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Donald Trump: Experten sehen Machtverlust und US-Verfassungskrise

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US-Präsident Donald Trump im April 2025: Die gesamtpolitische Zustimmung sinkt deutlich.Bild: AP / Morry Gash
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Zustimmungswerte brechen ein: Wie stabil ist Trumps Machtbasis wirklich?

Drei Monate nach seiner zweiten Amtseinführung steckt Donald Trump bereits in der Krise. Die Umfragewerte stürzen ab, die Wirtschaft zeigt Schwächen – und der Rückhalt für ihn wankt. Wie gefährlich kann ihm das werden?
30.04.2025, 18:2430.04.2025, 18:25
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Am 20. Januar 2025 kehrte Donald Trump triumphal ins Weiße Haus zurück. In den ersten Tagen ließ der 78-Jährige keinen Zweifel daran, dass er seine zweite Amtszeit genauso aggressiv gestalten wollte wie die erste: mit Zollankündigungen, Personalrochaden und harten Tönen gegen Kritiker:innen. Doch schon nach 100 Tagen ist der Glanz des Comebacks verblasst. Die Umfragen zeigen einen dramatischen Absturz, besonders in den Bereichen, die einst Trumps politische Basis gestärkt hatten.

Die Wirtschaft schwächelt, die Märkte reagieren nervös – und innerhalb seiner eigenen Partei wachsen Zweifel. Was ist passiert in diesen ersten drei Monaten? Und was bedeutet der Einbruch für Trumps weiteres Machtkalkül?

Wirtschaft unter Trump: Vom Erfolgs- zum Krisenthema

In mehreren Umfragen großer US-Medien erreicht der Präsident historisch schlechte Werte: Laut einer ABC/"Washington-Post"-Erhebung äußerten sich nur 39 Prozent der Befragten zufrieden mit seiner bisherigen Arbeit, 55 Prozent hingegen unzufrieden. CNN kam auf ähnliche Zahlen: 41 Prozent Zustimmung, 59 Prozent Ablehnung. Die "New York Times" sah ihn bei 42 Prozent Zustimmung gegenüber 54 Prozent Ablehnung.

Diese Werte gehören laut ABC und CNN zu den schlechtesten eines US-Präsidenten an der 100-Tage-Marke seit Jahrzehnten. Und sie sind nicht nur eine Momentaufnahme. Analyst Jon Brownstein sagte CNN, Trumps wirtschaftliche Zustimmungsrate sei bereits vor seinen aggressiven Zollankündigungen Anfang März spürbar gefallen.

Loyalität ohne Wachstum: Eine Zahl von Trump schmerzt besonders

"Die aktuellen Umfragen zeigen einen deutlichen Rückgang von Donald Trumps Zustimmungswerten, insbesondere im Bereich der Wirtschaftspolitik", sagt der Politikwissenschaftler Christian Lammert zu watson.

Dass ausgerechnet die Wirtschaft zu Trumps größtem Problem wird, hätte vor einem Jahr kaum jemand erwartet. Nur noch 37 bis 43 Prozent der Amerikaner:innen bewerten seine Wirtschaftspolitik positiv.

"54 bis 64 Prozent meinen, der Wirtschaft gehe es schlechter als zuvor", erklärt Lammert weiter. Bei der Frage nach den Lebenshaltungskosten gaben nur 31 Prozent Trump gute Noten – ein Wert, der besonders schmerzt in einem Land, in dem Inflation und steigende Preise den Alltag vieler Menschen bestimmen.

Trumps Zollpolitik wird als Hauptgrund für die Verunsicherung genannt. Seit März sorgten neue Importzölle auf Waren aus Kanada, Europa und China für Nervosität an den Finanzmärkten. Die Volatilität an den Börsen nahm spürbar zu. Wirtschaftsexpert:innen warnen vor drohenden Rezessionsgefahren – noch sei der Dollar stabil, doch erste Anzeichen einer Wachstumsverlangsamung seien unverkennbar.

Drohkulisse für den Präsidenten – und seine Partei

Trotz aller Probleme bleibt Trumps Basis erstaunlich stabil. "Über 90 Prozent der republikanischen Wähler, die ihn 2024 gewählt haben, stehen weiterhin hinter ihm", sagt Lammert. Doch während seine Kernwählerschaft loyal bleibt, verliert Trump dramatisch bei Demokraten und Unabhängigen. Bei Letzteren ist seine Unterstützung auf etwa 31 Prozent abgesackt.

Diese Dynamik zeigt eine gewaltige Asymmetrie: Trump kann auf seine Basis zählen, doch sie wächst nicht. Sein Wahlsieg 2024 war kein Erdrutschsieg – er erreichte weniger als 50 Prozent der Stimmen und profitierte maßgeblich von Wechselwähler:innen und vorherigen Nichtwähler:innen, die von der wirtschaftlichen Lage unter Joe Biden enttäuscht waren. Diese Gruppen reagieren nun besonders empfindlich auf die ökonomische Unsicherheit.

