ist eine Art politkulturelle Erblast der SPD. Druschba, nennt man das: Freundschaft.
Manuela Schwesig distanzierte sich ebenfalls von Maas. Sie ist Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, in ihrem Bundesland liegt Greifswald, deutscher Landepunkt für die Gaslinie Nord Stream 2.
Der ehemalige SPD-Chef Matthias Platzeck aus Brandenburg teilte schon im März gegen Maas aus.
Er lobte, Maas habe bei seinem Besuch in Israel die Verantwortung Deutschlands angesichts der sechs Millionen von den Nationalsozialisten ermordeten Juden betont. "Aber die vielen, vielen Millionen Opfer des Russlandfeldzuges müssen uns genauso zu einem spezifischen Verantwortungsgefühl verleiten", so Platzeck. Eine merkwürdige Aufrechnung von Opferzahlen.
Kritik kommt auch aus Nordrhein-Westfalen. Schon seit den Zeiten des legendären Krupp-Managers Berthold Beitz (1913-2013) setzt man auf die Devise: "Wandel durch Handel". Beitz reiste einst unter Missbilligung der Union halb geheim nach Russland und fädelte ein Gasröhrengeschäft ein. Er war so eine Art Vorbote für die neue Ostpolitik unter Kanzler Willy Brandt.
Die sehen viele Genossinnen und Genossen durch die harte Maas-Linie nun in Gefahr. Dabei geht es nicht allein um Politik, sondern auch wirtschaftliche Interessen. Schon Beitz sicherte schließlich mit seinem "Wandel durch Handel" Jobs im Ruhrgebiet.
In Nordrhein-Westfalen wird die Bewegung stark von der Basis und den Kommunalpolitikern geprägt. Der Grund: die enge Verknüpfung der Kommunen mit der Energiewirtschaft.
Der Energiekonzern RWE pflegte enge Bande mit den russischen Gaslieferanten. Der Konzern ist zwar längst zerlegt, aber die Kommunen in NRW halten weiter große Anteile an den Nachfolgeunternehmen. Die Handelsverbindung der roten Ruhrbarone wirkt bis heute russlandfreundlich nach.
Viele haben sich über die neue, harte Linie von Außenminister Heiko Maas gewundert. Nicht nur in der SPD. Inzwischen wirbt auch die FDP für eine Rückkehr Russlands zur G7. Beobachter vermuten daher einen strategischen Move von Heiko Maas: den Kurs zu halten, nicht mit Billigung seiner Partei, wohl aber mit Billigung von Kanzlerin Angela Merkel.
Beide wissen: Atomkonflikt mit dem Iran, Ukraine, Syrien – ohne Russland und Staatschef Wladimir Putin läuft nix in den Groß-Konflikten dieser Tage. Da hilft Druck aufbauen, um bei möglichen Verhandlungen auch was bieten zu können. Sei es bei der Entschärfung von Sanktionen oder dem Bau der Pipeline Nord Stream 2.
(Mit Material von dpa/afp)