Doch eine Frau zu sein, hat nicht nur Vorteile. Auf fehlende Gleichberechtigung hat Angela Merkel zuletzt ihren Nachwuchs von der Jungen Union hingewiesen. Bild: iStockphoto
Deutschland
100 Jahre Frauenwahlrecht!! Wir feiern das – hier 6 wegweisende Ereignisse
10.11.2018, 11:3810.11.2018, 11:52
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Stellt euch vor, wir spielen ein Fernsehquiz. Wer waren Clara Zetkin und Hedwig Dohm? Minna Cauer,
Helene Lange, Anita Augspurg und Louise Otto-Peters? Wahrscheinlich würden viele bei diesen Namen scheitern.
Es sind alles Vorkämpferinnen, die dazu beigetragen haben, dass
Frauen in Deutschland wählen dürfen – ein Recht, das es am 12.
November seit 100 Jahren gibt.
Wir haben 6 Fragen – und liefern 6 Antworten.
Wer war die berühmteste Kämpferin fürs Frauenwahlrecht?
Vermutlich Clara Zetkin. Bei ihrem Namen dürfte es noch bei den meisten klingeln. Sie
hat 1911 den Frauentag mit ins Leben gerufen, war
Reichstagsabgeordnete und zu DDR-Zeiten eine sozialistische Ikone.
Für Kaiser Wilhelm II. war sie die "gefährlichste Hexe des deutschen
Reiches".
Clara Zetkin rief den Frauentag ins Leben.Bild: wikimedia
Ansonsten sind die Pionierinnen des deutschen Frauenwahlrechts leider weniger bekannt. Im Gegensatz zur Suffragetten-Bewegung in Großbritannien: Die Geschichte der britischen Wahlrechtskämpferinnen wurde sogar fürs Kino verfilmt, mit Meryl Streep.
Fiel das Frauenwahlrecht vom Himmel?
Nein, natürlich nicht. Als der Rat der Volksbeauftragten am 12. November 1918 das Wahlrecht
reformierte, hatte das eine Vorgeschichte. Mit Vereinen, Zeitschriften,
Kundgebungen, Kongressen. Die erste Partei, die das Frauenstimmrecht
wollte, war 1891 die SPD.
Im Oktober 1918 hatten mehr als 50 Frauenorganisationen den
Reichskanzler Max von Baden aufgefordert, das Wahlrecht
durchzusetzen. "Das ist ziemlich unbekannt", sagt die Historikerin
Monika Wienfort von der Berliner Humboldt-Universität. Für sie
verdeutlicht es, dass das Recht nicht etwa ein "Geschenk" war,
sondern eine Reaktion auf Forderungen.
Die Aktivistin Minna Cauer forderte schon 1902:
"Die Frau gehört nicht mehr ins Haus, sie gehört in dieses Haus: den Reichstag."
minna cauer
Visionär war die Schriftstellerin Hedwig Dohm. Die
Vordenkerin machte sich bereits 1873 für das politische Stimmrecht
für Frauen stark. Einer ihrer vielzitierten Sätze lautet: "Menschenrechte haben kein Geschlecht."
Was taten andere Länder?
Deutschland war damals mit dem Frauenwahlrecht nicht allein. Rund 40
Staaten führten es zwischen 1906 und 1932 ein, in Neuseeland gab es
das Recht schon 1893.
Warum kennt kein Schwein die Leistung der deutschen Frauenrechtlerinnen?
"Revolution und Geschichte ist männlich geprägt, Frauen als
Protagonistinnen fallen hinten runter", sagt Jenny Jung, eine der
Kuratorinnen am Historischen Museum Frankfurt. Dazu kam, dass viel
durch den Nationalsozialismus verloren ging, etwa Zeugnisse zu den
Frauenrechtlerinnen Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann.
Sozial gerechter
wurde die Welt danach für die deutschen Frauen laut Historikerin Wienfort nicht
unbedingt. Beispiel gefällig? Das Bürgerliche Gesetzbuch schrieb bis 1977 vor, dass Frauen nicht ohne die
Zustimmung ihres Mannes arbeiten dürfen. Bis 1958 konnte der Mann den
Arbeitsvertrag seiner Frau sogar ohne deren Einwilligung fristlos
kündigen.
Wie steht es um Gleichberechtigung heute? (Nicht gut, stellt sogar Neu-Feministin Angela Merkel fest)
Das Kapitel Gleichberechtigung ist nicht abgeschlossen, von
der Lohnfrage bis zu den Chefetagen. 2017 sank der Anteil der Frauen
im Bundestag mit 30,9 Prozent auf das Niveau von 1998.
Noch immer gibt es viele Männerdomänen. Die Lücken fallen sogar
Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, die sonst in Frauenfragen nicht
gerade auf Alice Schwarzers Spuren wandelt.
So belehrte die Kanzlerin die Junge Union, weil in deren Bundesvorstand keine einzige Frau zu finden ist:
"Schön männlich. Aber 50 Prozent des Volkes fehlen. (...) Und ich sag' Ihnen: Frauen bereichern das Leben. Nicht nur im Privaten, auch im Politischen. Sie wissen gar nicht, was Ihnen entgeht."
Angela merkel
Viele johlten, und wir geben zu: Wir mussten auch kichern. Dass Männer solche Sätze zu hören bekommen, wäre zur Kaiserzeit übrigens kaum
denkbar gewesen. Ehemänner bestimmten über das Leben ihrer Frauen. Es
galt der "Gehorsamkeitsparagraf".
Aber auch 1970 war es noch eine Sensation, als die SPD-Abgeordnete Lenelotte
von Bothmer im Bundestag in Bonn in einem Hosenanzug erschien.
Feministinnen werden bis heute angefeindet. So erlebt es
beispielsweise die Kolumnistin Margarete Stokowski, die mit "Die
letzten Tage des Patriarchats" gerade einen Bestseller landete und
reihenweise Lesungen füllt. Die 32-Jährige zitiert in ihrem Buch die
Pionierin Hedwig Dohm: "Man kommt sich auf dem Gebiete der
Frauenfrage immer wie ein Wiederkäuer vor." Der Satz ist über 100
Jahre alt.
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