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CDU Hessen: Kritik nach Instagram-Video zu psychisch Erkrankten

Ein trauriges Teenager-Mädchen liegt mit einem Smartphone in der Dunkelheit. Traurigkeit, Probleme. Das Konzept der Kurzsichtigkeit. A sad teenage girl is lying with a smartphone in the dark. Sadness, ...
Zahlreiche User fanden das Vorhaben der CDU alles andere als lustig. Bild: imago images / Zoonar
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CDU unter Druck: Gesetzesvorstoß zu psychisch Kranken löst Empörung aus

Eigentlich wollte die hessische CDU-Fraktion nur kurz ihr neues Gesetz vorstellen. Doch ihr Instagram-Reel löste einen regelrechten Shitstorm aus. Der Vorwurf: Stigmatisierung psychisch Kranker.
02.07.2025, 16:4102.07.2025, 16:41
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Mit einer derart heftigen Reaktion hatte die CDU-Fraktion in Hessen wohl nicht gerechnet, als sie ein kurzes Instagram-Video zu ihrem geplanten "Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz" veröffentlicht hat. Innerhalb kürzester Zeit wurde das Reel über 300.000 Mal aufgerufen und löste eine Flut von über 3000 Kommentaren aus.

Zum Vergleich: Üblich sind sonst eher 5000 Views auf Beiträge der CDU Hessen. Der Grund für die Aufregung: Aussagen von Ralf-Norbert Bartelt, dem gesundheitspolitischen Sprecher der Fraktion.

Bartelt spricht in dem 31 Sekunden langen Clip davon, dass es Menschen gebe, die "schwer psychiatrisch erkrankt" seien. Diese würden eine "Gefahr für sich selbst und die Gemeinschaft" darstellen. Darum plant die CDU ein Gesetz, das vorschreibt, die Daten dieser Personen an die Ordnungsbehörden weiterzugeben. Diese Aussagen wurden auf Social Media als menschenverachtend und stigmatisierend kritisiert.

CDU stigmatisiert psychisch Kranke? Therapeut warnt, Kritik von Linke

Besonders scharfe Kritik äußerte Lukas Maher, ein Psychotherapeut, im Gespräch mit der "Hessenschau". Er wirft der CDU vor, mit dem Video psychisch Erkrankte zu stigmatisieren. Laut Maher setzt das Video Erkrankungen pauschal mit Gefährlichkeit und Kriminalität gleich. Dabei betont er: "Die meisten Menschen sind eher Opfer als Täter."

Eine Userin, offenbar ebenfalls Psychotherapeutin, kommentierte unter dem Video: "Als Psychotherapeutin bin ich einfach sprachlos. Dieses Statement zeugt von so viel Unkenntnis in Bezug auf Menschen mit psychischen Erkrankungen." Sie bezeichnete das Vorhaben als "Geschichtsvergessenheit".

Mit dieser Meinung ist sie nicht allein. Mehrere User:innen sehen in dem CDU-Vorstoß Parallelen zu düsteren historischen Zeiten.

Auch die Linke Hessen übt scharfe Kritik an dem geplanten Gesetz. Sie spricht von einer "fatalen Verschärfung" und kritisiert vor allem die Meldepflicht an Ordnungs- und Polizeibehörden. Jakob Migenda, Landesvorsitzender von der Linken Hessen, nennt die Maßnahme ein "Misstrauensvotum" gegen psychisch kranke Menschen, das das Vertrauensverhältnis zwischen Patient:innen und Behandler:innen beschädige.

Christiane Böhm, Sprecherin der LAG-Gesundheit, fordert stattdessen eine bessere Versorgung und mehr präventive Angebote. Laut der Linken führe die Meldepflicht eher dazu, dass sich Betroffene aus Angst nicht behandeln ließen und somit isoliert würden.

Angesichts der massiven Kritik veröffentlichte die CDU-Fraktion nun ein weiteres Reel. Darin stellt sie klar, dass nicht alle psychisch Erkrankten betroffen sein sollen. Vielmehr gehe es lediglich um einen kleinen Kreis von Menschen, deren Erkrankung mit einer nachgewiesenen Gefahr für die Gemeinschaft verbunden sei. Nur deren Daten würden an die Ordnungsbehörden weitergegeben.

In einer weiteren Stellungnahme äußerte die CDU, Instagram sei keine geeignete Plattform, um komplexe Sachverhalte zu erklären. Ursprünglich habe man ausführlichere Informationen bereitgestellt, diese seien aber kaum wahrgenommen worden. Von Vergleichen zu nationalsozialistischen Praktiken distanzierte sich die CDU ausdrücklich. Solche Interpretationen seien niemals beabsichtigt gewesen.

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Streit um CDU-Video: Worum geht es im Gesetz genau?

Der Gesetzentwurf, den CDU und SPD gemeinsam eingebracht haben, sieht vor, dass Psychiatrien künftig die Polizei informieren müssen, wenn Patient:innen entlassen werden. Zumindest diejenige, bei denen eine akute Fremdgefährdung vorliegt.

Die Regierungsfraktionen begründen den Vorstoß mit einer Verbesserung der öffentlichen Sicherheit. Sie verweisen dabei auch auf Anschläge in Hanau, Aschaffenburg und Hamburg, die derartige Maßnahmen ihrer Meinung nach nötig machten.

Die Opposition hingegen zweifelt am Sicherheitsgewinn. Sie fordert stattdessen bessere Versorgungsstrukturen für psychisch erkrankte Menschen. Die kontroverse Diskussion um das CDU-Reel zeigt jedenfalls: Bei diesem sensiblen Thema braucht es dringend mehr Aufklärung und Fingerspitzengefühl.

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