Auf dieser Website kann man "rechte Lehrer" melden – sie ist aber nur eine Fake-Aktion
09.10.2018, 17:01
lars wienand
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Nachdem die AfD Meldeportale gegen politisch missliebige Lehrer an den Start brachte, gibt es nun auch eine Gegen-Seite mit einem auf den ersten Blick offiziellen Anstrich. Jetzt ist aber klar: zentralmelderegister.de ist ein Fake, der "eine Lektion erteilen" soll.
So hat die Aufregung begonnen:
Am Freitag ist die Seite online gegangen, die sich als "bundesweites Melderegister für demokratiegefährdende Pädagoginnen und Pädagogen" versteht. Es geht verkürzt darum, rechte Lehrer zu verpetzen. Am Montag fanden sich auf der Seite des "Zentralmelderegisters der Schulinstitute (ZeSch)" 100 angeblich geprüfte Einträge aus ganz Deutschland.
Es sind allesamt Einträge, die angebliche Namen von Lehrern und den Grund der Meldung nennen: Das reicht von "Leugnet den Holocaust" und "nennt Muslime Ziegenficker" über sippenhaftartige Vorwürfe gegen Verwandte oder zum Verhalten im Privatleben bis hin zu niveaulosen Beleidigungen.
Lehrkräfte schnell und sicher melden: So präsentiert sich das Portal.Bild: Screenshot
Hinter der Seite stecken Polit-Aktivisten
Auf der Seite wird behauptet, von Lehrern werde durch "Hetze, Stimmungsmache, Falschbehauptungen" zunehmend manipulativ das Unterrichtsgeschehen angegriffen. Die Pädagogen würden "rechtspopulistische und rechtskonservative Narrative aufgreifen".
Doch die Seite ist von Politaktivisten angelegt worden, die sich am Montagabend zu erkennen gegeben haben. Sie bezeichnen sich als die "Stay Behind Foundation" und erklären, die Seite sei reine Fiktion und alle Einträge seien komplett frei erfunden. Auf der Seite selbst fand sich allerdings am Abend noch keine Auflösung.
Wer hinter der "Stay Behind Foundation" steckt, ist weiter unklar. Der Name erinnert an die Bezeichnung für geheime Widerstandsorganisationen hinter feindlichen Linien. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen kennt eine solche Stiftung nicht. "Foundation" oder "Stiftung" ist aber auch kein geschützter Begriff.
Ein Twitternutzer war darauf gestoßen, dass das Portal anfänglich eine IP-Adresse nutzte, unter der auch etwa die Ausstiegsseiten exit-deutschland.de und hasshilft.de für Neonazis und hayat-deutschland.de für Islamisten zu finden sind.
Im Netz wurde zwischenzeitlich auch gerätselt, ob die Seite vielleicht als eine Art Lockmittel nur dazu dienen soll, an Adressen von Personen zu gelangen, die "demokratiegefährende" rechte Lehrer melden wollen.
In ihrer Pressemitteilung gehen die Macher nun auf ihre Motive ein und greifen die AfD an:
"Wir möchten, im Gegensatz zur AfD, nicht in einem Land leben, in dem Menschen durch Mitmenschen bespitzelt und denunziert werden."
Deshalb sei die gute Nachricht, dass das erfundene Meldeportal auf einhellige Ablehnung bei Menschen gestoßen sei, "denen Demokratie und Freiheit ernstlich am Herzen liegen".
Die Seite mimikama.at, die Falschmeldungen und Betrügereien im Netz nachspürt, hatte frühzeitig vor der Benutzung der Meldefunktion auf zentralmelderegister.de gewarnt:
"Die hier angewendete Methode ist, auch wenn sie sich selbst als Maßnahme gegen Demokratiefeinde bezeichnet, selber extrem menschenverachtend und demokratiefeindlich."
Das anonyme Melden von Pädagoginnen und Pädagogen sei sehr gefährlich und problematisch.
In Hamburg hat die AfD bundesweit Schlagzeilen gemacht mit einer Seite zum Melden von "Verstößen gegen das Neutralitätsgebot", wie die AfD das selbst beschreibt. Sie sieht sich durch Falschaussagen, Unterstellungen und Weglassungen gezielt diskreditiert. Weil die Daten nicht veröffentlicht werden, handele es sich auch nicht um einen Onlinepranger. Ähnliche Pläne der sächsischen AfD hat Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) am Montag in der "Freien Presse" eine "ekelhafte Gesinnungsschnüffelei" genannt.
Die "Stay Behind Foundation" erklärte in ihrer Mitteilung, Melderegister und Listen politischer Feinde gehörten "zu den Mitteln, die unsere Demokratie gefährden, wie es uns unsere Vergangenheit bereits mehrfach bewiesen hat".
AfD wird mit Quatsch-Meldungen geflutet
Unter anderem die "heute show" hatte aufgefordert, an das Portal der AfD Hamburg unsinnige Meldungen zu senden. Eine Fülle solcher Rückmeldungen könnte es unbrauchbar machen, so der Gedanke dahinter. Auch auf Twitter finden sich Dutzende Screenshots mehr oder weniger lustiger falscher Meldungen. Die AfD Hamburg behauptet, es seien aber in etwa gleicher Zahl ernsthafte Hinweise eingegangen.
Die Lehrer-Gewerkschaft GEW kann über das Angebot nicht lachen. Deren Vorstandsmitglied Ilka Hoffmann sagte:
"Solche Vorgehensweisen gab es auch im Stalinismus und im Nationalsozialismus."
Zu den sächsischen Plänen twitterte die GEW: "Liebe Lehrerinnen und Lehrer, lasst euch nicht einschüchtern! Es ist die Pflicht von Lehrkräften, darauf aufmerksam zu machen, wenn die AfD Menschen diskriminiert."
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