Stellt euch vor, wir spielen ein Fernsehquiz. Wer waren Clara Zetkin und Hedwig Dohm? Minna Cauer, Helene Lange, Anita Augspurg und Louise Otto-Peters? Wahrscheinlich würden viele bei diesen Namen scheitern. Es sind alles Vorkämpferinnen, die dazu beigetragen haben, dass Frauen in Deutschland wählen dürfen – ein Recht, das es am 12. November seit 100 Jahren gibt.
Wir haben 6 Fragen – und liefern 6 Antworten.
Vermutlich Clara Zetkin. Bei ihrem Namen dürfte es noch bei den meisten klingeln. Sie hat 1911 den Frauentag mit ins Leben gerufen, war Reichstagsabgeordnete und zu DDR-Zeiten eine sozialistische Ikone. Für Kaiser Wilhelm II. war sie die "gefährlichste Hexe des deutschen Reiches".
Ansonsten sind die Pionierinnen des deutschen Frauenwahlrechts leider weniger bekannt. Im Gegensatz zur Suffragetten-Bewegung in Großbritannien: Die Geschichte der britischen Wahlrechtskämpferinnen wurde sogar fürs Kino verfilmt, mit Meryl Streep.
Nein, natürlich nicht. Als der Rat der Volksbeauftragten am 12. November 1918 das Wahlrecht reformierte, hatte das eine Vorgeschichte. Mit Vereinen, Zeitschriften, Kundgebungen, Kongressen. Die erste Partei, die das Frauenstimmrecht wollte, war 1891 die SPD.
Im Oktober 1918 hatten mehr als 50 Frauenorganisationen den Reichskanzler Max von Baden aufgefordert, das Wahlrecht durchzusetzen. "Das ist ziemlich unbekannt", sagt die Historikerin Monika Wienfort von der Berliner Humboldt-Universität. Für sie verdeutlicht es, dass das Recht nicht etwa ein "Geschenk" war, sondern eine Reaktion auf Forderungen.
Visionär war die Schriftstellerin Hedwig Dohm. Die Vordenkerin machte sich bereits 1873 für das politische Stimmrecht für Frauen stark. Einer ihrer vielzitierten Sätze lautet: "Menschenrechte haben kein Geschlecht."
Deutschland war damals mit dem Frauenwahlrecht nicht allein. Rund 40 Staaten führten es zwischen 1906 und 1932 ein, in Neuseeland gab es das Recht schon 1893.
"Revolution und Geschichte ist männlich geprägt, Frauen als Protagonistinnen fallen hinten runter", sagt Jenny Jung, eine der Kuratorinnen am Historischen Museum Frankfurt. Dazu kam, dass viel durch den Nationalsozialismus verloren ging, etwa Zeugnisse zu den Frauenrechtlerinnen Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann.
Sozial gerechter wurde die Welt danach für die deutschen Frauen laut Historikerin Wienfort nicht unbedingt. Beispiel gefällig? Das Bürgerliche Gesetzbuch schrieb bis 1977 vor, dass Frauen nicht ohne die Zustimmung ihres Mannes arbeiten dürfen. Bis 1958 konnte der Mann den Arbeitsvertrag seiner Frau sogar ohne deren Einwilligung fristlos kündigen.
Das Kapitel Gleichberechtigung ist nicht abgeschlossen, von der Lohnfrage bis zu den Chefetagen. 2017 sank der Anteil der Frauen im Bundestag mit 30,9 Prozent auf das Niveau von 1998.
Noch immer gibt es viele Männerdomänen. Die Lücken fallen sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, die sonst in Frauenfragen nicht gerade auf Alice Schwarzers Spuren wandelt.
Viele johlten, und wir geben zu: Wir mussten auch kichern. Dass Männer solche Sätze zu hören bekommen, wäre zur Kaiserzeit übrigens kaum denkbar gewesen. Ehemänner bestimmten über das Leben ihrer Frauen. Es galt der "Gehorsamkeitsparagraf".
Aber auch 1970 war es noch eine Sensation, als die SPD-Abgeordnete Lenelotte von Bothmer im Bundestag in Bonn in einem Hosenanzug erschien.
Feministinnen werden bis heute angefeindet. So erlebt es beispielsweise die Kolumnistin Margarete Stokowski, die mit "Die letzten Tage des Patriarchats" gerade einen Bestseller landete und reihenweise Lesungen füllt. Die 32-Jährige zitiert in ihrem Buch die Pionierin Hedwig Dohm: "Man kommt sich auf dem Gebiete der Frauenfrage immer wie ein Wiederkäuer vor." Der Satz ist über 100 Jahre alt.
(hau/dpa)