Mit Spannung waren die Blicke heute auf das Oval Office gerichtet. Das Büro des US-Präsidenten war in den vergangenen Monaten immer wieder Schauplatz politischer Dramen geworden. Mit Freude nutzt Donald Trump die Besuche anderer Staatsoberhäupter zur Selbstdarstellung und wahlweise auch zur Inszenierung eines Eklats.
Etwas Aufregung konnte man entsprechend am Donnerstag auch in den Augen von Friedrich Merz wahrnehmen, als er von Trump durch die Türen des Weißen Hauses geführt wurde. Vor den Pressevertreter:innen überließ er überwiegend dem Gastgeber das Wort.
Der strebt nach eigenen Angaben eine "großartige Beziehung" zu Deutschland und dem neuen Bundeskanzler an. Die geplante Steigerung der deutschen Verteidigungsausgaben etwa nannte Trump "positiv". Bereits in seiner ersten Amtszeit (2017 bis 2021) hatte der Republikaner jahrelang Druck auf die Bundesregierung gemacht, die Ausgaben zu steigern.
Insgesamt gab sich Trump bei der Begegnung betont freundlich, machte Merz Komplimente für sein gutes Englisch und klammerte mögliche strittige Themen weitgehend aus. Der Kanzler habe "eine tolle Wahl" gewonnen, sagte der Republikaner. Merz sei "schwierig", scherzte Trump, aber er sei ein großartiger Vertreter Deutschlands.
Später wurde der US-Präsident dann beinahe rührselig. "Ich bin mit niemandem befreundet", sagte Trump. Dann wandte er sich jedoch mit einem Lächeln an Merz und fügte hinzu: "Wir sind befreundet."
Auch Merz war sichtlich um Annäherung bemüht. "Wir haben so viele Gemeinsamkeiten in unserer Geschichte. Wir haben den Amerikanern viel zu verdanken, das werden wir nie vergessen", erklärte der Bundeskanzler im Oval Office und spielte dabei auf den Zweiten Weltkrieg an.
Dass Merz ohne Dolmetscher:in im Weißen Haus erschien, werteten Expert:innen ebenfalls als Geste des Vertrauens. Der Kanzler soll sich im Voraus von mehreren Staats- und Regierungschefs, die bereits bei Trump waren, Tipps abgeholt haben. In der Nacht hatte er im Gästehaus des US-Präsidenten in unmittelbarer Nähe des Weißen Hauses nächtigen dürfen.
Hauptthema des Treffens war neben den Ausführungen des US-Präsidenten zu seinen eigenen, herausragenden Fähigkeiten der Ukraine-Krieg.
Bundeskanzler Merz bezeichnete Donald Trump hier als "Schlüsselfigur" für eine Friedenslösung. Amerika sei "in einer sehr starken Position, um in diesem Krieg etwas zu unternehmen und ihn zu beenden", sagte er in Washington.
Er sei gekommen, um darüber zu sprechen, was man gemeinsam für dieses Ziel tun könne. Gleichzeitig rief er den US-Präsidenten am Donnerstag auf, "mehr Druck" auf Russland auszuüben.
Trump antwortete seinerseits nicht direkt auf die Frage, ob er bereit sei, neue Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Er sei sich sicher, dass er und Merz im Laufe des Tages darüber sprechen würden.
Die Kämpfe zwischen Russland und der Ukraine verglich Trump unterdessen mit einem Streit zwischen kleinen Kindern. Er habe dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gestern bei einem Telefonat ebenfalls diese Analogie genannt, so Trump.
Manchmal sei es demnach besser, zwei streitende Kinder eine Weile kämpfen zu lassen und sie dann auseinanderzuziehen. Er würde gerne sofortigen Frieden haben, aber den gebe es nicht.
Auf diesen Vergleich angesprochen, reagierte Bundeskanzler Merz ausweichend und forderte erneut die gemeinsame Unterstützung der Ukraine.
Aktuell steht in den USA ein Gesetzentwurf für weiter Sanktionen gegen Russland im Raum. Dieser sieht neben anderen Maßnahmen drastische Strafzölle gegen Staaten vor, die weiterhin russisches Öl, Gas oder andere Energieprodukte importieren. Trump hat noch nicht offenbart, wie er zu dem Vorschlag steht.
Nach der Pressekonferenz im Oval Office ging es für die beiden Staatsoberhäupter weiter zu einem gemeinsamen Mittagessen. Angesichts des ruhig verlaufenen Gesprächs vor der Presse dürften die beiden sich auch dort gut verstehen.
Merz hatte Trump sogar ein Gastgeschenk mitgebracht: In Washington übergab er dem Präsidenten eine Kopie der historischen Geburtsurkunde von dessen Großvater Friedrich. Dieser war 1869 in Kallstadt in der Pfalz geboren worden. Trump will diese besondere Erinnerung laut eigenen Angaben im Oval Office aufhängen.
(mit Material der dpa)