Sahra Wagenknecht und ihr BSW werden wahrscheinlich an Regierungen im Osten beteiligt sein.Bild: dpa / Christoph Soeder
Analyse
Noch nie hat in der Geschichte der Bundesrepublik eine Neupartei bei Landtagswahlen so spektakulär die politische Bühne betreten, wie am Sonntag das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Mit einem Schlag gelten die neuen Linkspopulisten als Größe in der Parteienlandschaft des Ostens. Vor allem in Thüringen, unter Umständen auch in Sachsen, führt für die Regierungsbildung an ihnen voraussichtlich kein Weg vorbei.
Das Lächeln auf Sahra Wagenknechts Gesicht am Abend des Wahlerfolgs sprach Bände über die neue Macht ihrer Partei. Jetzt kommt es auf die CDU an: Will sie mit dem BSW zusammenarbeiten, um die AfD zu verhindern oder findet sich eine andere Lösung? Das könnte aber zu einem gefährlichen Spiel mit dem Feuer werden. Denn die Königsmacherin könnte im übertragenen Sinn zur Königsmörderin werden.
Thüringen und Sachsen: Koalition zwischen BSW und CDU?
Mit 11,8 Prozent in Sachsen und sogar 15,8 Prozent in Thüringen liegen nun fast alle Pokerchips beim BSW, was die Koalitionsverhandlungen angeht. Rechnerisch ist in Thüringen eine Koalition ohne das BSW unmöglich – vorausgesetzt, die CDU hält sich an die selbst auferlegte Brandmauer zur AfD.
In Sachsen wäre nur eine Vierer-Koalition aus CDU, SPD, Grünen und Linke möglich, um Wagenknechts Partei zu umgehen. Allerdings unter Beteiligung der von Kretschmer ungewollten Grünen. Im ZDF-Interview bekundete Wagenknecht ihr Interesse an einer Koalition mit der CDU, die sie zuvor jahrelang politisch bekämpft hatte.
In Sachsen räumte CDU-Frontmann Michael Kretschmer mit Blick auf eine mögliche Koalition mit dem BSW ein: "Ich muss die Realitäten zur Kenntnis nehmen." Er stellte Koalitionsverhandlungen vage in Aussicht. In Thüringen bremste sein Pendant Mario Vogt noch verbal und beharrte darauf, dass sich die Gespräche um Landesthemen drehen müssten: "Weltpolitik wird nicht in Thüringen entschieden."
Politikwissenschaftler Klaus Schroeder von der Freien Universität Berlin erklärte im Gespräch mit watson zu einer Regierung mit AfD-Beteiligung: "Das wäre das Ende der CDU-Parteispitze. Friedrich Merz will das unbedingt verhindern." Für die Union führt daher der Weg zur Koalitionsbildung voraussichtlich nur über das BSW.
Dabei gilt das BSW als unbekannter Faktor in einer schwierigen Konstellation. Sollte sich die CDU in Sachsen für das BSW entscheiden, kämen sowohl die SPD als auch die Grünen als dritter Partner infrage. In Thüringen wäre für eine Mehrheit ein Mitwirken der Linken vonnöten. Dabei dürfte zwischen dem BSW und der Linkspartei, von der sich Wagenknecht erst Anfang des Jahres abspaltete, aber Eiszeit herrschen.
BSW spielt mit verdeckten Karten – und hat ein Ass im Ärmel
Für eine Regierungsbildung mit stabilen Verhältnissen sind aber CDU und BSW unerlässlich. Schnittmengen zwischen den beiden gibt es durchaus in Sachen Migration und Sicherheit. Doch die Gegensätze liefern einiges an Sprengkraft – nicht nur für die Ost-Verbände der CDU.
Denn worauf das BSW abzielt, machte es mit seinem Wahlkampf klar. Landesthemen kamen darin so gut wie nicht vor. Stattdessen war die Kampagne getrieben von außenpolitischen Themen. Darin enthalten: ein Hilfsstopp für die Ukraine, eine diplomatische Annäherung an Russland sowie das Ende der Westbindung mit den USA und Israel als enge Partner.
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Für viele CDU-Anhänger:innen im Osten klingen diese Positionen nicht weit hergeholt. Bereits seit Jahren wackelt die von CDU-Chef Friedrich Merz propagierte Brandmauer in den neuen Bundesländern – zumindest auf kommunaler Ebene. Nun droht ein neuer Spaltpilz vom anderen Ende des Parteienspektrums.
Experte glaubt an Beben – und Neuwahlen
Schroeder glaubt, dass sich Sahra Wagenknecht nach den Landtagswahlen nun in der Position befindet, der Union ihre Wünsche zu diktieren: "Sie glaubt, dass die anderen mehr Angst haben, dass die Sache unregierbar wird und deshalb auf gewissen Punkten bestehen." Ihre wichtigste Forderung sei dabei ein Ende der Ukraine-Finanzierung.
Der Mann hinter Sahra Wagenknecht: Oskar Lafontaine war bereits bei der SPD und der Linken aktiv.Bild: IMAGO/Jacob Schröter
Schroeder glaubt, dass das Ergebnis der beiden ostdeutschen Landtagswahlen die Parteienlandschaft im Bund erschüttern wird: "Das wird auf das ganze Land überschwappen." Neuwahlen auf Bundesebene sind seiner Ansicht nach die logische Konsequenz aus dem Ampel-Desaster, "aber davon will Olaf Scholz nichts wissen."
Im Gespann mit ihrem Ehemann Oskar Lafontaine, den Schroeder einen "Weltmeister im Parteienzerstören" nennt, könnte Wagenknecht an der Destabilisierung der Christdemokraten arbeiten. "Zumindest will sie Verunsicherung in die CDU hineintragen und lockt mit der Macht, in Thüringen und Sachsen den Ministerpräsidenten zu stellen."
So langsam füllt sich Donald Trumps Wunschkabinett. Für viele wichtige Posten plant der designierte US-Präsident dabei mit Hardlinern. So will er etwa den Fox-News-Moderator Pete Hegseth zum Verteidigungsminister machen.