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Donald Trump und die USA: Experte warnt vor digitaler Abhängigkeit Europas

FILE - Tesla and SpaceX CEO Elon Musk, left, and Republican presidential nominee former President Donald Trump attend a campaign event at the Butler Farm Show on Oct. 5, 2024, in Butler, Pa. (AP Photo ...
Elon Musk (l.) und Donald Trump: Ein Duo, das gefährlich für die europäische Digitalpolitik werden könnte.Bild: AP / Alex Brandon
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Donald Trump: Wie groß die Gefahr durch digitale Abhängigkeit von den USA wirklich ist

07.12.2024, 14:45
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Nach der Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten der USA fordern viele Politiker:innen ein Umdenken. Etwa in der Sicherheits- und der Wirtschaftspolitik müsse man sich jetzt anpassen und auf "America First" reagieren.

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In der Digitalpolitik könnte ebenfalls ein Umdenken nötig sein. Denn Trumps Pläne widersprechen den europäischen Vorstellungen eines fairen Wettbewerbs erheblich. Das weiß auch Dennis-Kenji Kipker, er ist Professor für IT-Sicherheitsrecht an der Universität Bremen und beschäftigt sich unter anderem mit Trumps Digitalpolitik.

Dennis-Kenji Kipker forscht an der Universität Bremen unter anderem zu IT-Sicherheit.
Dennis-Kenji Kipker forscht an der Universität Bremen unter anderem zu IT-Sicherheit.bild: privat

Amerikanische Tech-Konzerne zu Monopolen ermutigt

Auch in Deutschland dominieren die amerikanischen Digital-Konzerne den Markt. Sei es bei Social Media, Office-Anwendungen oder Cloud-Produkten. Diese Unternehmen können sich besonders über die Trump-Wahl freuen. Denn die Eckpunkte seiner Wirtschaftspolitik sind Deregulierung und Protektionismus. "Big-Tech macht sich jetzt schon bereit, seine Monopolstellung auszubauen", sagt Kipker.

Glückwünsche für Trump gab es unter anderem aus den Chefetagen von Microsoft, Apple, Amazon, Meta und Google. Und einer hat sich natürlich ganz besonders gefreut: Elon Musk.

Der Besitzer von unter anderem Tesla und dem Kurznachrichtendienst X machte in den letzten Monaten Wahlkampf für Trump. "Er hat alles auf eine Karte gesetzt und gewonnen", sagt Kipker. "Jetzt ist Musk in der Lage, die US-amerikanische Technologiepolitik dominant zu beeinflussen."

Kipker sieht die Marktdominanz der Tech-Riesen in Deutschland kritisch. "Durch die America First Politik gibt es ein technologiepolitisches toxisches Risiko für unsere digitale Zukunft und Infrastruktur", sagt er.

Experte fordert Derisking als Reaktion auf Trump

Deshalb fordert Kipker ein sogenanntes Derisking, also eine Risikominimierung, in Deutschland und Europa. Dafür braucht es Strategien, um die Abhängigkeit von den US-amerikanischen Unternehmen zu verringern.

Das würde beispielsweise dadurch funktionieren, vermehrt auf deutsche beziehungsweise europäische Lösungen zu setzten – idealerweise Open Source, also Software mit öffentlichem Quelltext. Die nächste Bundesregierung könnte hier mit einem guten Beispiel vorangehen und in den Verwaltungen vermehrt auf eben solche Programme setzten. "Das schafft Vertrauen und ermutigt auch private Unternehmen, diesem Beispiel zu folgen", sagt Kipker.

Laut einer Studie von Nielsen Company benutzen etwa 85 Prozent der deutschen Unternehmen die Office-Produkte von Microsoft.

Aktuell seien Deutschland und Europa wegen dieser Abhängigkeit von US-amerikanischen Tech-Konzernen erpressbar. Kipker fürchtet, dass Trump diesen Umstand gnadenlos ausnutzen würde.

Sein künftiger Vize-Präsident J.D. Vance schlug bereits vor, die Unterstützung der USA für die Nato als Druckmittel zu benutzen, um die Europäer auf Linie zu bringen, wenn es etwa um die Regulierung von Musks X geht. "Wenn die NATO will, dass wir sie weiterhin unterstützen, und wenn die NATO will, dass wir weiterhin ein guter Teilnehmer an diesem Militärbündnis sind, warum respektiert sie dann nicht die amerikanischen Werte und die Redefreiheit?", fragte Vance in einem Podcast mit dem YouTuber Shawn Ryan.

Laut Kipker sei es wahrscheinlich, dass Trump Europa zwingen könnte, Eingeständnisse bei der Regulierung von Plattformen zu machen, um dafür weiterhin sicherheitspolitische Absicherung aus den USA zu bekommen.

Unterschiede im Datenschutz könnten sich verschärfen

Im Datenschutz gibt es schon jetzt große Unterschiede zwischen den USA und Europa. "Datenschutz gilt in Europa als Grundrecht. In den USA wird es eher als monetärer Wert gesehen", sagt Kipker. Diese Differenzen führen immer wieder zu Konflikten zwischen der EU und den USA, wenn es um die transatlantische Übermittlung von Daten geht. Und unter Trump wird das noch komplizierter.

"In Deutschland und der EU müssen wir uns unter Trump auf einen schlechteren Datenschutz einstellen"
Dennis-Kenji Kipker, Universität Bremen

Denn schon in seiner ersten Amtszeit verstieß Trump laut Kipker gegen das EU-US Privacy Shield, einem Abkommen, das den Datenschutz zwischen der EU und den USA regeln sollte. Während der Corona-Pandemie hieß es aus der Trump-Administration, die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) würde Cyberkriminellen Schutz bieten und zur Gefährdung der öffentlichen Gesundheit führen.

"In Deutschland und der EU müssen wir uns unter Trump auf einen schlechteren Datenschutz einstellen, wenn wir Unternehmen, Staat und Gesellschaft weiter digitalisieren und miteinander vernetzen", sagt Kipker.

Trump will Regeln für Künstliche Intelligenz lockern

Auch bei der Künstlichen Intelligenz (KI) will Donald Trump sich nicht mehr an die bisherigen Regeln halten. So kündigte er in seinem offiziellen Wahlprogramm an, die KI-Durchführungsverordnung von Joe Biden zurückzunehmen. Mit dieser sollten einheitliche Standards bei der Entwicklung von KI-Systemen geschaffen werden. Außerdem müssen Entwickler:innen Ergebnisse von Sicherheitstests und andere wichtige Informationen mit der US-Regierung teilen.

Auch in der EU gibt es mit dem sogenannten AI Act ein Gesetz zur Regulierung von KI. Es soll sicherstellen, dass KI-Systeme möglichst transparent, nachvollziehbar, nicht diskriminierend und umweltfreundlich sind. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die KI-Systeme von Menschen überwacht werden müssen und nicht nur von anderen Technologien.

Durch die Abschaffung vieler Regulierungen im Tech-Bereich will Donald Trump die Führungsrolle der US-Konzerne bei der Technologieentwicklung festigen. Gerade deshalb müsse die EU jetzt nach Kipkers Meinung auf die Einhaltung ihrer Regeln pochen und nach Möglichkeit eigene Alternativen zu den US-Techriesen schaffen. Ansonsten könnten Europa und Deutschland bald noch abhängiger von Microsoft, Meta und Co. sein.

Deshalb solle Europa den gravierenden politischen Wandel in den USA nicht als Bürde, sondern vielmehr als ernsthafte – wenn auch erzwungene – Chance betrachten, in ein neues Zeitalter der europäischen digitalen Souveränität eintreten zu können.

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