Die Debatte um die Personalprobleme der Bundeswehr reißt auch unter der neuen Bundesregierung nicht ab. SPD und Union haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, einen neuen Wehrdienst zu schaffen, "der zunächst auf Freiwilligkeit basiert".
Dazu unterstrich Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im Bundestag: "Und ich sage ganz bewusst und ehrlich: Die Betonung liegt auch auf zunächst, falls wir nicht hinreichend Freiwillige gewinnen können." Wie der aktuelle Wehrbericht zeigt, bleibt die Truppe mit rund 180.000 aktiven Soldat:innen auch deutlich hinter dem Ziel von 203.000 bis 2031 zurück. Die Zahl der Soldat:innen ist zuletzt sogar leicht zurückgegangen.
Für viele stellt die Bundeswehr offenbar keinen attraktiven Arbeitgeber dar. In einem Teilbereich aber liegen die Gründe für den Personalmangel an anderer Stelle.
Dabei gewinnt die Hubschrauber-Brigade der Bundeswehr immer mehr an Bedeutung. Da Hubschrauber in beinahe allen Geländeszenarien einsatzfähig sind, können sie deutlich flexibler agieren als etwa Panzer. Um diese bei der Bundeswehr steuern zu dürfen, braucht es eine lange Ausbildung.
"Das geht nicht von heute auf morgen", sagt Kommandeur Volker Bauersachs dem "Focus". "Da reden wir zurzeit von über sechs, sieben Jahren." Nach der normalen Ausbildung zum Soldaten folgt eine akademische Ausbildung, dann die Praxis. Bewerber:innen müssen entsprechend als Offiziere geeignet sein.
Doch dieser Weg hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass es zu wenig Hubschrauberpiloten in der Bundeswehr gibt. "Wenn wir jetzt die neuen, leichten Kampfhubschrauber bekommen, könnten wir in die Situation reinlaufen, dass uns die Piloten ausgehen", meint Bauersachs.
Zwar würden ihm zufolge etwa 90 Prozent der angehenden Pilot:innen auch die Ausbildung schaffen. Die hohen Ansprüche hätten für die Bundeswehr insgesamt aber negative Folgen. "Irgendwann kriegst du nur noch die Leute, die über Wasser laufen können. Die sind dann perfekt, aber davon gibt es zu wenige", betont der Kommandeur.
Er plädiert daher im Gespräch mit dem "Focus" dafür, mehr in den "Durchschnittspiloten" zu investieren und zeitweise Soldat:innen aus anderen Heerestruppen ins Cockpit zu lassen.
"Die Besten der Besten sind natürlich prima. Ich nehme auch gerne den 'Normalo', einen gut ausgebildeten Piloten, der dann im Cockpit sein Handwerk versteht", sagt er. Entsprechende Veränderungen seien bereits im Gange.
Allgemein gibt der Trend bei der Bundeswehr auch Anlass für Optimismus. Wie Verteidigungsminister Pistorius mitteilte, steigen die Bewerberzahlen bei der Bundeswehr seit mehr als einem Jahr. Im Vergleich zum Quartal des Vorjahres habe es zudem über 20 Prozent mehr Einstellungen allein im militärischen Bereich gegeben.