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Ukraine-Krieg: Experte lobt Merz für klare Haltung gegenüber Trump

05.06.2025, USA, Washington: US-Pr
Merz' Besuch bei Trump werten Experten als vollen Erfolg.Bild: dpa Pool / Michael Kappeler
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Experte Masala: Merz hat Trumps Ukraine-Verharmlosung nicht mitgetragen

Ein bizarrer Vergleich von Trump, ein klarer Auftritt von Merz – und ein Experte, der findet: Genau so muss man das machen.
06.06.2025, 10:4506.06.2025, 10:45
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Wenn der mächtigste Mann der Welt Krieg mit prügelnden Kindern vergleicht, ist Fingerspitzengefühl gefragt. Schon bevor Friedrich Merz am Donnerstag zum ersten Mal als Bundeskanzler im Weißen Haus vor Donald Trump stand, war klar: Dieses Treffen ist kein diplomatischer Standardtermin – sondern ein Balanceakt zwischen Charmeoffensive und Klartext.

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Deutschland- und US-Fahnen wurden vor dem Treffen zum Oval Office gebracht.Bild: dpa / Michael Kappeler

Tatsächlich verzichtete Merz auf große Gesten – und setzte stattdessen auf politische Kontrolle. Das, sagt der renommierte Militärexperte Carlo Masala, sei genau das richtige Rezept gewesen.

In einer Sonderfolge des sicherheitspolitischen Podcasts "Im Krisenmodus" analysiert er, warum der Kanzler mit seiner Zurückhaltung ausgerechnet bei Trump gepunktet hat – und was das für Europas Rolle im Ukraine-Krieg bedeutet.

Masala über Merz' Auftritt bei Trump: "alles richtig gemacht"

Während Donald Trump bei der Pressekonferenz im Oval Office einen bizarren Vergleich bemüht – der Krieg zwischen Russland und der Ukraine sei wie ein Streit zwischen zwei Kindern – bleibt Friedrich Merz unbeeindruckt.

Statt sich auf die Analogie einzulassen, stellt der CDU-Politiker klar: Russland ist der Aggressor, und es geht darum, Druck auf den Kreml auszuüben.

Für Carlo Masala, Professor an der Bundeswehr-Universität München und Experte für internationale Sicherheitspolitik, war diese Reaktion goldrichtig: "Merz hat alles richtig gemacht", sagt er im Podcast der Funke Mediengruppe.

Die Balance zwischen diplomatischem Ton gegenüber Trump und klarer europäischer Haltung sei "bemerkenswert gut" gelungen. Auch dass Merz Trumps Aussagen nicht direkt konterte, sondern elegant ignorierte, wertet Masala als strategischen Schachzug. Das Ziel: Vermeiden, dass aus der Bühne ein persönlicher Schlagabtausch wird – und gleichzeitig den politischen Kompass nicht verlieren.

Trump und der Krieg: "kein echtes Interesse an der Ukraine"

Während Merz versuchte, die europäische Position zu stärken, offenbarte Trump laut Masala erneut sein Desinteresse am Krieg in der Ukraine. Der US-Präsident vermeide es konsequent, Russland als Verursacher des Konflikts zu benennen. "Es sieht nicht so aus, als ob Trump bereit ist, Sanktionen gegen Russland zu verhängen", sagt Masala. Der Politikwissenschaftler geht noch weiter: Trump verfolge ein übergeordnetes Ziel – die wirtschaftliche Normalisierung mit Moskau.

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In Sachen Ukraine ließ Merz sich bei Trump im Oval Office nicht fehlleiten.Bild: dpa Pool / Michael Kappeler

Trump hat nach Einschätzung Masalas Interesse an "ökonomischen Beziehungen und der politischen Beziehungen" mit Russland. Dass darunter die Sicherheit Europas leiden könnte, scheint Trump in Kauf zu nehmen.

Passend dazu auch ein weiteres Signal aus Washington: Laut Masala haben die USA begonnen, Zünder für Abfangraketen aus der Ukraine abzuziehen – obwohl diese entscheidend für den Schutz von Städten und Zivilist:innen seien. "Damit lässt man die Bevölkerung im Stich", sagt er.

Sicherheitsstrategie und Symbolik: Deutschland rückt in den Fokus

Trotz aller Differenzen: Der Besuch im Weißen Haus war nicht ohne Wirkung. Trump lobte Merz für sein Englisch, nannte ihn einen "respektierten" Mann – und deutete eine engere Zusammenarbeit an.

Laut der Deutschen Presse-Agentur könnte der CDU-Kanzler nun in eine Rolle hineinwachsen, die bislang eher Frankreichs Emmanuel Macron oder Italiens Giorgia Meloni vorbehalten war: europäische Hauptansprechperson für Washington. In der Vergangenheit war Deutschland für Trump vor allem Ziel von Spott und Kritik – etwa wegen zu niedriger Verteidigungsausgaben.

Jetzt klingt es anders: "Ich weiß, dass Sie jetzt mehr Geld für die Verteidigung ausgeben – und zwar ziemlich viel mehr. Das ist eine positive Sache", sagte Trump bei der Pressebegegnung. Auch von seinen früheren Drohungen, US-Truppen aus Deutschland abzuziehen, war keine Rede mehr. Im Gegenteil: Wenn Deutschland die Soldaten wolle, "dann ist das kein Problem".

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Keine Eskalation, keine Lösung – die offene Baustelle Ukraine

Inhaltlich brachte das Treffen jedoch wenig Bewegung – weder beim Thema Ukraine noch beim transatlantischen Zollstreit. Bei Letzterem läuft die Uhr: Ab dem 9. Juli könnten neue US-Zölle auf EU-Waren greifen. Merz betonte zwar das Ziel einer "gemeinsamen Lösung", doch zuständig ist die EU-Kommission.

Bei der Ukraine-Diplomatie gab es keine Fortschritte. Trumps Kindermetapher lässt tief blicken – und zeigt, wie weit die USA unter seiner Führung von einer aktiven Rolle in Europas Sicherheit entfernt sein könnten.

Masalas Einschätzung dazu: Deutschland ist zwar inzwischen deutlich entschlossener als unter der Ampelregierung, übernimmt mehr Verantwortung und tritt als Unterstützer der Ukraine klarer auf. Doch ohne amerikanische Rückendeckung droht diese Linie ins Leere zu laufen.

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