Die sinkenden Zustimmungswerte könnten nun auch innerparteiliche Folgen haben. Clüver Ashbrook, Expertin für Transatlantische Beziehungen bei der Bertelsmann-Stiftung, erklärt hierzu auf Anfrage von watson: "Die deutliche Abkehr, besonders von Unabhängigen und Kernunterstützern, die seinen wirtschaftlichen Kurs als zu radikal empfinden, eröffnet neue Chancen für kritische Republikaner im Kongress."

President Donald Trump speaks at a dinner with Senate Republicans at Mar-a-Lago in Palm Beach, Fla., Friday, Feb. 7, 2025. (AP Photo/Ben Curtis)
Trump spricht bei einem Abendessen mit Senatsrepublikanern in Mar-a-Lago.Bild: AP / Ben Curtis

53 Prozent der Befragten sagten, die wirtschaftliche Lage habe sich seit Trumps Amtsübernahme verschlechtert. Diese Zahlen könnten moderaten Republikanern, die sich bisher nicht gegen Trump stellten, neuen Mut geben. In den Reihen der Partei gibt es erste Stimmen, die eine Kurskorrektur fordern. Der Druck auf Trump wächst – nicht nur von außen, sondern auch aus dem eigenen Lager.

Demokraten in den USA suchen noch nach einer klaren Linie

Könnten die Demokraten profitieren? Ashbrook bleibt skeptisch. "Für viele amerikanische Wähler ist weiterhin unklar, was das Programm der Demokraten ist, um Kernherausforderungen geeint anzugehen", sagt sie zu watson.

Obwohl Trump an Rückhalt verliert, wirkt die demokratische Opposition zerrissen. Klare Botschaften fehlen oft. Viele US-Amerikaner:innen, die Trumps Politik ablehnen, haben dennoch Zweifel daran, ob die Demokraten bessere Antworten auf politische Probleme liefern können.

Ashbrook analysiert:

"Trotz des rapiden Absturzes – 6 Prozent Verlust im Vergleich zu Januar – trauen immer noch mehr seiner Wähler ihm zu, die Staatsgeschäfte zu leiten, als den Demokraten. Insgesamt honorieren seine Wähler damit weiterhin, dass er grundsätzlich Wahlversprechen schnell angegangen ist, auch wenn sie nun meinen, dass er in vielen Bereichen zu weit gegangen ist."

Donald Trump: Gefährlicher Flirt mit der Verfassungskrise

Die Frage ist auch, ob Trump nach seiner Präsidentschaft verschwinden wird. Laut 22. Verfassungszusatz darf er nicht erneut kandidieren. Doch manche Berater und Strategen suchen nach Wegen, dieses Verbot zu umgehen. "Die US-Verfassung verbietet Trump eine dritte Amtszeit durch den 22. Zusatzartikel, die auf zwei Amtsperioden begrenzt ist", macht der Politologe Lammert deutlich.

Eine Verfassungsänderung sei angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse ausgeschlossen. Drei Viertel der Amerikaner:innen lehnten eine weitere Kandidatur Trumps ab.

Dennoch bleibt Trumps Einfluss gefährlich.

Seine Versuche, demokratische Institutionen zu schwächen, könnten langfristige Schäden hinterlassen. Lammert warnt: Selbst nach seiner Amtszeit könnten Trumps Strategien zur Machtbündelung und seine Angriffe auf Justiz und Medien das politische Klima der USA nachhaltig verändern.

Auch Clüver Ashbrook sieht bedrohliche Entwicklungen: "Schon jetzt steht das Land wegen der Ignoranz der Trump-Regierung gegenüber richterlichen Anordnungen vor einer Verfassungskrise", sagt sie zu watson.

Theoretische Planspiele wie ein "russisches Modell" – bei dem Trump als Vizepräsident antritt und später aufrückt – hält sie zwar für wenig realistisch. Aber: "Wenn die Republikaner weiterhin die Veränderungen im Wahlrecht vorantreiben, den Obersten Gerichtshof instrumentalisieren, dann sind die USA bereits keine stabile Demokratie mehr, und dann sind solche Entwicklungen im Bereich des Vorstellbaren."

Trump selbst reagiert auf die schlechten Umfragewerte auf eine für ihn typische Art: mit Angriffen. Auf der Plattform Truth Social bezeichnete er die Umfragen als "gefälscht" und warf Medien und Meinungsforschern "Wahlbetrug" vor. Die Autor:innen der Umfragen seien "Kriminelle", ließ der 78-Jährige seine Anhänger:innen wissen. Dass Trump die Realität ignoriert, gehört zu seinem Markenzeichen.

Doch diesmal könnte der Gegenwind stärker sein als früher. Anders als 2017 fehlt ihm nun eine starke wirtschaftliche Bilanz, die seine Beliebtheit stabilisieren könnte.

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